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SPD: Alle bekommen Ausbildungsangebot

Parteichef Oskar Lafontaine stellt ein Sofortprogramm vor, um 100.000 Jugendliche in Betrieben unterzubringen. Kosten und Einsparungen bei der Bundesanstalt für Arbeit sollen sich fast die Waage halten  ■ Aus Bonn Markus Franz

Die SPD hat gestern ein durchgerechnetes Sofortprogramm gegen Jugendarbeitslosigkeit vorgelegt, das kurzfristig 100.000 junge Menschen in Ausbildung oder Arbeit bringen soll. Alle Jugendlichen sollen das Angebot einer Berufsausbildung und bei einem Jahr Arbeitslosigkeit den Rechtsanspruch auf eine Fördermaßnahme des Arbeitsamtes erhalten. Vor dem Hintergrund frisch geklebter Plakate mit dem Aufdruck „Jede Generation hat ihre eigenen Träume. Diese träumt von Arbeitsplätzen“ stellten SPD- Parteichef Oskar Lafontaine, der Arbeitsmarktexperte Ottmar Schreiner und die Juso-Vorsitzende Andrea Nahles in der Parteizentrale das Sieben-Punkte- Programm vor.

Die Jugendarbeitslosigkeit liegt seit Mitte 1997 zum ersten Mal über dem allgemeinen Durchschnitt der Arbeitslosigkeit. Im August waren 544.000 Menschen unter 25 Jahren arbeitslos (Quote 13,4 gegenüber 12,7 im vergangenen Jahr). 47.000 Ausbildungsplätze fehlen. Lafontaine sagte, im internationalen Vergleich hätten andere Länder schon früher auf die Jugendarbeitslosigkeit reagiert als Deutschland. So hätten der britische Premier Tony Blair und der französische Ministerpräsident Lionel Jospin (beide Sozialdemokraten) bereits konkrete Programme aufgelegt. Anders als die Bundesregierung will die SPD den Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit zu einem „gemeinsamen europäischen Projekt“ machen. Deutschland solle sich dazu einer „gemeinsamen Selbstverpflichtung“ anschließen. – Zentrale Forderung der SPD zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit ist die Ausbildungsplatzabgabe. Unternehmen, die zuwenig Lehrstellen anbieten, sollen zahlen.

Auf diese Weise könnten neue Lehrstellen finanziert werden. Kleine, neugegründete und existenzgefährdete Betriebe werden von der Umlage befreit. An diese Umlagefinanzierung sei aber nur unter der Voraussetzung gedacht, daß die Wirtschaft ihre gesellschaftliche Aufgabe nicht erfülle, sagte Lafontaine.

Um die Ausbildungsplatzlücke schon kurzfristig zu schließen, will die SPD ein von Bund und Ländern finanziertes Ergänzungsprogramm auflegen. Dieses soll vor allem strukturschwachen Gebieten, insbesondere in Ostdeutschland, zugute kommen. Besonders gefördert werden junge Frauen und Jugendliche mit schulischen und/ oder sozialen Defiziten.

Der Übergang von der Ausbildung in den Beruf soll etwa durch eine reduzierte „Einstiegsarbeitszeit“ erleichtert werden. Um mehr Luft auf dem Arbeitsmarkt zu schaffen, strebt die SPD eine Verbesserung der Altersteilzeitregelung an. Ferner soll die Bundesanstalt für Arbeit lokalen Beschäftigungsinitiativen Darlehen und Zuschüsse für den Aufbau und die Erweiterung von Betrieben gewähren. Die SPD rechnet mit Kosten ihres Sofortprogramms in Höhe von 1,386 Milliarden Mark. Dieser Summe stünden Einsparungen bei der Bundesanstalt für Arbeit sowie Mehreinnahmen bei Steuern und Abgaben in Höhe von 1,160 Milliarden gegenüber. Der Finanzbedarf im ersten Jahr des Sofortprogramms betrage also 226 Millionen Mark.

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