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Eliten brauchen Privilegien

Architektenstar von Gerkan predigt eine radikal elitäre Ausbildung  ■ Von Florian Marten

Deutsche Architekten? Unfähiges Mittelmaß, das „bauliche Umweltverschandelung“produziert. Deutsche Architektur? Zwar hat sie dank Schinkel und Bauhaus eigentlich eine „angestammte internationale Führungsrolle“– doch stellt sie heute „ein Desaster“dar. Nein, Meinhard von Gerkan, designierter Gründungsrektor der geplanten Neugründung des Fachbereichs Architektur an der Hochschule für bildende Künste (HfbK), schonte am Mittwochabend weder seinen Berufsstand noch die 300 Zuhörer in der Aula am Lerchenfeld.

An der Misere der deutschen Architektur hat die Architektenausbildung Schuld, meinte der weißgelockte Altmeister. Die Forderung nach gleicher Bildung für alle ist Humbug: „Die Fiktion der Gleichheit bedeutet den Abstieg in die Provinz!“Nein, wir brauchen Elite, „jene Summe aus außergewöhnlichen Qualitäten und Privilegien“, ohne die es keine „Historie, kein Menschheitsgedächtnis“gäbe.

Kein Wunder, daß Gerkan nur 15 Prozent der Studenten, die er derzeit an der TU Braunschweig ausbildet, als taugliche Architekten sieht. Gerkan adelte den Architekten zum einsamen Stadtgestalter, zum letzten Generalisten, der gegen ein Heer uneinsichtiger Spezialisten aus Planung, Politik, Technik und Wirtschaft die hehren Ziele von Architekturqualität und Funktionalität durchsetzen muß.

Für solche Übermenschen ist „nur das Beste“genug. Kleine feine Ausbildungsgänge mit knallharter „Selektion“wünscht sich Gerkan. Teamwork? Moderation statt autoritärer Führung? Soziale Stadtgestaltung? Quartiersmanagement? Gerkan nahm solch neumodischen Schnickschnack erst gar nicht in den Mund und bestätigte all jene, die ihm „einen Architekturbegriff des 19. Jahrhunderts“bescheinigen. Keine Frage, daß Gerkan sich selbst für eines jener raren Genies hält, die dank der Gnade der frühen Geburt noch in den Genuß einer Ausbildung durch große alte Männer kamen. Seine Vision einer Elite-Schmiede an der HfbK, die auf soziale und stadtfunktionale Aspekte weitgehend verzichtet, steht so in krassem Gegensatz zum Konzept jener vielseitig ausgebildeten „Stadtgestalter“und „Stadtentwickler“, wie sie Dieter Läpple (TU Harburg) vorschweben.

Wofür der erfolg- und einflußreiche Baumeister Gerkan steht, läßt sich derzeit eindrucksvoll in den Deichtorhallen nachvollziehen. Die Wanderausstellung „Renaissance der Bahnhöfe“präsentiert vor allem Gerkans gigantische „Projekte 21“. Mit diesen Projekten will der Hof-Architekt der Deutschen Bahn AG dank der „lukrativen Verwertbarkeit nicht mehr benötigter Bahnliegenschaften“unter anderem in Stuttgart, München und Frankfurt neue Stadtteile an die Stelle der alten Hauptbahnhöfe pflanzen. Gerkans Ästhetik großer Räume mit Glas und Stahl, in Hamburg im Zürich-Haus und den neuen Flughafenterminals zu besichtigen, entlarvt sich dabei als eine nur mühsam demokratisch gebändigte Monumentalität, die sich nicht an Stadtidentität und menschlichen Bedürfnissen, sondern am Machtanspruch einer dominanten Zeitgeistästhetik ausrichtet.

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