piwik no script img

Gefahrengüter unter Verschluß

■ Häfenressort hält Bericht über Atomtransport-Gefahren zurück

Die Atomtransporte über die Häfen Bremerhavens sind sicher. Das zumindest glaubt man beim Senator für Häfen, Uwe Beckmeyer (SPD). Dennoch scheint ein Bericht zur Sicherheitslage von Transporten radioaktiver Stoffe durch Bremen so brisant zu sein, daß er seit 20 Monaten nicht veröffentlicht wird. Derzeit, so ließ das Häfenressort verlauten, befinde sich das Papier noch in „Feinabstimmung“, zum Inhalt will man nichts sagen. Die Grünen fordern nun eine Veröffentlichung des Papiers.

Am Wochenende erst hatte Greenpeace mitgeteilt, daß in diesem Jahr bereits 50 Atomtransporte über bremische Häfen durchgeführt wurden. Bremerhaven ist der einzige deutsche Hafen, über den atomare Fracht laufen kann. In Emden und Lübeck haben die Stadträte nach Bürgerprotesten weitere Atomtransporte verhindert. In Bremerhaven läuft aber alles weiter wie gehabt. Jetzt liegen in verschiedenen Bremer Ortsbeiräten Bürgeranträge vor, die vom Senat fordern, sich gegen strahlende Transporte über bremisches Gebiet auszusprechen.

Anfang der 90er Jahre ließ sich der Häfensenator mit dem „Lagoni-Gutachten“bestätigen, daß ein Verweigern der Transporte nicht möglich sei. An dieser Auffassung hat sich bis heute nichts geändert. „Wir sind nicht geil auf den Umschlag mit radioaktiven Gütern“, sagt Ernst-Rüdiger Staats, Pressesprecher von Hafensenator Beckmeyer. Doch atomare Transporte seien durch Bundesrecht geregelt. Und das überstimmt Landesrecht grundsätzlich. „Wir können juristische Grundsätze in diesem Fall nicht außenbords kegeln“, so Staats.

Ein Gegengutachten, das von Greenpeace und den Grünen initiiert wurde, (Günther-Gutachten) kam zu einem anderen Schluß: Demnach sei ein „Nein“Bremens zu Atomtransporten durchaus möglich – indem man den Hafen „teilentwidmet“. Aus städtebaulichen oder sicherheitstechnischen Gründen sei demnach eine Verweigerung der Transporte durchsetzbar – ähnlich lautete die Begründung in Lübeck. Nicht zuletzt, weil die beiden Gutachten sich extrem widersprachen, wurde 1994 der Bericht zur „Sicherheit des Transportes radioaktiver Stoffe im Lande Bremen“in Auftrag gegeben – der Bericht, der nun auf seine Veröffentlichung wartet. Seit März 1996 liegt das Papier beim Häfensenator. Insider vermuten, daß die neue Anti-Atom-Bewegung eine Veröffentlichung derzeit ungünstig erscheinen läßt. cd/schuh

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen