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Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Die Abenteuer von Pico und Columbus Deutschland 1992, R: Michael Schoemann

„Vom Holzwurm Pico auf die Idee gebracht, daß die Erde rund ist, sticht Columbus von Spanien aus in die See, um Indien zu erreichen. Mit von der Party ist Pico, der seiner Angebeteten, einem entführten Lichtmotten-Mädchen, hinterherreist. Trotz abenteuerlicher Zwischenfälle endet die Fahrt glücklich. An Disney-Vorbildern orientierter farbenschöner Zeichentrickfilm, der seine turbulente Geschichte kindgerecht erzählt.“(Lexikon des internationalen Films) Gondel

Animal Farm - Aufstand der Tiere Großbritannien 1955, R: Halas und Batchelos

„Zeichentrickfilm, der in Form einer Fabel Sinn und Funktionalität von Revolutionen kritisch beleuchtet: die Tiere eines Bauernhofes befreien sich von ihren menschlichen Unterdrückern und übernehmen die Macht, wonach sie jedoch schon sehr bald in ihren eigenen Reihen die alten Herrschafts- und Ausbeutungsverhältnisse wiederherstellen. Eine formal und in der pointierten Aussage stellenweise bestechende Bearbeitung des Romans von George Orwell, der vom Autor als Polemik gegen die im Stalinismus endende russische Revolution gedacht war.“(Lexikon des internationalen Films) Atlantis

Astoria - Es war einmal ein Variete Bremen 1994, R: Rolf Wolle

Der Film erzählt die Geschichte des glorreichen Bremer Nachtlebens in der guten Tradition der „oral history“: ein ehemaliges Nummerngirl erinnert sich an den ostfriesischen Lottokönig, der im Astoria sein Geld verpraßte; die Musiker von der Hauskombo erzählen, daß sie ihre ersten (damals verbotenen) Jazzrhythmen auf einem Akkordeon und der Marschtrommel der Hitlerjugend spielten und der langjährige Orchesterchef beschreibt gerührt einen Auftritt von Zarah Leanderr. Sie alle erzählen offensichtlich von der schönsten Zeit ihres Lebens und das Kino ist das ideale Medium dafür, Zeit erfahrbar zu machen.(hip) Kino 46

B

Belovy - die Belovs Rußland 1992, R: Viktor Kosakovskij / Originalfassung mit englischen Untertiteln

„Die Geschichte von Anna Belova und ihren drei Brüdern. Die liebevolle Pflege von Hof und Tier gehört ebenso zu ihrem Leben wie qualvolle Streitigkeiten, Trunksucht, Altern und Einsamkeit. Der Filmemacher zeigt einen heutigen russischen Dorfalltag mit all seinen tragisch-komischen Elementen. Der vielfach preisgekrönte Film sprengte die bisher in Rußland gültigen Konventionen der dokumentarischen Filmsprache und der Behandlung des Dorf-Sujets.“(Katalog des internationalen Dokumentarfilmfestivals München) Kino 46

The Blackout USA 1997, R: Abel Ferrara, D: Matthew Modine, Beatrice Dalle, Claudia Schiffer

„Mit „Jekyll und Hyde“hat Ferrara Matty, die Hauptfigur von „The Blackout“verglichen - mir kommt er eher vor wie Mr. Hyde ohne Dr. Jekyll. Matty ist ein großer Filmstar, fast immer zugeknallt mit Drogen und Alkohol, ein ständiges Highsein, das nur den Stillstand seiner Beziehungen übertüncht. „The Blackout“macht den Zuschauer zum Beteiligten dieser Selbstzerstörung, dem Mißbrauch des Körpers und den Qualen, die daraus erwachsen. Wo es in „Bad Lieutenant“und „Snake Eyes“immer wieder Momente gab, in denen die Kamera auf Distanz ging, da sitzt sie hier gewissermaßen im Kopf des Protagonisten. Erinnerungsfetzen, montiert aus Überblendungen und Doppelbelichtungen, füllen immer wieder die Leinwand. Dabei demontiert Ferrara alle Sicherheiten, wenn er das „Sex-Symbol“Beatrice Dale nie beim Sex zeigt und Fotomodell Claudia Schiffer mit ihrem Gesundheitstick etwas ganz und gar Unwirkliches hat.“(epd-film) Atlantis

Blumen für den Mann im Mond DDR 1975, R: Rolf Losansky, D: Jutta Wachowiak, Stefan Liesewski

„Modernes Märchen um einen kleinen Jungen, der mit Hilfe von viel Phantasie, und unterstützt durch seine Freunde, eine Blume für den Mond züchtet und damit den Erwachsenen eine Lektion in Sachen „Realismus“erteilt. In der ersten Hälfte etwas langatmig und spannungslos, um den Höhepunkt herum jedoch phantasie-anregend und spaßig. Einer der besseren Märchenfilme.“(Lexikon des internationalen Films) UFA-Palast

Briefe des fliegenden Holländers

Eine Vorstellung mit der Laterna Magica, für die die Akteure des „Illuminativ-Theaters“unter anderem Texte von Heinrich Heine und Richard Wagners Oper „Der Fliegende Holländer“bearbeitet haben. Kino 46

Broken Silence Schweiz 1995, R: Wolfgang Panzer, D: Martin Huber, Ameenah Kaplan

„Der Regisseur Wolfgang Panzer schickt einen Kartäusermönch aus seinem schweizer Kloster in die weite Welt hinaus und läßt ihn zusammen mit einer afroamerikanischen Globetrotterin mit Taxi, Bus, Bahn und Schiff durch Indien und Indonesien reisen. Ohne festes Drehbuch fuhren die beiden Schauspieler mit einem kleinen Filmteam die Reiseroute des Films entlang und zusammen entwickelten sie die einzelnen Szenen, je nach den Gegebenheiten und ihren Entdeckungen an den einzelen Drehorten. Alle wirklich guten Road-Movies haben solch einen dokumentarischen Kern: Die Reise wird uns nicht nur vorgespielt, sondern die Schauspieler haben wirklich in den engen Bussen gesessen, haben sich den Mund am scharfen indischen Essen verbrannt und wußten nicht, in welchem Bett sie am Abend schlafen würden. Und Panzer ist es gelungen, die Einsichten in das Seelenleben des weltfremden Mönches und der weltläufigen jungen Frau ebenso authentisch und aufregend auf die Leinwand zu bringen wie die javanesischen Vulkanlandschaften und die indischen Flußfahrten.“(hip) Cinema

C

Der Campus Deutschland 1997, R: Sönke Wortmann, D: Heiner Lauterbach, Axel Milberg, Barbara Rudnik

„Professor Dietrich Schwanitz wird zufrieden sein. Seinen Roman über die verkommenen Zustände an deutschen Universitäten - statt Lehre, Bildung und Wissenschaft herrschen Karrieregeilheit und Radikal-Feminismus - verfilmte Sönke Wortmann recht brav und bieder, wie einen bunten Werbeclip für den Studentennachwuchs - ganz im Sinne des Buchs.“(Der Spiegel) UFA-Palast, UT-Kino, Casablanca

Comedian Harmonists Deutschland 1997, R: Joseph Vilsmaier, D: Ben Becker, Ulrich Noetken, Kai Wiesinger

Diese posthume Erfolgsgeschichte mußte natürlich auf der großen Leinwand enden, und der große Gefühlsbademeister Vilsmaier ist wohl auch der richtige Mann dafür. Man könnte sich zwar auch eine schön böse Tragikomödie von Helmut Dietl vorstellen, die dem raffinierten Witz ihrer Lieder sicher näherkäme, aber bei Künstlerbiographien mit solchen Pflichtzutaten wie „Aufstieg und Fall“, den Greatest hits und Schauspielern, die den Originalen möglichst ähnlich sehen, stört zuviel Originalität nur. Und im großen und ganzen hat Vilsmaier auch alles richtig gemacht: Die Ausstattung ist prächtig, und das Grundübel aller Biopics löste er mit dem gängigen Trick: Wenn zu wenig passiert, kommt eine Liebesgeschichte immer gut. Vilsmaier will großes Gefühlskino, und so freuen wir uns mit den netten Jungs, wenn sie nach soviel Probenarbeit endlich den verdienten Erfolg haben, und wenn die Nazis sie dann mit ihren Rassegesetzen auseinanderzwingen, sind wir angemessen empört. Dabei hat er natürlich geglättet: Die böse Pointe, daß die arischen Bandmitglieder ihre jüdischen Partner nach deren Emigration in die USA wegen Verdienstausfalls verklagten, verschweigt er uns, um damit nicht den rührenden Abschied am Bahnhof zu verderben, bei dem die schöne junge Frau sich dann doch noch für das richtige Bandmitglied entscheidet. (hip) Schauburg, City, Passage (Del), Casablanca (Ol)

Cop Land USA 1997, R: James Mangold, D: Sylvester Stallone, Robert De Niro, Harvey Keitel

Ja, ich weiß: Kein auch nur halbwegs geschmacksicherer Kinogänger tut sich einen Film mit Sylvester Stallone an. Die Frage, ob er überhaupt ein Schauspieler, oder nur ein selbstherrlicher, waffenschwingender Selbstdarsteller ist, beantwortete sich bisher in seinen Filmen wie von selber, doch jetzt ist es ihm gelungen, alle zu verblüffen. Denn in „Cop Land“SPIELT er einen fetten, ziemlich tumben Kleinstadtsheriff, der in eine Sache gerät, die eindeutig ein paar Nummern zu groß für ihn ist. Und wenn er am Schluß dann doch nach den Pistolen greift, hat er dabei nichts mehr von seiner penetranten Action-Helden-Pose. „Cop Land“erinnert in vielem an „High Noon“. Auch hier muß sich ein Individuum gegen den ganzen Ort stellen, und der Fall wird dadurch noch komplizierter, daß in Stallones Revier fast jeder Einwohner entweder selber ein Cop im nahegelegenen New York ist, oder zumindest mit einem verwandt. Mangold hat eher unspektakulär und in der US-Tradition der Schauspielerfilme inszeniert. Und zu aller Überraschung gelingt es Stallone, seinen Anti-Helden so intensiv und uneitel zu spielen, daß er Harvey Keitel und Robert De Niro nicht nur eine, sondern alle Szenen stielt. Dazu hat er sich, wie einst De Niro in „Raging Bull“, eine beachtliche Wampe angefressen, sodaß „Cop Land“inzwischen unter dem inoffiziellen Titel „Fat Man Walking“läuft. (hip) Filmstudio, Ufa-Palast, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

D

Deckname Dennis Deutschland 1997, R: Thomas Frickel, D: Dennis Mascarena, Frau Noelle-Neumann, viele sehr deutsche Deutsche

„Wie mag wohl der Rest der Welt uns Deutsche sehen? Und können wir, durch einen quasi ethnologischen Blick auf uns selbst, Neues über uns erfahren? Diese Fragen beantwortet einer der witzigsten deutschen Filme der letzten Zeit. Und dabei ist „Deckname Dennis“keine von den so verdächtig erfolgreichen einheimischen Komödien, sondern ein Dokumentarfilm, zwar in der Montage satirisch überhöht, aber all die merkwürdigen Typen, die Thomas Frickel uns hier vorstellt, sind reale, waschechte Deutsche. Aus New York wird ein Spion in die Bundesrepublik geschickt, um dort als Fernsehreporter getarnt, die Natur der Deutschen zu ergründen. Der Verfremdungseffekt dieses fadenscheinigen dramaturgischen Vehikels ist ebenso simpel wie frappierend: wir sehen unsere Landsleute mit den erstaunten Augen dieses übergewichtigen Amerikaners, der sich möglichst extreme Teutonen vor seine Kamera holt, und gerade bei den politischen Wirrköpfen sein Talent beweist, Interviewpartner mit scheinbar naiven Fragen aufs intellektuelle Glatteis zu locken. Vieles ist dabei in erster Linie komisch. In einem Lokal wird Dennis etwa eine 4 Meter lange Bratwurst serviert (die er auch brav verputzt), und der Amerikaner findet gleich 4 Uhrmacher, die alle ernsthaft von sich behaupten, die größte Kuckucksuhr der Welt gebaut zu haben. Vom Gartenzwerg-Museum führt Dennis der Weg zum Aschermittwochstreffen der CSU, wo ein bierseliger Bayer ihm nationalistische Dummheiten ins Mikrophon lallt, und dies ist nicht das einzige Mal, wo einem das Lachen im Halse stecken bleibt.“(hip) Cinema

E

Der Eissturm USA 1997, R: Ang Lee, D: Kevin Kline, Sigourney Weaver

Was macht ein Regisseur nach solch einem triumphalen Welterfolg wie „Sinn und Sinnlichkeit“? Die meisten Filmemacher würden den einfachsten Werg gehen, und sich als Spezialisten für sensible Kostümschinken etablieren. Ang Lee ist mutiger sowie geschickter, und inszenierte mit „The Ice Storm“das absolute Gegenstück zu seinem letzten Film. Statt der sonnigen Wiesen im England des 19. Jahrhunderts zeigt er uns nun das winterlich-graue Amerika der 70er Jahre. Vom ersten Bild eines von Eiszapfen starrenden Vorortszuges an ist das Eis die übermächtige Metapher für diese erstarrte Gesellschaft. In den etwas feineren Vororten von New Canaan, Conneticut scheinen 1973 die Kinder reifer zu sein als ihre Eltern. Präsident Nixon, die Vaterfigur der Nation, wurde gerade des Lügens überführt, und die Erwachsenen probieren solche neumodischen Verhaltensweisen wie Partnertausch oder Ladendiebstahl aus. Der Film wirkt manchmal geradezu besessen von Zeit und Raum, selbst auf Kosten des Erzählflusses. Man bekommt eher kleine Einblicke in das Leben zweier Mittelklassefamilien als eine genau definierte Geschichte. Dafür ist die Ausstattung perfekt abgestimmt mit viel Polyester, potthäßlichen Frisuren, Wasserbetten und Cordanzügen. Auf den ersten Blick wirkt „Der Eissturm“grau und abweisend, aber Lee bewahrt auch hier seinen freundlich-ironischen Touch, der den ewigen Winter des Films erträglich macht. (hip) Atlantis

Event Horizon - Am Rande des Universums USA 1997, R: Paul Anderson, D: Sam Neill. Laurence Fishburne, Joely Richardson

„Wenn ein Science Fiction Film schon mit einem ganz billigen Buh-Effekt beginnt, und man dann die Raketentriebwerke im Weltall laut dröhnen hört, obwohl es im Vakuum keine Schallwellen geben kann, ist schnell klar, daß dies eines der eher dümmlichen Exemplare des Genres ist. Hier ist der Regisseur mit allen Mitteln darauf aus, das Publikum ständig zu erschrecken. Immer wieder gibt es etwa solche alten Tricks wie Alptraumszenen, die uns als „real“vorgespiegelt werden, bis der Träumende erwacht. Aber weil dies nie wirklich originell ist, ärgert man sich hinterher nur darüber, wie leicht man sich ins Bockshorn jagen ließ. Die Grundidee, daß ein Raumschiff von Wesen besetzt ist, die die Träume der Menschen zu Fleisch werden lassen, haben die Filmemacher von Lems „Solaris“abgekupfert. Aber während bei ihm die philosophische Spekulation dahinter stand, daß wir das Fremde nie wirklich verstehen können, kommt uns „Event Horizon“mit dem guten alten Inferno. Und wenn das Fremde die Hölle ist, braucht man sich auch nicht weiter um die Logik der Geschichte zu scheren. Wen schert es schon, daß es nie klar wird, wer denn nun aus der Hölle die kryptischen Botschaften in Latein schickt, wenn der ganze Film ohne viel Sinn und Verstand mit christlichen Symbolen vollgestopft ist? Kreuzigung, herausgerissene Augen und blutige Opferungenszenen gibt es diesmal halt in den Tiefen des Weltraums, aber ansonsten ist „Event Horizon“nichts weiter als ein furchtbar abgedroschener Gruselfilm.“(hip) UFA-Stern

F

Fargo USA 1995, R: Joel Coen, D: Frances McDormand, Steve Buscemi

In der pechschwarzen Kriminalkomödie „Fargo“von den Coen-Brothers könnte man fast schneeblind werden - so eisig, weiß und leer wirkt hier die Winterlandschaft von Minnesota. Die Landeier im tiefsten amerikanischen Hinterland werden von den Coens mit dem gleichen boshaften Witz beschrieben wie die texanischen Rednecks in ihrem Debüt „Blood Simple“. Beide Filme erzählen von inkompetenten Gangstern, denen ihre Pläne schnell über den Kopf wachsen. Vom Blutbad wird aber in „Fargo“direkt auf Marge geschnitten, eine hochschwangere Polizistin, die, mit dicken Fausthandschuhen und Pelzmütze bewaffnet, den Fall so stur und unaufhaltsam löst wie eine mütterliche Version von Columbo. (hip) Atelier, Gondel

Fire Canada 1996, R: Deepa Metha, D: Shabana Azmi, Nadita Das

„In eine schrecklich nette Familie hat die junge Sita da eingeheiratet: Ihr Angetrauter träumt von seiner Geliebten, Schwager und Schwägerin leben im sexlosen Ehemartyrium. Diese Attacke auf die indische Bourgeoisie hat die Filmemacherin Deepa Metha mit so grimmiger Verve gedreht, daß ihr dabei die Leichtigkeit abhanden kam: die Dialoge scheppern wie im Handbuch der Political Correctness. Aus der patriarchischen Misere läßt Metha Sita und die Schwägerin in eine lesbische Affäre entfleuchen - und unterstellt dadurch, politisch erstaunlich unkorrekt, daß Lesben eigentlich frustrierte Hetera-Frauen sind.“(Der Spiegel) Filmstudio

Flußfahrt mit Huhn Deutschland 1983, R: Arend Agthe, D: Julia Martinek, David Hoppe

Vielleicht der einzige wirklich gelungene deutsche Kinderfilm seit den Zeiten des seligen Kästners. Vier Kinder machen auf einem Gummiboot eine abenteuerliche Flußfahrt, und weil sie dabei die Weser herunterschippern, bekommt man am Schluß sogar ein klein wenig Bremer Flußufer zu sehen. Der Film ist ganz und gar auf der Seite der Kinder, kein pädagogischer Zeigefinger wagt es, seine gräßliche Kuppe zu erheben und man merkt, daß Regisseur Agthe hier all die Streiche zeigt, die er als Knirps wohl selber gerne den Erwachsenen gespielt hätte. (hip) Kino 46

Free Willy 3 USA 1997, R: Sam Pillbury, D: Jason James Richter, August Schellenberg

„Mittlerweile zum drittenmal ist Riesensäuger Willy der beste Freund des Menschen. Keine Freunde machen sich hingegen all die Kids, die ihre Eltern dafür mit ins Kino schleppen.“(TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kino

G

Ganz oder Gar nicht Großbritannien 1997, R: Peter Cattaneo, D: Robert Carlyle, Tom Wilkinson, Mark Addy

„Weil nackt zu tanzen immer noch besser ist als arbeitslos rumhängen, gründen sechs schmalbrüstige, unmusikalische und dickbäuchige Männer eine Stripteasetruppe. Nur britisches Kino schafft es, Themen wie den Niedergang der Stahlindustrie mit Familienvätern in roten Latex-Tangas zusammenzubringen – spöttisch, komisch und sentimental.“(Der Spiegel) Ufa-Stern, UT-Kinocenter, Casablanca (Ol), Passage (Del)

George - der aus dem Dschungel kam USA 1997, R: Sam Weisman, D: Brendan Fraser, Leslie Mann, Richard Roundtree

„Auf wenig Anspruch, aber viel Albernheit setzt Regisseur Sam Weismann in seiner Klamotte, die auf der Cartoonserie „George of the Jungle“basiert, die in den 60er Jahren Tarzan zum Depp machte. Deren running gag bestand darin, daß sich der Affenmensch mit jeder Liane an den nächstbesten Baum schwang und den Abdruck seiner Körperkonturen in der Rinde hinterließ. Auch Brendan Fraser läßt in der Spielfilmversion keinen Stamm aus. Die Story ist dabei schnuppe: Was zählt, ist Situationskomik, und vor der gibt es viel, wenn sich George erst mit den Tücken des Urwalds und dann mit denen der Zivilisation herumplagt. Wenn Fraser als treudoofer Trottel vom Dienst im Lendenschurz mit seinem Haustier (einem computeranimierten Elefanten, der wie ein Hund bellt und mit dem Schwanz wedelt) durch die Gegend tapst, ist der Spaß gebongt.“(Bremer) UT-Kinocenter, UFA-Stern, Passage (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Gridlock'd USA 1996, R: Vondie Curtis Hall, D: Tupac Shakur, Tim Roth /Originalfassung mit Untertiteln

„Auf einer Bank im Detroiter Krankenhaus lümmeln zwei Junkies, ihre Freundin liegt im Drogenkoma. Der Schreck darüber sitzt tief, Spoon (Rapper Tupac Shakur, kurz nach Drehschuß erschossen) und Stretch (Tim Roth) beschließen, sich dem öffentlichen Entziehungsprogramm anzuvertrauen. Das aber ist ähnlich unerreichbar wie Kafkas Schloß und so betrachtet das bürokratiegeschädigte Publikum voller Anteilnahme die beiden tapferen Drogisten, die nicht nur einer gestreßten Obrigkeit, sondern auch Killer-Dealern in die Quere kommen. Vondie Curtis Regiedebüt ist so lebendig und wahnwitzig wie seine Helden, die nie, trotz mieser Realität, in Selbstmitleid ersticken.“(Der Spiegel) Kino 46

H

Hana - Bi Japan 1997, R: Takeshi Kitano, D: Takeshi (Beat) Kitano, Kayoko Kishimoto

„Hana - Bi“(Feuerblume) scheint auf den ersten Blick eine typische Genre-Produktion mit Polizisten, Yakusa, Schießereien und Verfolgungen zu sein. Aber auf eine zuerst irritierende, und dann immer stärker faszinierende Weise inszeniert der Regisseur gegen die Erwartungen. Langsam rückt dabei das Verhältnis des von Kitano selbst gespielten Detektivs Nishi zu seiner an einer tödlichen Krankheit leidenden Frau in den Mittelpunkt. Mal scheint ein tödlicher Schuß ewig zu dauern, mal bewegen sich die Akteure so artifiziell und statisch wie im Kabuki-Theater, dann wird das Verhältnis des Detektivs zu seiner Frau wieder zärtlich, komisch durch Altagssituationen beschrieben. Am meisten erinnert dieser cool- meditative Stil noch an die Zen-Thriller des französischen Filmemachers Jean-Pierre Melville - wie etwa „Le Samourai“. Die feine Ironie besteht nun darin, daß „Hana-Bi“wie die Rückkehr von dessen existenzialistischen Schwertkämpfer nach Japan wirkt.“(hip) Cinema

Hercules USA 1997, R: Ron Clemens

„Dies ist nach dem eher ernsthaften „Glöckner von Notre Dame“eine Rückkehr zum süßlich-komischen Stil von „Die Kleine Meerjungfrau“und „Aladin“. Es ist natürlich völlig anders als alles, woran wir uns aus der antiken Heldensage erinnern: Sehr amerikanisch, laut und vulgär, aber halt auch ein großer Spaß. Zeus, der in der griechischen Mythologie ja eher ein Serien-Vergewaltiger war, wird uns hier etwa als liebender Familienvater vorgeführt, und das Happy End läßt „Herc“, wie er genannt wird, mit seiner Freundin Megara glücklich werden, während wir doch in der Schule gelernt haben, daß er wahnsinnig wurde und Megara sowie alle seine Kinder umbrachte. Aber sowas geht bei Disney nun wirklich nicht. Die ganze Sache hat mehr mit Hollywood-Genres als mit der griechischen Mythologie zu tun: So gibt es wie in „Rocky“einen Trainer, der Herkules zu einem Boxchampion trimmt, oder Megara umgarnt „Herc“mit ihrer Perlenkette wie einst Barabara Stanwyck den Henry Fonda in „The Lady Eve“.“(Christopher Tookey) UT-Kinocenter, Schauburg

Die Hochzeit meines besten Freundes USA 1997, R: P.J. Hogan, D: Julia Roberts, Dermont Mulroney, Cameron Diaz, Rupert Everett

„Dies ist ein äußerst komischer Film, der von vielen Kritikern in den USA und England völlig falsch verstanden wurde. Wie die meisten meiner Kollegen habe auch ich mich in den letzten Jahren über Julia Roberts mokiert, aber hier gibt sie ein brilliante Leistung als komische Schauspielerin. Dies ist eine „screwball comedy“, und bei den Versuchen, auf fürchterlichen und irrsinnigen Umwegen ihre große Liebe zu erobern, stellt sich Julia Roberts auch nicht absurder an als Cary Grant in „His Girl Friday“auf der Jagd nach Rossalind Russel. Es scheint nur viele zu stören, daß diesmal ausnahmsweise mal die Frau die aktive Rolle spielt. Ein anderer Grund für die Mißverständnisse ist, daß der Film wie eine konventionelle Komödie beginnt, aber am Ende in eine ganz andere Richtung läuft. Aber man merkt schnell, daß Julia Roberts mit ihrem schwulen Freund Rupert Everett viel mehr Spaß hat als in einer Ehe mit einem Bettvorleger wie Dermot Mulroney. Das Publikum kommt viel schneller dahinter als einige meiner Kollegen, und so mäkeln sie an dem unorthodoxen Happy-end herum.“(Christopher Tookey) UFA-Stern, UT-Kinocenter,/ Originalfassung ohne Untertitel im UFA-Palast

I

Ich bin ein Elefant, Madame Deutschland 1968, R: Peter Zadek, D: Wolfgang Schneider, Margot Trooger

Als der Film damals in die Kinos kam, waren viele Zuschauer und Kritiker gar nicht begeistert. Als einen „politischen Regiefehler“verrissen seinerzeit etwa die „Bremer Nachrichten“den Film. Heute wirkt er dagegen so nostalgisch wie die Wiederholungen des „Beatclubs“im Fernsehen. Die Frisuren, Kleider und Provokationen der Schüler sehen aus der zeitlichen Distanz so harmlos und komisch aus, daß man kaum noch nachvollziehen kann, was an all dem den mal so revolutionär gewesen sein soll. Die Aufnahmen vom Alten Gymnasium oder von der (noch mit Autos befahrenen) Sögestraße treiben vielen alteingesessenen Bremern fast die Tränen in die Augen und der Indianertanz vor dem Roland ist wohl das schönste Kinobild, das wir von unserer Stadt haben. (hip) Kino 46

Im Auftrag des Teufels USA 1997, R: Taylor Hackford, D: Keanu Reeves, Al Pacino

„Wie ehedem Tom Cruise als Anwalt in „Die Firma“bekommt der junge Strafverteidiger Keanu Reeves ein Angebot, das er kaum ausschlagen kann. Der charismatische Al Pacino lockt ihn in seine New Yorker Kanzlei. Doch dieser scheint mit dem Teufel im Bunde zu sein. Regisseur Hackford und Drehbuchautor Tony Gilroy haben tief in den Fundus der Kulturgeschichte gegriffen, um ein Bild von der Faszination des Bösen in unsere heutigen Welt zu schaffen - Goethes „Faust“, „Rosemaries Baby“, sogar Darth Vader läßt sich entziffern. Großartige Bilder und Darsteller, inklusive eines völlig entfesselten Al Pacino, unterstützen eine Story, die den Zuschauer auf geradezu teuflisch geniale Weise an der Nase herumführt.“(TV-Spielfilm) UFA-Palast

In & Out USA 1997, R: Frank Oz, D: Kevin Kline, Tom Selleck, Joan Cussack, Matt Dillon

"Der propere Gymnasiallehrer Howard (Kevin Kline) sitzt eines Abends mit seiner Dauerverlobten Emily (wunderbar: Joan Cussack) vor dem Fernseher und muß erleben, wie ein ehemaliger Schüler den Oscar erhält - und Howard öffentlich als Vorbild-Homo preist. Den überrascht das selbst am allermeisten. Daß er schwul ist, davon will er partout nichts wissen. Den Wirbel, der nach der Offenbarung ausbricht, spickt der Film reichlich mit Gags, Seufzern und Seelenbalsam: ein schmissige Fabel über Homos und Heteros, Kleinstadtklatsch und unwiderstehliche Disko-Rhythmen. „In & Out“ist Frank Capra in Rosarot.“(Der Spiegel) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Passage (Del), Wall- & Ziegelhofkinos ((Ol)

J

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarinette jenseits der Sprache ausdrücken kann – genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“(Der Spiegel) Cinema, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

K

Der Kinoerzähler Deutschland 1993, R: Bernhard Sinkel, D: Armin Müller-Stahl, Martin Benrath, Eva Mattes

„Bernhard Sinkel präsentiert uns hausbackenen Babelsberg-Schmarrn mit seinem unsäglichen „Kinoerzähler“, und verfeuert dabei Schauspieler wie Armin Müller-Stahl und Eva Mattes an eine Sache, die nicht einmal mehr Nostalgie ist, sondern nur noch blanker, merkwürdig deutschelnder Unsinn. Die Stummfilmzeit erscheint hier zugleich als die verlorene Unschuld der Republik, von Asta Nielsen-Engeln und Kinokindern bevölkert. Mit dem Ton kommt der Faschismus, und der jüdische Kinobesitzer versteht erst im Fegefeuer (der Kinobrand als Strafe für seinen Materialismus!), was es wirklich mit den Bildern auf sich hat.“(taz) Kino 46

L

Lebe lieber ungewöhnlich Großbritannien 1997, R: Danny Boyle, D: Ewan McGregor, Cameron Diaz, Holly Hunter

„Es gibt einige Momente in „Lebe lieber ungewöhnlich“, bei denen es möglich wird, die sexy, surrealistische Komödie zu erkennen, die Regisseur Danny Boyle und Drehbuchautor John Hodge wohl gerne gemacht hätten. Aber mit schlechtem timing, unzusammenhängend und uneben, ist dieser so ambitionierte Film nur faszinierend im Umfang seines Scheiterns. Mit dem Abschied von den makaberen Späßen ihrer ersten beiden Filme „Kleine Morde unter Freunden“und „Trainspotting“versuchten die beiden, ihren modischen, subversiven Pop-Stil in ein neues Genre zu verpflanzen: die Screwball-Romanze als Comic. Eingezwängt irgendwo zwischen die klassischen Hollywood-Komödien „A Matter of Life and Death“und „It Happened One Night“folgt der Plot den ausgetretenen Wegen des irrwitzigen Pärchens auf der Flucht. Durch Klassenschranken und Temperament getrennt, sind Ewan McGregor's Pförtner und Cameron Diaz's reiches Mädchen eine Rückkehr zu Gable und Colbert, aber während Capras Paar von Witz und dem Schwung gieriger Leidenschaft zischt, wirken McGregor und Diaz wie ein Paar naßgewordene Knallfrösche. Diaz spielt die coole Zynikerin nur gehässig und ohne die dringend nötige Verletzlichkeit, und McGregor fehlt der schurkische Charme, der ihn attraktiv statt nur dümmlich machen würde. Aber die fundamentaleren Probleme liegen im schwachen Drehbuch. Während die Komödien der 30er Jahre Sex in brilliante Hänseleien sublimierten, poltern die Dialoge von Hodge schwerfällig herum, um dann mit schwachen Gags über Menschen niederzukommen, denen die Partner mit ihren Aerobic-Trainern durchbrennen.“(Sight and Sound) Schauburg, Ufa-Stern, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Das Leben ist ein Spiel (Rien ne va plus)Frankreich/Schweiz 1997, R: Claude Chabrol, D: Michel Serrault, Isabelle Huppert, Francois Cluzet

