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Der deutsch-tschechische Zukunftsfonds

■ Die Rechtslage ist klar, Verzögerungen gehen auf das Konto der deutschen Regierung

Zu den schwierigsten und umstrittensten Passagen der gemein- samen Deutsch-Tschechischen Erklärung gehört die Regelung zum „Zukunftsfonds“. Unter dem Titel dieses gemeinsamen Fonds wurden ganz unterschiedliche Fördermaßnahmen zusammengefaßt: Partnerschaftsprojekte, Jugendbegegnungen, wissenschaftliche Kooperation, Altersfürsorge und Sanatorienbau. Die beiden letztgenannten Projekte sollten den noch lebenden Opfern der Nazi-Okkupation zugute kommen. Entsprechend heißt es in der Erklärung: „...daher sollten die in Frage kommenden Projekte insbesondere Opfern nationalsozialistischer Gewalt zugute kommen.“ Die Kritik an dieser Passage machte sich daran fest, daß zu einem Zeitpunkt, wo die „in Frage kommenden Projekte“ fertiggestellt sein würden, niemand mehr leben würde, um an ihren Segnungen teilzuhaben. Entscheidend wurde deshalb, die Vereinbarung rasch abzuschließen.

Die tschechische Seite erließ im Herbst dieses Jahres ein Stiftungsgesetz, nach dem potentielle Nutznießer nicht in den Gremien der Stiftungen vertreten sein dürfen. Die Bestimmungen gelten generell in Tschechien, sind also kein Spezialgesetz für den Zukunftsfonds.

Der Fonds fiel unter das neue Gesetz, denn er sollte vertragsgemäß in Tschechien errichtet werden. Konkret hieß dies, daß sowohl Funktionäre der Sudetendeutschen Landsmannschaft, die bereits Forderungen an den Fonds erhoben hatte, als auch Vertreter der Opferverbände aus dem Verwaltungsrat der Stiftung Zukunftsfonds ausgeschlossen wären.

Die tschechische Seite hat klargestellt, daß sie zu keinem Zeitpunkt Einfluß darauf genommen habe, wer die vier deutschen Sitze im achtköpfigen Verwaltungsrat besetzen wird. Hauptsache, er ist nicht in einem Verband potentiell Begünstigter tätig. Wenn die Bundesregierung dennoch eine Vertretung der Sudetendeutschen Landsmannschaft im Verwaltungsgremium in Aussicht gestellt hat, so tat sie dies im Widerspruch zur mittlerweile neuen Rechtslage in Tschechien.

Gestern hat die tschechische Seite erklärt, sie sei bereit, das Regierungsabkommen zur Einrichtung des Zukunftsfonds sofort zu unterzeichnen. Damit hat sie Auffassungen korrigiert, wonach die zurückgetretene, aber noch amtierende Regierung Tschechiens „handlungsunfähig“ sei. Die deutsche Seite täte jetzt gut daran, ohne schuldhaftes Zögern, das heißt sofort zum Füllfederhalter zu greifen. C.S.

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