Mit den Beamten auf Du und Du: Nebenjobs beendet
■ Fragwürdige Interpretation der Sozialsenatorin vor dem Parlament
Wieweit dürfen Nebentätigkeiten und dienstliche Angelegenheiten sich vermischen? Dürfen zwei Mitarbeiter der Sozialverwaltung, die für die Behörde in ihrer Arbeitszeit ein Computerprogramm entwickelt haben, die Einführung in dieses Programm als private Firma „Diwo“anbieten? „Die Sozialbehörde legt bei der Prüfung, ob Mitarbeitern Nebentätigkeiten erlaubt werden sollen, strenge Maßstäbe an“, antwortete Senatorin Tine Wischer (SPD) gestern auf eine parlamentarische Anfrage des AfB-Abgeordneten Horst Ochs. Die Erlaubnis im konkreten Fall des Kita-Programms „KIS“habe „im Interesse der Sozialbehörde“gelegen.
„Um weiterer Fehlinterpretation vorzubeugen“werde die zunächst auf Ende 1997 befristete Nebentätigkeitsgenehmigung aber nicht verlängert, erklärte die Senatorin. Die beiden Mitarbeiter hatten in der Tat im Interesse der Sozialbehörde klein angefangen und an einem Samstag vormittag den AWO-Kita-Leiterinnen das Programm „KIS“erklärt – gegen eine geringfügige Honorarsumme.
Bei der Katholischen Kirche als privatem Kita-Träger war dann aber der Eindruck entstanden, daß das Programm nicht der Behörde, sondern den beiden Behördenmitarbeitern in ihrer Eigenschaft als Firma Diwo gehöre (vgl. taz 15.11.) – die Rechnung für die Schulung betrug hier schon 12.000 Mark.
Der Evangelischen Kirche schließlich schickte die Firma Diwo im Sommer unaufgefordert einen Brief, in dem es heißt, daß „wir“, also Diwo, „das Programm KIS zur Verfügung stellen“. Die Schulung sollte satte 28.600 Mark kosten, die die beiden Sachbearbeiter in ihren 3,5 Stunden Nebentätigkeit pro Woche nebenbei verdienen wollten. „Sollten Sie zudem eine Beschaffung der Hardware-Komponenten durch uns wünschen, können wir Ihnen z.Zt. folgendes Angebot unterbreiten...“, heißt es weiter in dem Diwo-Brief, Lieferung „frei Haus“. Vor allem mit diesem Angebot des Computerhandels hatten die beiden Mitarbeiter der Sozialbehörde auch formal die Nebentätigkeitsgenehmigung klar überschritten.
Dies bestritt die Sozialsenatorin allerdings gestern gegenüber dem Parlament und behauptete, die Firma Diwo sei um ihren Rat gefragt worden. Das war nicht der Fall, sagt dazu die Evangelische Kirche, die Firma Diwo sei bis dahin auch völlig unbekannt gewesen. Der Brief ist zudem eindeutig ein Kaufangebot bis in das Detail „Zahlung: sofort netto Kasse (3% Skonto)“. K.W.
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