Fliegender Wechsel im Justizressort geplant

■ Parlament wählt Nachfolger von Justizsenatorin Peschel-Gutzeit. In Teilen der SPD stößt das rasante Tempo der Parteispitze auf Kritik

So schnell ging es bei der SPD selten. Kaum sickerte am Montag die Nachricht durch, daß Justizsenatorin Lore Maria Peschel-Gutzeit in gleicher Funktion in die rot- grüne Koalition nach Hamburg wechselt, hatte die SPD-Spitze auch schon einen Nachfolger parat. Der ehemalige Vizepräsident des Landesverfassungsgerichtes, Ehrhart Körting, stellte sich bereits Montag abend beim Landesvorstand vor. Schon morgen soll er vom Parlament als Justizsenator gewählt werden, genau eine Woche nachdem Peschel-Gutzeit den Ruf nach Hamburg erhalten hatte.

Fraktionschef Klaus Böger hatte Freitag mit Arbeitssenatorin Christine Bergmann und Parteichef Detlef Dzembritzki diskret die Suche nach dem Nachfolger begonnen. Offenbar wollte man vermeiden, daß sich tagelang das Kandidatenkarussell dreht. Doch das rasante Tempo stößt in Teilen der Partei auf Kritik. „Das Verfahren ist nicht glücklich“, sagte gestern die Abgeordnete Elga Kampfhenkel. Sie sprach von einer „Nacht-und-Nebel-Aktion“. Die Unzufriedenheit über das Vorgehen der Parteispitze treffe nun mit Ehrhart Körting den Falschen.

Kampfhenkel machte kein Hehl daraus, daß sie den Parteivize Klaus-Uwe Benneter gerne als Justizsenator gesehen hätte. Der Rechtsanwalt war vom SPD-Abgeordneten Hans-Peter Lorenz ins Gespräch gebracht worden, hatte aber gestern erklärt, daß er für eine Kandidatur nicht zur Verfügung stehe. „Benneter wäre ein deutliches Zeichen für Rot-Grün gewesen“, meinte Kampfhenkel. Im Landesvorstand erhielt Körting am Montag abend mit 14 Stimmen bei fünf Enthaltungen eine klare Mehrheit. Trotz der Kritik aus Teilen der Partei erwartete Fraktionssprecher Peter Stadtmüller bei der gemeinsamen Sitzung von Landesausschuß und Fraktion am Dienstag abend eine eindeutige Mehrheit für Körting.

Der überraschende Abgang von Peschel-Gutzeit wurde in der SPD „mit Bedauern“ aufgenommen. Fraktionssprecher Stadtmüller sprach von einem „wirklichen Verlust“. Neben den persönlichen Gründen der 65jährigen, in ihre Heimatstadt zurückzukehren, dürfte aber auch die Situation in der Großen Koalition ein Rolle spielen. „Die Senatorin verläßt das sinkende Schiff“, kommentierte die grüne Rechtspolitikerin Renate Künast. Von einer rot-grünen Koalition erwarte Peschel-Gutzeit offensichtlich mehr Gestaltungsspielraum. Dagegen erklärte Peschel-Gutzeit gestern nach ihrer letzten Senatssitzung, ihre Entscheidung sei keine Flucht aus Berlin, sondern das Befolgen einer dringenden Bitte aus Hamburg.

Den Wechsel an der Spitze des Justizressorts sah die Vereinigung der Staatsanwälte gestern mit gemischten Gefühlen. Der Vorsitzende Jörg Raupach bezeichnete es als „unglücklich“, daß sich in dieser für die Justiz schwierigen Zeit ein Neuling ins Amt einarbeiten müsse. „Wir befürchten Reibungsverluste.“ Raupach hofft, daß „einige positive Dinge“, die Peschel-Gutzeit angestoßen habe, wie die Korruptionsbekämpfung und härtere Strafen bei im Vollrausch begangenen Taten, fortgesetzt würden.

Körting gilt als undogmatischer SPD-Linker und ist Experte in Bau- und Verwaltungsrecht. In Fragen der Inneren Sicherheit sei er ein unbeschriebenes Blatt, sagte Künast, die Körting aus der gemeinsamen Zusammenarbeit schätzt. Im Gegensatz zur Generalstochter Peschel-Gutzeit, die das Ressort mit einer gewissen Strenge und zuweilen auch einem ruppigen Ton führte, wird Körting ein kooperativer Führungsstil nachgesagt. Dorothee Winden