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Die Bremer Kinotaz ... ... alle Filme, alle Termine

A

Amistad USA 1997, R: Steven Spielberg, D: Morgan Freeman, Nigel Hawthorne, Anthony Hopkins

„Sommer 1839. Während einer stürmischen Nacht vor der Küste Kubas befreien sich 53 Afrikaner auf dem Sklavenschiff „La amistad“von ihren Ketten und bringen das Schiff in in ihre Gewalt. Sie wollen zurück nach Afrika. Zum Navigieren sind sie auf zwei Überlebende der Crew angewiesen. Sie werden hereingelegt. Das Schiff wird vor der Küste von Connecticut aufgebracht, die Afrikaner kommen vor Gericht. In einem Land, das die Sklaverei befürwortet, erwartet sie die Todesstrafe. Retten könnte sie nur ein Mann: der ehemalige Präsident John Quincy Adams, der sich für sie einsetzt.“(Bremer) Europa

B

Bastard Deutschland/Polen 1997, R: Maciej Dejczer, D: Til Schweiger, Pete Postlethwaite

„Auf dem Sprung in die internationale Karriere hat Til Schweiger sich erst einmal – gegen alle ökonomische Vernunft, mit aller Risikolust – nicht westwärts Richtung Hollywood gewendet, sondern dem wilden Osten zu: Schweiger spielt die Hauptrolle in dieser polnisch-französisch-deutschen Prestigeunternehmung, deren übrige Protagonisten aus England stammen. Ein gefälliges Europudding-Produkt ist dennoch nicht entstanden, denn der polnische Autor und Regisseur Maciej Dejczer ist ein Visionär mit Kraft und Eigensinn. Sein düsteres Kinostück will an den Umsturz vor acht Jahren in Rumänien erinnern, an die kranken und schrecklich verwahrlosten Kinder in Waisenhäusern, deren Bilder damals um die Welt gingen: Der „Bastard“ist ein junger Krimineller, der zwecks Resozialisierung als Helfer in ein solches Horror-Heim kommandiert wird. Dejczers Film erweist sich, was die Konstruktion der verbrecherischen Intrigen angeht, als reichlich konfus, aber couragiert und im Atmosphärischen suggestiv. Schweiger behauptet sich eindrücklich und muß nun hoffen, daß seine Fans auch etwas von seiner Risikolust honorieren.“(Der Spiegel) City

Benjamin Blümchen Deutschland 1997, R: Karl Blatz

Bekannt wurde der sprechende Elefant Benjamin Blümchen und die kleine Hexe Bibi Blocksberg durch Hörspielcasetten und Videos für Kinder. Jetzt wieder kurz im Kino Atlantis

Besser geht's nicht USA 1997, R: James L. Brooks, D: Jack Nicholson, Helen Hunt

„Leute, die Metaphern benutzen, können mir den Schritt schamponieren“- O ja, Melvin Udall (Jack Nicholson) ist ein wahres Herzchen! Das läßt er Leute spüren, die auf seinem angestammten Platz im Restaurant sitzen, ihn fragen, wie's ihm geht oder einfach nur im Weg sind. Drei „Golden Globe“-Auszeichnungen (für Nicholson, Hunt und die Beste Komödie) lassen erahnen, wie gut diese hundsgemeine, herzerweichende Liebesgeschichte ist. Absolutes Highlight bleibt aber Jack Nicholson als „Rain Man“mit mieser Laune, zweifellos eine dankbare Rolle, die ihm perfekt paßt. Eigentlich ist dem Titel nichts hinzuzufügen: Besser geht's nicht!“(TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Wall- & Ziegelhofkinos

Bonnie und Clyde USA 1967, R: Arthur Penn, D: Warren Beatty, Faye Dunaway

„Mitreißendes Action-Road-Movie um ein junges Bankräuberpaar, das den Mittelwesten der USA in den Dreißigern unsicher macht. Es genoß die Sympathie der armen Landbevölkerung, die bei den Banken hoch verschuldet war.“(Bremer) Kino 46

The Boxer Irland 1997, R: Jim Sheridan, D: Daniel Day-Lewis, Emily Watson, Gerard McSorley, Brian Cox

„Wenn die Menschen nur halb soviel Energie in den Frieden wie in den Krieg investieren würden, dann könnten sie es vielleicht schaffen!“Der Ire Jim Sheridan weiß, wovon er spricht. Immerhin ist er für einige der wichtigsten Filme über Irland und den dort tobenden blutigen Kampf verantwortlich („Im Namen des Vaters“, „Some Mothers's Sons“). Sein kraftvolles und großartig gespieltes Politdrama „The Boxer“erzählt vor dem Hintergrund neuer Friedensgespräche von der Liebe zweier Unschuldiger. Danny Flynn kehrt nach 14 Jahren Haft als IRA-Kämpfer in seine Heimat Belfast zurück. Nie hat er jemanden verraten, doch vom IRA-Aktivismus will er nichts mehr wissen. Danny eröffnet eine Boxschule, die Protestanten und Katholiken einen soll. Gleich nebenan lebt Maggie, Dannys Jugendliebe und Tochter des IRA-Verhandlungsführers, der die Friedensgespräche voranbringen will. Doch er hat Gegner im Lager. Frustrierend ist es, die Sinnlosigkeit zu erkennen. Sobald ein kleiner Schritt getan ist, jagt eine weitere Bombe alle Hoffnungen in die Luft. Und doch ist dies ein Film der Mut macht – und Wut!“(TV-Spielfilm) City, Cinema

