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Entlarvender Rollentausch

■ Die ZDF-Liebesgeschichte "Die Konkurrentin" gewinnt, weil sie lesbisch ist (20.15 Uhr)

So ziemlich alles läuft hier anders als gedacht. Es darf sogar gelacht werden, obwohl der Plot eigentlich gar nicht besonders lustig ist. Offenbar waren Profis am Werk, und zwar – das ist der springende Punkt – in der Hauptsache weibliche: Nicht nur die Redakteurin Caroline von Senden, die die Idee für den Stoff hatte, die Autorin Laila Stieler, die Regisseurin Dagmar Hirtz, die Darstellerinnen Charlotte Schwab und Ann-Kathrin Kramer bestimmen das weibliche Profil des Fernsehfilms. Bis hin zum Stab dominieren weibliche Namen den Abspann – wobei die wenigen beteiligten Männer ihr Licht freilich nicht unter den Scheffel zu stellen brauchen. Ein Gruppenbild mit Herren.

Dieses Team spinnt mit Hingabe und Hintersinn ein Geflecht anscheinend ganz normaler Geschichten aus unseren Tagen: Einmal ist da die Geschichte aus der gehobenen Arbeitswelt, wo es um Machtkalkül, Manager-Mobbing und Konkurrenzkampf geht. Das gewöhnliche Karriere-Einmaleins erweist sich als Milchbubi-Rechnung – das Kalkül stimmt, endet aber im Flop. Dann ist da die Geschichte der modernen Erfolgsfrau um die 40, deren Leben samt Karriere durchaus komfortabel verläuft, bis ihr ein Schlag ins Kontor unversehens klarmacht, daß es das doch wohl nicht gewesen sein kann.

Erzählt wird weiterhin die Geschichte des „alten Ehepaares“, das zeitgemäß nett und nachsichtig zueinander wie auch zu seinen Kindern ist. Tatsächlich ist es aber längst am Ende sinnstiftender Kommunikation angelangt. Das wird offenbar, als „Szenen einer Ehe“ die Kartenhausharmonie herbe einstürzen lassen.

Schließlich und hauptsächlich gibt es die Geschichte einer ganz unerwarteten Liebe, die ein Tabubruch ist, alles durcheinanderwirbelt, mit Widerständen und Konventionen zu kämpfen hat und am Ende dennoch gewinnt. Mit ihr taucht, haarscharf am Kitsch vorbei, so etwas wie das Prinzip Hoffnung auf.

Diese Geschichten verlaufen nicht nur deshalb anders als gedacht, weil zwei Frauen die Protagonistinnen sind und auch die Handlung aus ihrer Sicht erzählt wird. Seine gesellschaftskritische Schärfe erzielt der Film erst durch einen simplen Umstand: Die Liebesgeschichte, die sachte entsteht und zwangsläufig in alle anderen Erzählstränge eingreift, ist eine Liebe unter Frauen, eine ungewöhnliche dazu. Katharina, die gestandene Karrierefrau und Mutter, verläßt Mann und Kinder, um mit ihrer jungen Geliebten Maren zu leben. Die sollte ihr nach dem Willen des Juniorchefs den beruflichen Garaus machen.

Der Einfall ist als dramaturgisches Element ungemein effektiv: Vertrautes Rollenverhalten von Männern wie von Frauen verkehrt sich dadurch immer wieder – was oft erfrischend, manchmal fast tragikomisch, insgesamt aber ziemlich entlarvend wirkt. Ulla Küspert

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