piwik no script img

Das PortraitPräsident mit Schutzengelgarde

■ Eduard Schewardnadse

„Ein Ergebnis ganz wie in alten Zeiten“, meinte Eduard Schewardnadse, als ihn die Georgier 1992 mit 90 Prozent der Stimmen zum Vorsitzenden des Parlaments der transkaukasischen Republik wählten. Er war ihr letzter Hoffnungsträger, der die von Bürgerkrieg und separatistischen Tendenzen heimgesuchte Republik in ruhigere Gewässer lenken sollte.

Gegen scharfe Munition scheint der 70jährige gefeit. Seitdem er in die Heimat zurückkehrte, entkam er mehrmals terroristischen Anschlägen. 1995 explodierte vor dem Regierungsgebäude in Tbilissi eine Autobombe, als der Präsident den Vorplatz betrat. Mit Schnittwunden kam er davon. Kurz danach präsentierte ihn das Fernsehen blutüberströmt. Das Szenario wiederholte sich gestern, nachdem 15 Terroristen in der Hauptstadt das Feuer auf die Wagenkolonne des Präsidenten eröffnet hatten. „Das muß Vorsehung sein“, kommentierte Schewardnadse ungläubig.

Im Konflikt um die abtrünnige Republik Abchasien, die Georgien 1993 in einen Krieg stürzte, detonierte ebenfalls eine Bombe in seiner Nähe. Schewardnadse blieb verschont. „Meine schwierigste Aufgabe besteht darin, den demokratischen Aufbau unseres Staates zu vollenden und seine territoriale Ganzheit wiederherzustellen“, sagte Schewardnadse kürzlich. Trotz Anstrengungen ist es ihm in fünf Jahren nicht gelungen, die abchasische Frage zu klären. Solange diese Wunde klafft, kann sich Georgien wirtschaftlich nicht erholen.

Innenpolitisch mußte sich der Pragmatiker gegen Vorwürfe von Nationalisten wehren, die ihm Nachgiebigkeit gegenüber Moskau vorwarfen. Schewardnadse führte Georgien auf Druck Rußlands zurück in die GUS und verlängerte die Stationierungsverträge für russische Militärbasen. Gleichzeitig versucht er, das Land aus dem Zugriff des Kremls zu lösen, ohne die Nachbarn vor den Kopf zu stoßen.

Fingerspitzengefühl erfordert der noch nicht endgültig festgelegte Verlauf einer neuen Pipeline vom Kaspischen zum Schwarzen Meer. Schewardnadse machte sich Hoffnungen, den Zuschlag zu erhalten. Deshalb ranken sich Spekulationen, wer hinter dem jüngsten Anschlag stecken könnte, um diese Frage. Doch mag der Anlaß viel profaner sein. Schewardnadse startete jetzt den x-ten Anlauf, der Korruption im eigenen Haus Herr zu werden. Klaus-Helge Donath

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen