■ Hinterbank: Bewußtseinswandel selbst bei Konservativen
Es geht um Bewußtseinsbildung. Um einen „deutlichen Bewußtseinswandel“, wie Frauensenatorin Christine Bergmann (SPD) eindringlich einforderte. Zusammen mit Justizsenator Ehrhart Körting (SPD) und Innenstaatssekretär Kuno Böse stellte sie vorgestern erste Ergebnisse des 1995 gestarteten Berliner Interventionsprojekts gegen häusliche Gewalt (BIG) vor. Bei der Arbeit dieses äußerst erfolgreich arbeitenden Projekts geht es vor allem darum, in den verkrusteten Institutionen wie Polizei und Justiz innovative und behördenübergreifende Strategien im Umgang mit häuslicher Gewalt gegen Frauen und Kinder zu entwickeln.
Daß BIG anscheinend erfolgreich gearbeitet hat, kann man daran sehen, daß der geforderte Bewußtseinswandel auch schon in den höchsten Etagen der Innenverwaltung Eingang gefunden hat. Kuno Böse, knallharter Innenpolitiker im Kampf gegen Kriminelle, hat mit Hilfe von BIG wohl einen Schnellkurs in Sachen Patriarchat und Gewalt gegen Frauen mitgemacht. Denn, so sagte er vorgestern mit ernster Stimme, sogar er als Konservativer sei sich bewußt, daß „männliches Dominanzstreben in der Gesellschaft“ immer noch vorherrschend sei. „Das überrascht Sie wohl, meine Damen und Herren“, sagte er, und tatsächlich schaute die Frauensenatorin bei diesen Offenbarungen ganz irriert.
Und Böse machte auch schnell die Opfer aus. Denn als nächstes sagte er: Die Polizei sei von diesem Streben nach Dominanz „hautnah“ betroffen. Weil sie nämlich als erste am Tatort eintreffe und Gewalt gegen Frauen oft als harmlose Ehestreitigkeiten bagatellisiere. Die Frauen, die eigentlichen Opfer, erwähnte Böse nicht.
Mit Fortbildungskursen für die Polizeibasis will Kuno Böse das Bewußtsein zukünftig sensibilisieren. Böse hat aber bei der Präsentation des Interventionsprojekts gezeigt, daß er als Mann schon ein bißchen weiter, als Konservativer hautnah am Geschehen ist. nau
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