„Rien ne va plus? Von wegen, bei Claude Chabrol geht immer mehr. Auch in seinem 50. Film zeigt der mittlerweile 67jährige Klassiker des französischen Kinos, daß er wie eh und je zu den Meistern seines Fachs zählt. Nach selbst verfaßtem Drehbuch schickt er zwei seiner Lieblingsschauspieler in ein krimikomödiantisches Fondue für Feinschmecker. Isabelle Huppert und Michel Serrault bilden das erfolgreiche Gauner-Gespann Betty und Victor, das sich mit raffinierten Trickbetrügereien das eigene Portemonaie füllt. Mit pointierten Dialogen, dreisten Wendungen und sogar einer schweißtreibenden Folterszenen zu Opernmusik würzt der Oldie but Goldie sein skurriles Jubiläumswerk um ein schrulliges Betrügerpaar, das sich in seinen Bluffs verheddert und erfahren muß, daß eine Stricknadel auch ins Auge gehen kann. Aber so ist er, unser Chabrol: Immer ein wenig durchtrieben.“(Bremer) Gondel, Cinema

M

Men in black USA 1997, R: Barry Sonnenfeld, D: Tommy Lee Jones, Will Smith, Linda Fiorentino

„M.I.B. ist ein unprätentiöser Film, der im Kleinen Größe zeigt – also das genaue Gegenteil von Luc Bessons Das fünfte Element. Er läßt dem Zuschauer Zeit, die Vielfalt der Aliens zu bestaunen. In schönster B-Film-Tradition kommt M.I.B. gleich in der ersten Szene zur Sache, wenn die Grenzpolizei in New Mexico einen LKW anhält, voll mit illegalen Einwanderern – „illegal aliens“, wie es doppeldeutig im Englischen heißt, von denen einer tatsächlich ein Außerirdischer ist. Dessen Enttarnung bleibt allerdings zwei plötzlich auftauchenden M.I.B. vorbehalten, die den Grenzverletzer leider erschießen müssen. Da staunen die Grenzpolizisten nicht schlecht, aber nur solange, bis M.I.B.-Agent K. ihr Kurzzeitgedächtnis mit einem Blitz aus seinem Zauberstab löscht. Seit 1962 sind die Aliens unter uns, erfahren wir. Manhattan ist das Tor zu unserer Welt, wo fortwährend intergalaktische Flüchtlinge eintreffen. Daß die Menschheit nichts davon weiß, ist das Verdienst dieser Behörde, die jeden Neuankömmling genau unter die Lupe nimmt, Aufenthaltsbeschränkungen ausspricht und Kriminelle jagt.“(epd) Ufa-Stern

Der Morgen stirbt nie Großbritannien 1997, R: Roger Spottiswoode, D: Pierce Brosnan, Jonathan Pryce, Michelle Yeoh

Der Witz bei den Bond Filmen besteht darin, daß die immer gleichen Zutaten einerseits genau wie in den Vorgängern und dann doch anders, frischer, gewagter serviert werden müssen. Dieser beginnt mit einer Enttäuschung: Es gab noch nie solch einen schlechten Titelsong wie den von Sheryl Crow gewimmerten. Aber dafür sind die Autojagd, die waffentechnischen Spielereien und das Finale, bei dem Bond wieder in letzter Sekunde den Weltkrieg verhindern muß, hier so rasant und pfiffig inszeniert, wie schon lang nicht mehr. Sogar aus der ständigen Produkt-Werbung vom BMW konnte Regisseur Spottiswoode Kapital schlagen, und so fahren sich die Bösewichter in ihrem Mercedes ausgerechnet in ausgestreuten Daimler-Sternen die Reifen kaputt. (hip)

UFA-Stern

N

Nix zu verlieren USA 1997, R: Steve Oedekerk, D: Tim Robbins, Martin Lawrence, Kelly Preston

„Was passiert, wenn ein arbeitsloser schwarzer Familienvater einen weißen Geschäftsmann überfällt, den aber die Pistole gar nicht schreckt, weil ihm alles egal ist, seit er seine Frau mit einem anderen im Bett gesehen hat? Dann beginnt eine wundervolle kriminelle Freundschaft - wie die zwischen dem Schwarzen T. (Martin Lawrence) und dem Weißen Nick (Tim Robbins). Regisseur Oederkerk stürzt seine Protagonisten in ein schwungvolles Buddy-Movie mit coolem HipHop-Soundtrack, aus dem sie mit fulminantem Situations- und Wortwitz herauskommen.“(TV-Spielfilm)UT-Kinocenter

O

Oscar Wilde Großbritannien 1997, R: Brian Gilbert, D: Stephen Fry

Eine filmische Biographie des berühmten Dichters, Dandies und Schwulen. Aufstieg und Fall und dazu einige seiner witzigsten Sprüche - all das sehr geschmackvoll und mit Pfiff inszeniert. Aber der Film wäre nicht viel mehr als ein weiteres „Biopic“mit allen Vor- und Nachteilen des Genres, wenn Stephen Fry nicht die Rolle seines Lebens gefunden hätte. Der englische Schauspieler und Schriftsteller ist eine ähnlich schillernde und exzentrische Persönlichkeit wie Wilde. Wenn ihm die Kritiken zu einem seiner Theaterauftritte nicht passen, verkriecht er sich schon einmal heimlich nach Paris, und alle englischen Medien rätseln tagelang, wo und ob er wieder auftauchen wird. Er brauchte für diese Rolle also kaum zu schauspielern, und doch wird in London schon heftigst spekuliert, ob er nicht der nächste Engländer ist, der seinen amerikanischen Kollegen einen Oscar wegschnappt. (hip) Gondel

