: Proten, snacken oder kaulen
■ Platt im Aufwind, heraus aus der Ecke der Sprachprovinzler: Institut für Niederdeutsche Sprache in Bremen feiert 25jähriges Jubiläum
„Wenn mi eener sacht, dat wart nie wat, dann kumm ich achtern hoch“, aus dem Munde von Arne Bruhns klingt das in normalen Politiker-Ohren fast wie eine Drohung. Um den baulichen Bestand des Bremer Institutes für Niederdeutsche Sprache (INS), das in Bremen im Schnoor residiert, zu sichern, schnappte er sich den Bettelstab und trieb Spenden ein.
Damit setzte er die Landesregierungen von Niedersachsen, Bremen und Schleswig-Holstein unter Druck. Die beteiligten sich an den Ausbau-Kosten von über eine Million Mark. Zum 25jährigen Jubiläum wurden dem INS in einer Feierstunde im Rathaus zwei neue Häuser im Schnoor übergeben.
Das Institut ist seit 1974 wissenschaftliche Zentrale, Dokumentationsort und Koordinationstelle für niederdeutsche Sprache in ganz Nordeutschland. Zur Zeit befindet sich Platt im Aufwind.
So gibt es in Bremen an sechs Gymnasien Sprachkurse, die Uni bietet plattdeutsche Sprachprojekte an. Schleswig-Holstein hat Plattdeutsch als schützenswertes Gut in der Landesverfassung verankert. Ostfriesland bietet teilweise geregelten Unterricht „op plaat“an.
Hauptziel der gesamten Arbeit ist es, Niederdeutsch aus der sozial diskriminierten Ecke der „Sprache der zurückgebliebenen Provinzler“herauszuholen, sie von der verballhornenden Medienkolportage als folkloristische Beigabe zu emanzipieren. Niederdeutsch wieder als selbstverständliche Zweitsprache im Alltag in den Medien, in den Behörden, am Arbeitsplatz und in der Literatur zu platzieren, das forderte der Vorsitzende des INS, Professor Niehbaum.
Auf die Erfüllung der Politischen Forderung, die Bundesregierung solle endlich das Vertragswerk der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen unterzeichenen, werden die Platt-Engagierten aber noch warten müssen. Nachdem für sorbisch, friesisch, dänisch und niederdeutsch die landespolitischen verwaltungstechnischen Vorraussetzungen zum Beitritt zur Charta zum Schutz und zur Förderung von Regionalsprachen geschaffen waren, verlangte der Zentralrat der Sinti und Roma, auch Romanes in die Charta aufzunehmen.
Diese Aufnahme sollte aus rechtlichen Gründen zumindest verschoben werden. Der Zentralrat drohte mit einem Eklat: „Die Sprachen der nationalsozialistischen Täter sollen geschützt werden, die Sprache der Opfer aber nicht.“
Seitdem liegt die Unterzeichnung der Charta für alle Sprachen auf Eis. schuh
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