: Wenig Rückhalt für Albright im Nahen Osten
Einen Angriff der USA auf den Irak will außer Kuwait kein arabisches Land unterstützen. Für Ägypten und Syrien ist Washingtons Druck ohnehin nur eine Verteidigung israelischer Sicherheitsinteressen ■ Aus Kairo Karim El-Gawhary
Während US-Außenministerin Madelaine Albright auf der Suche nach Unterstützung für einen möglichen Militärschlag gegen den Irak durch den Nahen Osten tourt, gehen die regionalen Vermittlungsversuche weiter. Irak hat nun ein türkisches Vermittlungsangebot angenommen, und der türkische Außenminister Ismail Cem wird in den nächsten Tagen bereits in Bagdad erwartet. Nach einer Meldung der russischen Nachrichtenagentur Interfax hat sich der irakische Präsident Saddam Hussein gestern bereit erklärt, der UNO die Überwachung von acht neuen Anlagen zu erlauben. Saddam habe sich auch bereit erklärt, den Chef der UNO- Abrüstungskommission im Irak, Richard Butler, zu empfangen.
Albright sieht sich dagegen mit jeder Station ihrer Nahostreise wachsenden Schwierigkeiten gegenüber. Den größten Erfolg konnte sie erwartungsgemäß Sonntag nacht in dem vor sieben Jahren von irakischen Truppen besetzten Kuwait verbuchen. Das Emirat signalisierte Zustimmung zu einem Militärschlag, „falls alle diplomatischen Mittel versagen“. Öffentlich wollte das der Emir allerdings nicht verkünden und überließ es lieber „amerikanischen Quellen“, die gute Botschaft für Washington bekanntzugeben.
Doch jetzt ist es erst einmal vorbei mit den Zustimmungsbekundungen. Saudi-Arabien, die nächste Station, ist für Albright eine härtere Nuß. Das Königreich hat bereits vor Albrights Ankunft angekündigt, daß seine Militärbasen nicht zur Verfügung stehen. Jordanien, das nicht auf der Reiseliste Albrights steht, hat sich diesem Verbot angeschlossen.
Der ägyptische Präsident Husni Mubarak hat unterdessen Saddam Hussein in einem Brief aufgefordert, einer diplomatischen Lösung zuzustimmen. Von einer militärischen Aktion wird Ägypten – die letzte arabische Station auf Albrights Nahostreise – der US-Außenministerin heute aber „unter allen Umständen abraten“, wie es ein ägyptischer Diplomat formulierte. Mubarak hatte bereits in einem Interview mit der ägyptischen Tageszeitung al-Achbar erklärt, daß der „Einsatz von Gewalt nur die Spannungen in der Region erhöhen wird“.
„Ein Militärschlag könnte mehr Probleme schaffen, als er löst“, fürchtet auch ein ägyptischer Diplomat. „Solange die USA keinen genauen Plan haben, was sie eigentlich mit der Eskalation erreichen wollen, so lange werden sie am Ende ein noch größeres Durcheinander schaffen.“
Besonders verstimmt zeigte sich Kairo gegenüber dem obersten UN-Waffeninspektor Richard Butler. Der hatte vor wenigen Tagen erklärt, daß der Irak fähig sei, mit seinen Massenvernichtungswaffen die Stadt Tel Aviv auszulöschen. Im ägyptischen Außenministerium sieht man in dieser Erklärung eine unnötige Eskalation der Lage. Butler habe ohne Rechtfertigung den Faktor Israel in die Konfrontation zwischen den USA und Irak eingeführt, erklärte Ägyptens Außenminister Amre Mussa. Auch Mubarak kommentierte Butlers Erklärungen als „nicht besonders weise“.
Für die syrischen Regierungsmedien ist die ganze Eskalation am Golf ohnehin nur in israelischem Interesse und zielt darauf ab, vom stockenden Nahost-Friedensprozeß abzulenken, wie die Zeitung al-Baath kommentiert. Laut der arabischen Zeitung al-Hayat wurden die syrischen Truppen an der irakischen Grenze für alle Eventualitäten verstärkt.
Für so manches arabische Regime ist bei Äußerungen über eine militärische Option gegen den Irak Vorsicht geboten. Wenige Araber würden Saddam Hussein nachweinen, aber für die meisten ist wegen der unbefristeten Sanktionen die Schmerzgrenze des irakischen Volkes längst überschritten. „Wenn bei einem erneuten US- Schlag viele Irakis ums Leben kommen, ohne daß sich am Ende viel ändert und Saddam Hussein immer noch fest im Sattel sitzt, könnte sich die arabische öffentliche Meinung schnell gegen jene arabischen Regierungen wenden, die jetzt einem Militärschlag halbherzig zustimmen“, glaubt ein ägyptischer Diplomat.
Unterdessen demonstrieren manche auf ihre Art Solidarität mit den Irakern. Am vergangenen Wochenende hob eine vom „Ägyptischen Volkskomitee zur Aufhebung der Sanktionen gegen den Irak“ gecharterte Maschine vom Kairoer Flughafen ab. An Bord: 2,5 Tonnen Medikamente und eine Delegation ägyptischer Ärzte. Kurz zuvor hatte eine Delegation mit 23 ägyptischen Intellektuellen, darunter der bekannte Filmemacher Jussuf Schahin und die Feministin Nawal as-Sadawi, Medikamente im Wert von 50.000 Mark nach Bagdad gebracht.
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