: Kinder gegen Kinder ausgespielt
Bauspielplatz auf der Schanze soll wegen einer Turnhalle verkleinert werden ■ Von Elke Spanner
In einem sind sich alle einig: „Das ist eine vertrackte Situation“, bedauert der Leiter der Schule Altonaer Straße, Jürgen Seemann. „Ein Konflikt: Kinder gegen Kinder“, bringt es Jürgen Mantell, Leiter des Bezirksamtes Eimsbüttel, auf den Punkt. Und obwohl es alle verhindern wollen, wird Anfang des nächsten Jahres auf dem Gelände des „Schanzenackers“, eines Bauspielplatzes im Schanzenviertel, eine Turnhalle gebaut. Den SchülerInnen der Altonaer Straße kommt das zugute. All jenen Kindern, die auf dem Bauspielplatz ihre Nachmittage verbringen, wird jedoch Platz zum Rumtollen genommen. Der Schanzenacker verkleinert sich durch die Turnhalle um rund ein Drittel seiner Fläche.
Eine S-Bahn rattert vorbei. Angelika Feindt, Sozialarbeiterin auf dem Spielplatz, seufzt: „So spielen sozial benachteiligte Kinder.“Und sie weist auf eine handtuchschmale Fläche, die sich schlauchförmig an den Gleisen entlangzieht. Links der hohe Bahndamm, rechts eine Gewerbehalle, dazwischen das Abenteuer: selbstgebaute Holzhütten, ein Teich, Trampelpfade. Nur neben der Gewerbehalle gibt es noch unbebautes Terrain. Hier treffen sich die Kinder zum Radfahren oder Skaten, zum Rumrennen oder Tratschen mit FreundInnen. Daß 40 bis 60 Kinder am Tag auf dem Schanzenacker toben, ist keine Seltenheit.
„Viele Kinder im Viertel sind arm, müssen zu dritt in einem Zimmer leben“, erläutert Feindt, „Grünflächen zum Spielen gibt es kaum. Sie brauchen ihren Auslauf hier.“Die Freifläche jedoch wird ihnen nun von der Turnhalle streitig gemacht. Auch die wird dringend benötigt.
„Wir haben nur eine kleine Halle. Viele Sportstunden können wir zur Zeit gar nicht unterrichten, weil der Platz dafür fehlt“, rechtfertigt Schulleiter Seemann die Pläne. „Wir nehmen dem Bauspielplatz nichts weg. Er nutzt zur Zeit unsere Fläche.“Denn die Turnhalle geht zurück auf einen Bebauungsplan von 1986, auf dem sie schon eingezeichnet wurde, ehe der Bauspielplatz in die Fläche hineinwuchs.
Zum Teil sind es die gleichen Kinder, die morgens in der Schule eine Turnhalle und nachmittags Platz zum Spielen brauchen. Eine befriedigende Lösung könnte nur eine Alternative bieten, und die scheiterte bislang am Geld. Die MitarbeiterInnen des Spielplatzes schlugen etwa vor, die Halle abzusenken und das Dach anzuschrägen, so daß es begrünt und von den Kindern als Spielfläche genutzt werden könnte. „Das wird zu teuer“, sagt Bezirksamtsleiter Mantell. Angelika Feindt vom Bauspielplatz nickt dazu nur resigniert: „Für sozial schwache Kinder wird eben kein Geld ausgegeben.“
Bei der Versorgung reicher Kinder läßt sich die Stadt dagegen offenbar nicht lumpen. Wie eine Boulevardzeitung am Mittwoch berichtete, eröffnete Hamburg nun einen Luxuskindergarten in Pöseldorf. Für Diplomatenkinder gebaut, investierte die Stadt 900.000 Mark in sechs Räume, drei haupt- und zwei nebenamtliche MitarbeiterInnen. Besucht wird der Kindergarten von acht Kindern.
Am 20. Dezember findet ab 14 Uhr ein Lichtfest auf dem Bauspielplatz an der Altonaer Straße/Bartelsstraße statt.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen