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NachgefragtNur ein Fliegenschiß?

■ Länder-Patriotismus auch bei den Grünen / Sprecher Dieter Mützelburg über die Länderfinanz-Debatte

taz: Die Grünen haben bisher im Streit um den Länderfinanzausgleich keine Rolle gespielt. Joschka Fischer hat vor Jahren, als er noch Minister in Hessen war, einmal im Bremer Ratskeller gesagt, Hessen würde keinen Pfennig freiwillig für Bremen geben.

Dieter Mützelburg: Die Grünen sind mittlerweile an drei Regierungen von „Geberländern“beteiligt. Der Landespatriotismus ist oft auch bei den Grünen ausschlaggebend.

Das bedeutet, die Grünen aus Hessen vertreten dieselben Argumente wie die Bayern?

Bezüglich des Länderfinanzausgleichs nicht. Aber in Nordrhein-Westfalen oder Hessen wird natürlich gesagt: Warum soll der Fliegenschiß auf der Landkarte soviel Geld kriegen...

Das meint Bremen. Wird innerhalb der Grünen versucht, diese Gräben zu überwinden?

Am 13. Februar treffen wir uns in Wiesbaden, das ist ein gutes Zeichen, daß wir uns in Hessen treffen. Wir sind dabei, eine einheitliche Position zu formulieren. Klar ist: Von den Landesregierungen, in denen die Grünen mitregieren, wird ein Gang zum Verfassungsgericht nicht unterstützt.

Das halten ja auch Juristen für aussichtslos. Und sonst?

Der Länderfinanzausgleich muß im Kern bleiben, das ist Konsens, wenn man auch bei den Bayern nicht ganz sicher sein kann ...

.. auch bei den Grünen in Bayern nicht?

Auch bei denen nicht. Da ist ja Wahlkampf. Der Länderfinanzausgleich muß aber so reformiert werden, daß die Länder, die viel zahlen, etwas davon haben, wenn sie sparsam wirtschaften. Und die Länder, die viel kriegen, müssen etwas davon haben, wenn sich ihre Steuereinnahmen verbessern. Beispiel Bremen: In dem laufenden Jahr werden sich die Steuereinnahmen im Verhältnis zu den anderen Bundesländern verbessern, aber deshalb sinkt der Länderfinanzausgleich vermutlich auf 170 Millionen Mark. Das bietet keinen besonderen Anreiz.

In der aktuellen Debatte geht es eigentlich darum, daß keines der Geberländer sich an weiteren Sanierungsmilliarden beteiligen will.

Eine taktische Position, damit der Bund viel übernimmt.

1997 sollte der Sanierungsprozeß überprüft werden, da ist nichts passiert. 1998 passiert nichts wegen Wahlkampf.

Ich gehe auch davon aus, daß darüber erst nach der Bundestagswahl entschieden wird.

Wie stehen die Grünen in Hessen oder Bayern dazu, daß ihre Länder sich an den Sanierungsmilliarden für Bremen beteiligen?

Die Grünen stehen zu der Solidarität der Länder untereinander. Nicht wegen Bremen, das muß man ehrlich sagen – Bremen ist auch marginal –, sondern wegen der neuen Länder.

Richtige Bündnispartner hat Bremen in den Grünen der Geberländer also nicht?

Begeisterte Bündnispartner hat niemand, der Geld will.

Int.: K.W.

Vgl. dazu auch die Dokumentation eines Perschau-Papieres, Seite 26

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