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Gero weg, Paula weg, Olli weg

Die Vorspänne deutscher Soaps-operas im Fernsehen sind vollgestopft mit den Namen von Leuten, die eigentlich gar nicht mehr dabei sind  ■ Von Frank M. Ziegler

Solange der Vorspann noch vor sich hin jammert und blitzartig die rougeentstellte Visage von Vera Richter vorbeitrudelt, darf der „Gute Zeiten, schlechte Zeiten“- Fan noch auf bessere Zeiten hoffen: Vielleicht kommt Frau Richter ja bald wieder! Sie wird uns doch nicht alleingelassen haben mit dem doofen Moreno-Gesocks und dieser selbstreinigenden Putzteufel-WG! Und wenn Julia von Anstetten ihre Prinzessinnenzähnchen in die Vorspannkamera der „Verbotenen Liebe“ bleckt, heißt das dann nicht, daß sie irgendwie noch mitspielt? Das Vorspanninventar deutscher Endlosserien zeigt, daß deren Titeltrailer so aktuell sind wie die Wettervorhersage vom Vorjahr bzw. daß all die Schauspieler, die uns begleiteten durch Tage hell und trüb, aus ihren Serien ausgestiegen sind wie an einer Bushaltestelle.

Zählen wir doch mal auf! Bei „VL“: Jan und Julia weg, Gero, Markus, Anna, Gina und Sophie weg, Clarissa weg, Susanne schon wieder weg... Bei „GZSZ“: Vera weg, Chrissie weg... Bei Marienhof: Svenja weg, Sülo weg, Charlie weg, Paula weg, Nadine weg, Mascha und Olli auch weg... „Alle zusammen, jeder für sich“ ist seit dem 30. Oktober sogar komplett weg! Und bei „Unter uns“ sind so viele weg, daß es sich schon lohnen würde aufzuzählen, wer überhaupt noch da ist... Bei „Geliebte Schwestern“ ist übrigens jüngst Nadine gestorben. Schon bald hatte der Vorspann eine neue (noch furchtbarere!) Titelmelodie, aber die arme Nadine ist immer noch drin.

Doch halt! Nur weil irgendwer gerade mal irgendwo in der Weltgeschichte herumgeistert, heißt das ja nicht, daß er oder sie nicht doch noch unter Vertrag steht, daß auf den Schreibtischen der Produktionsfirmen nicht doch schon Storylines herumliegen, in denen die altbekannten Gesichter wieder eine (tragende) Rolle spielen. Bei Marienhof jedenfalls, so ruft es aus München, sei in der „Es wird viel passier'n“-Sequenz niemand zu sehen, der dort nicht (mehr) hingehöre. Und auch die „Verbotene Liebe“ hat inzwischen Konsequenzen gezogen und – statt der liebgewonnenen alten – die schlimmen neuen Laiendarsteller im Vorspann installiert. Was prompt wieder andere Unzufriedenheiten erzeugt: Denn so kann man sicher sein, daß Jessica und Alexander beispielsweise keine vorübergehende Notlösung, sondern in Sachen „Verbotene Liebe“ Nachfolgertraumpaar sein sollen. Da ist doch wieder einmal die gute alte „Lindenstraße“ zu loben: Die zeigt die „Lindenstraße“. Und ab und an einen einsamen, namenlosen Radfahrer. Seit Jahren. Und immer aktuell wie die „Tagesschau“.

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