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Und Ariane 5 fliegt doch!

■ Start der „großen“Trägerrakete Ariane 5 im zweiten Anlauf erfolgreich / Nach 30 Minuten war der Auftrag erfüllt – Jubel bei der Bremer Dasa und pralle Aufträge

Sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins – auf dem Betriebsgelände der Bremer Dasa war der Raketenstart gestern gegen 14 Uhr ein Ereignis besonderer Tragweite. Denn der erste Versuch am 4. Juni 1996 hatte wenige Sekunden danach mit der Totalzerstörung der Rakete ein abruptes Ende gefunden. Der „Qualifikationsflug wurde nach 40 Sekunden aufgrund eines Softwarefehlers im Bordcomputer kontrolliert abgebrochen“, heißt es lapidar in der Pressemitteilung der Dasa, nichts weiter. Über Fehlstarts spricht man nicht. In Wahrheit war der 12 Meter hohe Rumpf des Triebwerkes „auseinandergebrochen“, nachdem die Rakete ihre Bahn verlassen hatte, wissen die Dasa-Leute heute. Größere Teile, die sogar wieder verwendet werden könnten, rein theoretisch, waren in den Sümpfen vor der Startrampe von Kourou gefunden worden.

Was der Fehler damals wirklich gewesen ist, ist streng gehütetes Geschäftsgeheimnis. Ganz verschämt hört man in Bremen nur, daß die „deutschen“Anteile der Rakete ja gar nicht zum Einsatz gekommen seien. Aber die europäische Raumfahrt ist ein Projekt internationaler Arbeitsteilung, da sind nationale Untertöne tabu. Ein mißglückter Start ist ein Mißerfolg aller, und so hielten alle auch in Bremen gestern den Atem an, als kaum mehr als 30 Sekunden vor dem Starttermin der Count-down angehalten wurde. Bange Minuten vergingen, bis bekannt wurde, ein Spannungsabfall beim Umschalten auf die Stromversorgung an Bord sei die Ursache gewesen. Nach 20 Minuten erfolgte ein zweiter Versuch. Auf meterhohen Leinwänden konnten Journalisten und Mitarbeiter die Startrampe in Kourou in Französisch Guayana beobachten. Sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei eins – Leinwand weiß. Da stockte nur den Journalisten der Atem, denn der englische Reporterton quakte munter weiter sein weitgehend unverständliches Zeugs. „Nur die Bildleitung ist zusammengebrochen, ist nicht schlimm“, scherzte ein Dasa-Mitarbeiter. Als sie dann einige Sekunden flog, die Ariane 5, kam das Bild wieder, und alles ging seinen geplanten Gang.

Ein Jahr lang hatten die Techniker nach dem Fehlstart vom vergangenen Jahr an der Rakete gearbeitet, die mit sehr viel mehr Kraft größere Objekte ins All befördern soll als die wirtschaftlich erfolgreiche Ariane 4. Nachdem beim ersten Start vier teure Satelliten, die für die Ozonforschung gebraucht werden sollten, mit zu Boden gegangen waren, brachte die Ariane 5 beim zweiten „Qualifikationsflug“diesmal nur Spielmaterial in die Umlaufbahn. Die beiden Satelliten funkten während des Starts alle mögliche Daten über den Start selbst zum Boden, mehr sollten sie nicht tun. Nach 30 Minuten hatte die „Oberstufe“der Rakete, die in Bremen gebaut wird, die Satelliten präzise abgesetzt, die Mission der Ariane 5 war erfüllt, und der Raumfahrt-Geschäftsbereichsleiter Dr. J. Kind nahm erleichtert Sektglas und viele Glückwünsche entgegen. In 36.000 Kilometer Höhe werden die Satelliten nun die Erde nutzlos umkreisen.

In der Erdumlaufbahn bleibt auch die letzte Stufe der Trägerrakete selbst. Die Dasa hatte Experimente durchgeführt, wie eine Rückführung des Trägers auf die Erde möglich sein könnte, diese Variante aber wegen der zusätzlichen Treibstoff-Last verworfen. Da oben fliegen inzwischen schon einige Ariane-Teile herum, ein „echtes Problem“, räumt der Projekt-Controller Manfred Pape ein. „Die müssen wir mal einsammeln, bei Gelegenheit.“

Aber bis dahin werden wohl noch einige Systeme hochgeschossen. Schon heute hat die Europäische Raumfahrt-Agentur (ESA) elf Ariane-5-Aufträge im Wert von 300 Millionen Mark für die nächsten Jahre in den Büchern. K.W.

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