P

Pippi Langstrumpf Schweden/Deutschland 1997, R: Clive Smith

„Ich hab ein Haus, ein Äffchen und ein Pferd...“Wer jetzt noch nicht mitsummt, sollte sich vielleicht ernsthaft fragen, wie und womit er seine Kindheit verbracht hat. Obwohl: eine moderne Zeichentrickversion „unsere“Pippi? Da halten wir's doch lieber mit dem „Highländer“: Es kann nur eine(n) geben!“(TV-Spiefilm) City, Schauburg, Wall- & Ziegelhofkinos

S

Die Salzmänner von Tibet Deutschland 1997, R: Ulrike Koch

„Wo die Luft fast zu dünn ist zum Atmen, können nur Yaks durchatmen und jene Menschen, die mit der Atemtechnik der Buddhisten vertraut sind. Die Drokpas zum Beispiel, Hirten-Nomaden im nördlichen Tibet, die sich über Generationen an das unwirtliche Klima im Himalaya-Hochland anpassen konnten. Ulrike Koch hat es unternommen, ihre Tradition zu dokumentieren, bevor die moderne Zivilisation dem Nomadenvolk die natürlichen Ressourcen streitig macht. Dabei ging es der Filmemacherin vor allem um die „Salzmänner“, jene ausgewählte Schar, die Jahr für Jahr im Frühling zu den Salzseen aufbricht, um dort das „weiße Gold“zu schürfen. Wer sich dieser Identität nähern will, muß sich vor allem auf den ungewohnten Rhythmus des Dokumentarfilms einlassen: Achtsam, doch ohne Aufhebens folgt er dem Wind, macht den Zuschauer erst kribbelig, bevor sich dieser der fremden Raum- und Zeitdimension ergibt und die gleichmütige Ruhe genießen kann.“(epd-film) Cinema

Siddhartha USA 1972, R: Conrad Rooks, D: Shashi Kapoor, Simi Garewal

„Ein glitzernder, spielfilmlanger Werbespot, dessen Ursprung Hesses Roman über den schönen Brahmanen ist, der sich auf die Reise begibt, um nach der Wahrheit zu suchen. Von einem Freund mit einem Babygesicht begleitet, flippt er mit den Sadhus im Wald aus, hört Buddah in seiner Höhle zu, vögelt als Silhouette mit einer reichen Kurtisane und macht als Kaufmann viel Geld. Er steigt dann wieder aus und findet die Erleuchtung als Fährmann. Wohl kaum einer wird aus dem Kino gehen ohne Hesses Botschaft begriffen zu haben, daß es keinen sicheren Weg zur Wahrheit gibt, daß suchen heißt, nicht zu finden, und daß „alles auf dem Rad des Lebens wiederkehrt“. Leider ist der Film mit so wenig Imagination gemacht, daß es unmöglich ist, die Bewußtseinsstadien nachzuvollziehen, die unser Star des Bombay-Kinos durchwandelt. Alles wird zu einem weichen, undeutlich symbolischen Spektakel; einer Liebesgeschichte in einer Landschaft, die so kitschig wirkt wie die Illustration auf einer Keksdose.“(Time Out) Atelier

Sieben Jahre in Tibet USA 1997, R: Jean-Jaques Annaud, D: Brad Pitt

„Den Stoff, aus dem die klassischen Monumentalfilme sind, liefert die Autobiographie des österreichischen Bergsteigers Heinrich Harrer: 1943 gelingt ihm die Flucht aus britischer Kriegsgefangenschaft in Nordindien. Er schlägt sich nach Tibet durch. In der für Fremde verbotenen Stadt Lhasa gewinnt er die Freundschaft des jungen Dalai Lama. Während er dem aufgeweckten kleinen „Gottkönig“alles über die Welt jenseits des Himalaya beibringt, färbt die buddhistische Lebens- und Denkweise seiner Gastgeber auf den arroganten Egomanen Harrer ab. Jean-Jaques Annaud läßt den „Mythos Tibet“in prachtvollen Bildern lebendig werden, ohne uns eine süßliche Religionsstunde zuzumuten. Alle Details sind penibel recherchiert, der Dalai Lama selbst stand mit Rat und Tat zur Seite, seine Schwester spielt im Film seine Mutter. Annaud schickte Brad Pitt vor dem Dreh für drei Wochen nch Österreich, nicht nur zum Bergsteigertraining. „Er sollte ein Gefühl dafür bekommen, einen Österreicher zu spielen.“Hat geklappt - selten war der Star so gut wie hier.“(TV-Spielfilm) City

Skin of your Eye Australien 1971-73, R: Arthur u. Corinne Cantrill / Originalfassungen ohne Untertitel

„15 Filmessays über Melbourne und seine Gegenkultur zwischen 1971 und 1973. Menschenmassen, Verkehr, Versammlungen, politische, religiöse und kulturelle Ereignisse, das Fernsehen. Ein Spiel zwischen dem Alltäglichen und dem Besonderen. Jeder einzelne Essay beschäftigt sich aber auch mit einem besonderen formalen Problem des Filmemachens.“(Freunde der deutschen Kinemathek) Kino 46

Spice World - der Film Großbritannien 1997, R: Bob Spiers, D: Spice Girls, Richard E. Grant

„1997 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem die Spice Girls über uns kamen. Selbst wer ihre Musik konsequent mied, traf spätestens im Supermarkt auf die penetranten Gewürzgirlies: In Form von Spice-Girls-Parfüm, Spice-Girls-Puppen, Spice-Girls-Kuchen, Spice-Girls-Chips usw, usw. Jetzt droht auch noch der Film. Im Branchenjargon nennt man das Produktdifferenzierung. Nur schmeckt die vorgeblich scharfe Girl Power so fade wie abgestandene Kartoffelchips: Mehr ein Blondinenwitz im Fünferpack als Revolution in Barbie-World. Ein bißchen Beatles-Klamotte, ein wenig Bond-Ästhetik, mit Seitenhieb auf machtgeile Medienmogule und die Paparazzi-Pest sowie Persiflageszenen auf Hollywoodfilmen wie „Speed“und „Mission Impossible“- das sind die wichtigsten Elemente des dünnen Drehbuchs. Als Appetizer für die kommende Europatournee kann man das lärmende Musikvideo im Spielfilmformat wirklich nur hartgesottenen Spice-Girls-Fans empfehlen.“(taz) UFA-Palast, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Die Spielregel Frankreich 1939, R: Jean Renoir, D: Marcel Dalio, Nora Gregor, Roland Toutain

