: Uni soll „affenfreie Zone“werden
■ Bürgerantrag mit 35.000 Unterschriften fordert: „Keine Tierversuche an Bremer Uni / Demonstration auf dem Marktplatz / Tierschutzbeauftrager läßt Amt „ruhen“
Tausende BremerInnen wünschen dem im Juni an die Bremer Uni berufenen Hirnforscher Andreas Kurt Kreiter einen Affen an den Hals. Das ist ihnen lieber, als die Tiere auf den Forschungstuhl des Professors geschnallt zu sehen. Dort würden sie überflüssigerweise gequält, meint der Bremer Tierschutzverein. Ein entsprechender BürgerInnenantrag, befördert von 35.000 Unterschriften gegen Tierexperimente an der Bremer Uni, wird heute in der Bürgerschaft verhandelt. Gestern fanden sich auf dem Bremer Marktplatz gut 200 DemonstrantInnen zusammen, um gegen Kreiter zu protestieren.
Kreiter betriebt bislang am Frankfurter Max-Planck-Institut Grundlagenforschung in der Wahrnehmungsphysiologie. Ein Teil seiner Arbeit besteht aus Langzeitexperimenten an Makakenaffen (die taz berichtete ausführlich). Der Bürgerprotest richtet sich gegen diese geplanten Experimente in Bremen. Ein Memorandum von 40 Bremer ProfessorInnen bestreitet nun die Notwendigkeit dieser Experimente. Obwohl sich das Memorandum nicht grundsätzlich gegen Tierversuche ausspricht, so halten die Unterzeichner die in Bremen vorgesehenen Versuche für überflüssig.
Für Unruhe hatte eine Stellenanzeige der Universität geführt, in der ein Tierpfleger für die Uni gesucht wird. Hermann Apel, Präsident des Deutschen Tierschutzvereins befürchtet, das längerfristig nicht nur an Makaken sondern auch an Schimpansen geforscht werden soll.
Während der Kundgebung auf dem Bremer Markt griffen unter anderem Schauspieler Will Quadflieg, die ehemalige Vizepräsidentin der Bremer Bürgerschaft, Anneliese Leinemann und der Bonner Theologe Erich Gräßer die Universität und die Bremer Bürgerschaft an. Tenor der Reden und der Kommentare auf dem Markt war: Tiere sind schutzlos. Sie empfinden Angst und Schmerz. Experimente an ihnen sind verantwortungslos. Den Bau der Tierunterkünfte für eine Millionen Mark empfand Aneliese Leinemann als Steuerverschwendung. In Bezug auf den Nutzen von Tierexperimenten für die Gesundheit der Menschen meinte er, es sei absurd, daß Menschen ihre Gesundheit durch einen exessiven Lebenswandel zu Grunde richteten, um dann Tiere als Ersatzteillieferanten auszuschlachten. „Wer um jeden Preis leben will, dessen Lebenserhaltung sei nicht jeden Preis wert“, sagte Gräßer unter dem Beifall der ZuhörerInnen. „Wir respektieren ihre körperliche Unversehrtheit Herr Kreiter“, sagte eine Tierschützerin, „tun sie das auch für die Affen. Sonst müssen wir in Notwehr die Tiere schützen.“
Die Bürgerschaft beschließt heute darüber, ob Tierschutz in die Bremer Landesverfassung aufgenommen wird. Darüberhinaus wird über den BürgerInnenantrag verhandelt, keine Tierversuche an der Bremer Uni zuzulassen. Zur Zeit liegt ein Antrag der Uni dem Gesundheitsamt vor, diese Versuche zu genehmigen.
Gerhard Roth, Leiter des Institutes für Hirnforschung in Bremen, erklärte gegenüber der taz, er habe im September sein Amt als Tierschutzbeauftragter der Uni ruhen lassen. Tierschützer und die Unterzeichner des Uni-Memorandums hatten seinen Rücktritt gefordert, weil er maßgeblich an der Berufung Kreiters beteiligt war. Der Genetiker Werner Schloot ist Stellvertreter Roths als Tierschutzbeauftragter. Er hat bislang zu der Debatte nichts gesagt und versteht sich auch nicht als „amtierender“Vertreter. Thomas Schumacher
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