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Wissenschaftler warnen vor Ausfall des Golfstromes

■ Der Treibhauseffekt könnte die „europäische Heizung“ empfindlich stören

Berlin (taz) – Wenige Tage bevor sich die Umweltpolitiker im japanischen Kioto über weitere Maßnahmen zur Eindämmung der globalen Erderwärmung streiten werden, warnt der US-Forscher Wallace S. Broeckers vor den katastrophalen Folgen, die „schon bei wenigen Grad Erwärmung des Meeres“ das Umkippen des Golfstromes für Europa haben kann. Um mehr als zehn Grad Celsius könne die durchschnittliche Temperatur in der nordatlantischen Region fallen, wenn die „europäische Heizung“ ausfallen würde, schreibt der Klimaforscher von der Columbia-Universität in der heutigen Ausgabe des Wissenschaftsmagazins Science.

Die Temperaturen werden weltweit vom komplexen System der Meeresströmungen bestimmt, den Conveyor Belts (Transportbändern), zu denen auch der Golfstrom gehört. Riesige Mengen Meereswasser werden so über die Ozeane bewegt. Der warme Golfstrom, der seinen Ursprung im Golf von Mexiko hat, transportiert warmes Wasser bis vor die Küste Skandinaviens und sorgt so im Winter für ein behagliches Klima in Europa. Ohne ihn hätten wir auch hierzulande Temperaturen wie im kanadischen Winter. „Die Conveyor Belts sind die Achillesferse des Klimasystems“, schreibt Broecker. Schon in der Vergangenheit kippte der Golfstrom abrupt um und führte zu weltweiten Klimaverschiebungen.

Angetrieben werden die Meeresströmungen vor allem durch die Dichteunterschiede des Meereswasser. Das warme Wasser aus dem Golf von Mexiko wird wie ein Strudel am Abfluß einer Badewanne von der Nordmeerregion angezogen. Bedingt durch den niedrigeren Salzgehalt wird das schwerere Wasser des Golfstromes in die Tiefe gerissen und hält so die gigantische Strömung aufrecht.

Broecker befürchtet, daß durch das Abschmelzen der nördlichen Eisregionen die empfindliche Balance der Wärmepumpen gestört wird. Das zufließende „leichte“ Süßwasser wird den für den Golfstrom notwendigen Dichteunterschied zum Verschwinden bringen. Für Europa könnte dies zu der paradoxen Situation führen, daß die Temperatur drastisch absinkt, trotz kräftiger Erwärmung auf dem Rest des Erdballs. „Es gibt einen klar definierten Abrißpunkt für den Golfstrom“, erläutert der Ozeanograph Stefan Rahmstorf vom Potsdamer Institut für Klimafolgenforschung. Wenn die Wassermenge, die mit dem Golfstrom in Richtung Skandinavien transportiert wird, einen bestimmten Wert unterschreitet, reißt die Strömung ab. Für Rahmstorf geht die Gefahr vor allem von den Eismassen auf Grönland aus. Wolfgang Löhr

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