Panikverkäufe und Hamsterkäufe in Südostasien

■ Während die Krise in Indonesien die ganze Region hinabzieht, bleiben in Deutschland Regierung und Unternehmen gelassen. Die USA sorgen sich hingegen über den Dollaranstieg

Berlin (taz) – Gestern hat die Krise vor allem in Indonesien voll zugeschlagen. Die Landeswährung Rupiah verlor über 15 Prozent ihres Werts, die Aktienkurse fielen um fast zwölf Prozent. Die Supermärkte meldeten Hamsterkäufe vor allem von importierten Waren, denn die Bürger befürchten eine Hyperinflation in Folge des Währungsverfalls.

Verzweifelte Börsianer führten die Verluste auf einen weiteren Vertrauensverlust in die Regierung Suharto zurück. Es kursierten auch Gerüchte, daß der 76jährige Präsident nach 30 Jahren an der Spitze des Staates auf eine weitere Amtszeit verzichten wolle.

Die Schockwellen breiteten sich auf die Region aus, an den Börsen kam es zu Panikverkäufen. In Singapur, Hongkong und auf den Philippinen stürzten die Kurse erneut ab. Nur in Japan konnten sich die Kurse von Aktien und Währung behaupten, und in Süd-Korea setzte sich sogar eine gewisse Börsenhausse fort: Vor allem aus dem Ausland drängten die Käufer zeitweise an die Seouler Börse. Offenbar sind die Aktien großer Firmen wieder gefragt, nachdem sich ihr Preis in vielen Fällen halbiert hatte.

Solange Japan nicht allzusehr in den Strudel gerissen wird, sagte gestern ein Sprecher des Bonner Wirtschaftsministeriums, seien die Entwicklungen nicht besorgniserregend für die Bundesrepublik. Überlegungen, was passiert, wenn die Krise sich verschlimmert, wenn also auch Japan ernsthaft ins Wackeln kommt, werden jedenfalls „nicht öffentlich“ angestellt.

Mit ihrer Einschätzung, daß die Auswirkungen der Asienkrise auf die deutsche Wirtschaft begrenzt seien, weiß sich die Regierung einig sowohl mit der EU-Kommission als auch mit den deutschen Wirtschaftswissenschaftlern. Erst am Mittwoch hatte das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in seinem Jahresausblick lapidar festgestellt: „Für Deutschland wird die Währungskrise in Südostasien nur geringe Auswirkungen haben.“

In den großen Unternehmen gibt man sich daher seelenruhig. „Keine maßgeblichen Auswirkungen“, meldet etwa die deutsche Bank. Nur ein Zehntel ihrer weltweiten Kredite vergebe die größte deutsche Bank nach Asien inklusive Japan und Australien. „Wir merken nicht viel davon“, sagt der Siemens-Sprecher. Das Geschäftsvolumen des Elektrokonzerns liege zwar in Asien bei 18 Milliarden Mark, etwas weniger als in den USA. Aber meist handele es sich um langfristige Investitionen in die Infrastruktur, etwa Bahn und Telefon, und da rechne Siemens schlimmstenfalls mit ein paar Verzögerungen, nicht aber mit Stornierung.

Bei Daimler-Benz, so der Sprecher, spürt man zwar, daß die Geschäfte in den Krisenländern, vor allem in Thailand, schlechter laufen. Aber dies habe „sicher nicht in großem Umfang“ Folgen für den Konzern, denn nur acht Prozent des Gesamtumsatzes werden in Asien gemacht, fast die Hälfte davon in Japan. Weiter setze man darauf, daß Asien in den kommenden Jahren die größte Wachstumregion sei.

Insgesamt spielt Südostasien für die deutsche Wirtschaft nur eine mäßig große Rolle. 1996 gingen Exporte im Wert von 44,5 Milliarden Mark in die Region, Waren für 35,5 Milliarden Mark wurden von dort importiert. In die anderen EU-Länder gehen zehnmal so viele Exporte und in die USA um die Hälfte mehr. Und der US-Dollar, in der Folge der Asienkrise für viele Anleger die Fluchtwährung, ist nun wieder deutlich gestiegen – auf gestern knapp unter 1,83 Mark. Damit steigen die Chancen deutscher Exporte in die Dollar-Region kräftig.

In den USA beobachtet man die Lage in Asien daher mit deutlich weniger Ruhe. Gegenüber den asiatischen Währungen ist der Kursanstieg inzwischen so stark, daß eine wahre Flut von Importen aus Asien befürchtet wird. Nicola Liebert