SPD-Vorstand ohne Vorgabe

■ Antrag zur Vermögensveräußerung für den SPD-Parteitag gleicht einem Multiple-Choice-Test. Wasserbetriebe sollen zwei Milliarden zum Landeshaushalt beisteuern

Im SPD-Landesvorstand hat keiner der Vorschläge zum Verkauf von städtischen Wohnungsbaugesellschaften eine Mehrheit gefunden. Die drei Varianten werden dem Parteitag zur Abstimmung vorgelegt, ebenso Modelle zur Zukunft der Wasserbetriebe.

Bei den Wohnungsbaugesellschaften gibt „Alternative A“ „im begründeten Einzelfall“ grünes Licht für den Verkauf aller Anteile einer Gesellschaft. „Alternative B“ befürwortet den Verkauf von bis zu 49 Prozent der Anteile. „Alternative C“, zu deren Befürwortern auch der Partei-Vizechef Klaus-Uwe Benneter zählt, will die Entscheidung vertagen, bis Erfolg oder Mißerfolg der Wohnungsverkäufe an Mieter abzusehen sei. Wie SPD-Sprecher Hartung gestern erläuterte, brächten Variante A und B jeweils vier Milliarden Mark in die Kasse.

Auch bei der Abstimmung über die Zukunft der Wasserbetriebe macht der Parteivorstand keine Vorgabe. Die Varianten lesen sich vielmehr wie ein Multiple-Choice- Test. Zwei Modelle stehen zur Wahl: die Teilprivatisierung als Aktiengesellschaft und ein sogenanntes Konzessionsmodell. Dieses ließe alles beim alten, die Wasserbetriebe müßten aber mit einer Konzessionsabgabe für die Wasserversorgung mehr Geld an die Landeskasse zahlen.

Das zweite Modell sieht den Erhalt der Wasserbetriebe als Anstalt des öffentlichen Rechts vor. Über eine Aktiengesellschaft soll Kapital von stillen Teilhabern aktiviert werden. ÖTV-Sprecher Ernst-Otto Kock bezeichnete dies gestern als „schleichende Privatisierung“. Anders als bei der völligen Privatisierung sei dagegen aber kein Streik der Beschäftigten möglich. Der SPD-Antrag sieht als weitere Möglichkeit, die Wasserbetriebe anzuzapfen, die Herabsetzung des Stammkapitals und die Erhöhung der Eigenkapitalverzinsung vor. Auch eine Teilprivatisierung von Tochtergesellschaften, die rote Zahlen schreiben und nicht mit der Wasserversorgung Berlins in Zusammenhang stehen, wird erwogen. Egal für welche Variante sich die SPD entscheidet, die Wasserbetriebe sollen zwei Milliarden Mark zusätzlich an die Landeskasse abführen.

Verworfen wurde ein Vorschlag von DBG und ÖTV, wonach die Wasserbetriebe jährliche Abgaben an das Land Berlin einmalig für die nächsten 25 Jahre vorauszahlen sollten. Von den insgesamt sechs Milliarden Mark wären zwar drei Milliarden sofort in die Landeskasse gekommen. Die anderen drei Milliarden wären aber durch die Abzinsung verloren gegangen.

Bei der Privatisierung von Wohnungsbaugesellschaften hält die ÖTV einen Sperrminorität von 25 Prozent für unabdingbar. „Die Gesellschaften ganz aus der Hand zu geben, kommt nicht in Frage“, so Kock. Verkäufe an Interessenten, die eine langfristige Geldanlage beabsichtigten und nicht am schnellen Erzielen einer Rendite interessiert seien, seien aber vorstellbar. Dorothee Winden