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Hollerland spaltet die Koalition

■ SPD-Fraktion lehnt Stadtentwicklungsplanung des Bausenators ab / Gutachter: Straße durchs Hollerland ist verkehrspolitisch überflüssig / Planung für Straßenbahn Linie 4 beendet

Es hat sich ausgeschmust in der Großen Koalition. Die SPD-Fraktion hat den Entwurf des Baussenators Bernd Schulte (CDU) zur Stadtentwicklung Bremens abgelehnt.

Wenn am Donnerstag in der Baudeputation unter dem Tagesordnungspunkt „Stadtentwicklung“das 150-Seiten-Papier des Bausenators vorgelegt wird, werden die Sozialdemokraten dies einfach nicht zur Kenntnis nehmen. „Der Entwurf garantiert nicht die Gleichbehandlung von wirtschaftlichem Wachstum, sozialer Gerechtigkeit und Erhalt der natürlichen Lebensgrundlagen“, sagt Waltraud Hammerström, umweltpolitische Sprecherin der SPD. Die SPD ist gegen eine Bebauung des Hollerlandes – genau dies sieht der Entwurf vor.

Die SPD-Fraktion fordert die Abgeordneten in der Baudeputation auf, sich nicht mit dem Entwurf des Senators zu befassen und die Vorlage zwecks breiter Diskussion an den Senat zu verweisen.

„Dieser SPD-Beschluß ist nichts als Schaumschlägerei, ein Windei“, amüsiert sich Dieter Focke, baupolitischer Sprecher der CDU. „Der Entwurf trägt die Handschrift der CDU. Unsere Forderungen bleiben, die Straßenbahn Linie 4 nach Lilienthal wird nur gebaut, wenn eine Straße durchs Hollerland geführt wird. Wir wollen die Erweiterung des Technologie Parks ins Naturschutzgebiet und die Wohnbebauung Brokhuchtings. Das alles ist strittig, darüber wollen wir diskutieren“, sagt der CDU-Mann. Und weiter: „Wir überweisen den Entwurf sowieso an alle Träger öffentlicher Belange. Vom BUND bis zur Frauenbeauftragten redet ja jeder mit.“

Karin Krusche, umweltpolitische Sprecherin der Grünen, bedauert den jüngsten Beschluß der SPD. „Wir hätten gern in der Deputation über Stadtentwicklung geredet. Das sollte doch nur der Anfang der öffentlichen Diskussion sein. Es werden keine Beschlüsse gefaßt.“Inhaltlich teilen die Grünen die Kritik der SPD. „Die Koalitionäre bauen schon Bunker für den nächsten Wahlkampf“, meint Krusche: „Die CDU will unbedingt im Hollerland bauen, dagegen sagt die SPD, dann reden wir nicht über das Stadtentwicklungskonzept.“

Für Verwirrung sorgt in diesem Zusammenhang der Briefwechsel mit einem Gutachter der Firma BPR Hannover. Zunächst hatte BPR den Vorschlag des Bausenators, eine Straße durch gut die Hälfte des Naturschutzgebietes Hollerland zu bauen, favorisiert. Allerdings nur unter der Voraussetzung, daß diese Straße später durch das ganze Naturschutzgebiet zum Autobahnkreuz Horn-Lehe geführt werden müsse. Nach Intervention der Umweltbehörde mußte sich der Gutachter korrigieren. Wenn eine Durchquerung des Hollerlandes umweltunverträglich sein sollte, entfalle der verkehrstechnische Vorteil des Vorschlages des Bausenators. Dann, so der Gutachter, wäre die kürzeste Anbindung der Umgehungsstraße an die Borgfelder Heerstraße sinnvoll. Diese Variante fordern Grüne und SPD.

Gerüchte, wonach der Bausenator als Reaktion auf den SPD-Beschluß, das Hollerland nicht anzutasten, angeordnet hat, die Planungen am Weiterbau der Linie 4 nach Lilienthal einzustellen, wollte sein Sprecher, Hartmut Spieseke, so nicht bestätigen. Spieseke: „Die Planungen sind weitgehend abgeschlossen. Es besteht Einigkeit, daß in dieser Legislaturperiode der zweite Bauabschnitt nicht mehr begonnen wird.“

Thomas Schumacher

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