„La Regle du Jeu“ist das Glaubensbekenntnis der Cineasten, der Film aller Filme, der bei seiner Uraufführung am meisten geschmähte, und danach am höchsten geschätzte, bis er nach seiner dritten Wiederaufführung in der ungekürzten Fassung dann doch auch noch ein kommerzieller Erfolg wurde. In dieser „dramatischen Komödie“drückt Renoir eine große Anzahl von Ideen aus, sowohl konkrete wie auch allgemeine, und im besondern seine große Liebe zu den Frauen. Zusammen mit „Citizen Kane“ist „Die Spielregel“sicher der Film, der die meisten Karrieren von Filmemachern zeugte. Wir schauen uns diesen Film mit einem starken Gefühl der Komplizenschaft an; ich meine damit, statt ein beendetes Produkt anzusehen, das uns übergeben wird, damit wir unsere Neugierde befriedigen können, fühlen wir, daß wir dabei sind, wenn der Film gemacht wird. Wir denken fast, daß wir Renoir dabei sehen können, wie er das Ganze organisiert, während sich der Film vor unseren Augen abspult. Für einen Moment, denken wir bei uns „Ich komme morgen wieder, um zu sehen, ob dann alles genauso ablaufen wird“. Deswegen sind einige der besten Abende des Jahres diejenigen, die man damit zubringt, „Die Spielregel“anzusehen.“(Francois Truffaut) Kino 46

Starship Troopers USA 1997, R: Paul Verhoeven, D: Casper Van Dien, Dina Meyer

„Wer unvorbereitet in diesen Film geht und nicht mehr erwartet als Zoff mit außerirdischen Killerkakerlaken, wird, ziemlich verstört, ein Meisterwerk faschistischer Lichtspielkunst entdecken. Er wird dasitzen und sagen: „Das kann doch nicht - darf doch nicht - ernst gemeint sein.“Verhoeven nahm sich Propagandafilme des zweiten Weltkriegs zum Vorbild und übersetzte stur deren simpel gesticktes Rollenbild. Das Ergebnis, dachte er wohl, müsse zwangsweise groteske Überzeichnung sein, Satire eben, Karikatur. „Starship Troopers“ist eine düstere Zukunftsvision, perfide getarnt durch leuchtend helle Farben. Eine wunderbare Klamotte für aufgeklärte Zuseher. Und hier beginnt das Dilemma. Denn was Kino ist, entscheidet nicht nur die Intention derer, die es gemacht haben. Einigen wird Verhoevens Opus - unfreiwillig - den Eindruck vermitteln, daß Faschismus light okay sein kann. Und das kann nicht okay sein.“(Der Spiegel) City, UT-Kinocenter, Gloria (Del), Waal- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

T

Titanic USA 1997, R: James Cameron, D: Leonardo DiCaprio, Kate Winslet

„Nicht Cameron hat ein Thema gefunden, sondern das Thema ihn. Dem Drehbuchautor und Regisseur kommt es dabei nicht auf Symbole und Metaphern an. Er sucht das private Drama in der Kollision zwischen menschlicher Hybris und der von aller technischen Raffinesse unbeeindruckten Natur. So besitzt dieser Actionfilm durchaus Züge eines Kammerspiels, die den Fluß der Katastrophe immer wieder auf produktive Weise hemmen - im Dienste einer großen, altmodisch erzählten Love-story. Camerons „Titanic“ist eine suggestive Zeitreise, eine Reise auch in eine betonierte Klassengesellschaft. Den Gegensatz zwischen oben und unten, Erster und Dritter Klasse, läßt Cameron ausspielen: maliziöser Snobismus und aufgeräumtes Palaver hier, trunkener Tanz und schwitziges Armdrücken dort. Den Bildern ist keine explosive Kraft, eher eine implodierend Qualität eigen. Hierin liegt die Überraschung des Films - und sein ästhetischer Reiz. Als hätte ihm das Pathos des Themas Ehrfurcht vor der Historie aufgenötigt, läuft Camerons Special-Effect-Maschine wie gedrosselt.“(epd-Film) Europa, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Lichtspielhaus (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

Das Trio Deutschland 1997, R: Hermine Huntgeburth, D: Götz George, Christian Redl, Jeanette Hain

„Sie klauen zusammen und leben zusammen: das alternde Schwulenpärchen Zobel und Karl sowie Zobels Tochter Lizzi. Das skurrile Dreiecksverhältnis gerät aus den Fugen, als Karl stirbt und Lizzi einen jungen Typen als Ersatz anschleppt. Aus der sanften Groteske droht ein Mordsmelodram zu werden, doch Hermine Huntgeburth (“Gefährliche Freundin“) weiß es stets zu verhindern, daß die Gefühle größer als die Figuren werden. Die Schauspieler dürfen über sich hinauswachsen - vor allem George als hemmungslose Schwuchtel und Sherry Hormanns „Cellistin“-Entdeckung Jeanette Hain“. (Focus) City

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Das verlorene Halsband der Taube Tunesien/Frankreich 1991, R: Nacer Khemir, D: Navin Chowdry / Originalfassung mit Untertiteln Viele Figuren, Episoden und Mythen, die an „1001 Nacht“erinnern, hat der tunesische Schriftsteller und Regisseur Nacer Khemir in diesem Film miteinander verknüpft. So wie in der Kaligraphie die Buchstaben genauso wichtig und schön sind wie die Texte, spielen hier diese einzelnen Facetten, Bilder und Farben die eigentliche Hauptrolle. So gleicht der Film eher einem Gedicht als einer Erzählung. Khemir reiht viele poetische Partikel aus der arabischen Märchenwelt aneinander: Geister, weise Meister, Gärten in der Wüste. Visionen von prächtigen Säulengängen in einer düstern Moschee - und dazwischen wandelt der träumerische Schöngeist Hassan aus einem erlesen schönen Drehort in den nächsten. Khemirs Vision von der Blütezeit der arabischen Kultur im Andalusien des 11. Jahrhunderts ist so prächtig, streng und doch verspielt wie die klassischen Kaligraphien, und deshalb ist es nur konsequent, wenn der Film mit solch einer Schönschrift endet. (hip) Kino 46

Y

Young Collection

Kurzfilme, präsentiert vom Bremer Filmbüro Kino 46

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