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Die Ästhetik der Sahara

■ Ein Sahara-Bildband zeigt Farben und Formen der größten Wüste der Welt. Die eindrucksvollen Fotos werden ergänzt von Informationen über die Bewohner der Wüste

Seit über zwanzig Jahren bereist der japanische Fotograf Kazuyoshi Nomachi die Sahara. Seine Eindrücke hat er in Bildern dokumentiert, die im Spiel aus Licht und Schatten von der Landschaft, vom Leben der wenigen Menschen im „Ödland“ erzählen.

Der üppige Fotoband läßt viel Raum für die Sprache der Bilder. Fasziniert betrachtet man das kleine Pflänzchen, das sich durch den Wüstensand gekämpft hat, oder vertieft den Blick in das Mosaik einer Düne, die, mikroskopisch betrachtet, wie ein Samtteppich erscheint.

Der Wüstenforscher Michael Asher begleitet den Band mit seinen Texten. Er beschreibt beispielsweise eine Sammelhochzeit, bei der 153 Paare getraut werden. Die jüngste Braut ist zwölf Jahre alt. Die Ehen werden von den Eltern der Paare arrangiert, und die jungen Paare müssen dann eine Woche miteinander verbringen. Danach können sie sich wieder trennen, was viele auch tun. Die meisten Frauen und Männer leben nach der Scheidung mehrere Jahre allein, bis sie sich zu einer zweiten Ehe entschließen. Dann wählen sie den Partner selbst. Die festlichen Gewänder und Schminkkünste der ersten Hochzeit halten Kazuyochis Bilder fest.

Dreier Themen hat sich der Fotoband besonders gewidmet: dem Leben in den Oasen, den Steinzeichnungen in der Hochebene des Tassili sowie den Tuareg. Jahrhundertelang waren die Tuareg in der Zentralsahara als „rücksichtslose Wüstenräuber“ gefürchtet. Mit ihren schnellen Kamelen, in wehende Gewänder gehüllt, die auch vom Gesicht nichts übrig ließen außer den Augen, versetzten sie Karawanen in Angst und Schrecken. Zwei Dürrekatastrophen in den 30er und 50er Jahren dieses Jahrhunderts trieben sie in den Ruin. Viele Familien büßten ihre Existenzgrundlage ein und leben heute in den Slums größerer Städte wie Agades und Timbuktu. Dort lächelten die Nachkommen dieses kriegerischen Volkes bereitwillig in die Kamera – von Elend und Not ist auf Nomachis eindrucksvollen Bildern nichts zu sehen.

Der Anspruch der Bilder auf Schönheit läßt für unschöne Motive keinen Raum: Der Einfluß der modernen Zivilisation auf die Wüstenbewohner ist als Thema zu kurz gekommen. Christine Berger

Kazuyoshi Nomachi, Michael Asher: „Sahara“. Frederking & Thaler Verlag, München 1996. 192 Seiten, 98DM

Die Fotos auf dieser und der nächsten Seite sind dem Bildband entnommen.

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