Brassed Off – Mit Pauken und Trompeten Großbritannien 1997, R: Mark Herman, D: Pete Postlewaite, Evan McGregor, Tara Fitzgerald

„Wer will schon einen Film über das Wohl und Wehe einer Blaskapelle sehen? Allein all die unvermeidliche Humptata-Musik müßte eigentlich jeden halbwegs geschmackssicheren Kinogänger abschrecken. Dazu noch als deprimierenden Hintergrund die Schließung eines Kohlen-Berwerks im britischen Yorkshire. Umso überraschender ist es, wenn nach dem Film ein großer Teil des Publikums leise Märsche vor sich her pfeift, andere sich die Augen wischen, und alle sich prächtig amüsiert haben. Hermann bringt uns die Bandmitglieder und ihre Familien als eine verschworene Gemeinschaft von skurillen Charakteren nahe, und mit perfekt gesetzten Pointen gelingt es ihm, eine feine Balance zwischen Gefühl und Humor zu halten. Uns berühren die Zukunftsängste und Ohnmachtsgefühle der Bergarbeiter, und doch lachen wir im nächsten Moment aus vollem Halse.“(hip) Gondel

Broken Silence Schweiz 1995, R: Wolfgang Panzer, D: Martin Huber, Ameenah Kaplan

„Der Regisseur Wolfgang Panzer schickt einen Kartäusermönch aus seinem schweizer Kloster in die weite Welt hinaus und läßt ihn zusammen mit einer afroamerikanischen Globetrotterin mit Taxi, Bus, Bahn und Schiff durch Indien und Indonesien reisen. Ohne festes Drehbuch fuhren die beiden Schauspieler mit einem kleinen Filmteam die Reiseroute des Films entlang und zusammen entwickelten sie die einzelnen Szenen, je nach den Gegebenheiten und ihren Entdeckungen an den einzelen Drehorten. Alle wirklich guten Road-Movies haben solch einen dokumentarischen Kern: Die Reise wird uns nicht nur vorgespielt, sondern die Schauspieler haben wirklich in den engen Bussen gesessen, haben sich den Mund am scharfen indischen Essen verbrannt und wußten nicht, in welchem Bett sie am Abend schlafen würden. Und Panzer ist es gelungen, die Einsichten in das Seelenleben des weltfremden Mönches und der weltläufigen jungen Frau ebenso authentisch und aufregend auf die Leinwand zu bringen wie die javanesischen Vulkanlandschaften und die indischen Flußfahrten.“(hip) Cinema

C

Der Campus Deutschland 1997, R: Sönke Wortmann, D: Heiner Lauterbach, Axel Milberg, Barbara Rudnik

„Professor Dietrich Schwanitz wird zufrieden sein. Seinen Roman über die verkommenen Zustände an deutschen Universitäten – statt Lehre, Bildung und Wissenschaft herrschen Karrieregeilheit und Radikal-Feminismus – verfilmte Sönke Wortmann recht brav und bieder, wie einen bunten Werbeclip für den Studentennachwuchs – ganz im Sinne des Buchs.“(Der Spiegel) UFA-Palast, UT-Kino, Casablanca (Ol)

Comedian Harmonists Deutschland 1997, R: Joseph Vilsmaier, D: Ben Becker, Ulrich Noetken, Kai Wiesinger

Diese posthume Erfolgsgeschichte mußte natürlich auf der großen Leinwand enden, und der große Gefühlsbademeister Vilsmaier ist wohl auch der richtige Mann dafür. Und im großen und ganzen hat Vilsmaier auch alles richtig gemacht: Die Ausstattung ist prächtig, und das Grundübel aller Biopics löste er mit dem gängigen Trick: Wenn zu wenig passiert, kommt eine Liebesgeschichte immer gut. Vilsmaier will großes Gefühlskino, und so freuen wir uns mit den netten Jungs, wenn sie nach soviel Probenarbeit endlich den verdienten Erfolg haben, und wenn die Nazis sie dann mit ihren Rassegesetzen auseinanderzwingen, sind wir angemessen empört. Dabei hat er natürlich geglättet: Die böse Pointe, daß die arischen Bandmitglieder ihre jüdischen Partner nach deren Emigration in die USA wegen Verdienstausfalls verklagten, verschweigt er uns, um damit nicht den rührenden Abschied am Bahnhof zu verderben, bei dem die schöne junge Frau sich dann doch noch für das richtige Bandmitglied entscheidet. Nur die Diskrepanz zwischen dem eher schwerfälligen Film und der leichtfüßigen Musik der Comedian Harmonists irritiert etwas: dies ist der kleine grüne Kaktus in Cinemascope. (hip) Schauburg, City, Casablanca (Ol), Passage (Del)

Cop Land USA 1997, R: James Mangold, D: Sylvester Stallone, Robert De Niro, Harvey Keitel

„Cop Land“erinnert in vielem an „High Noon“. Auch hier muß sich ein Individuum gegen den ganzen Ort stellen, und der Fall wird dadurch noch komplizierter, daß in Stallones Revier fast jeder Einwohner entweder selber ein Cop im nahegelegenen New York ist, oder zumindest mit einem verwandt. Mangold hat eher unspektakulär und in der US-Tradition der Schauspielerfilme inszeniert. Und zu aller Überraschung gelingt es Stallone, seinen Anti-Helden so intensiv und uneitel zu spielen, daß er Harvey Keitel und Robert De Niro nicht nur eine, sondern alle Szenen stielt. Dazu hat er sich, wie einst De Niro in „Raging Bull“, eine beachtliche Wampe angefressen, sodaß „Cop Land“inzwischen unter dem inoffiziellen Titel „Fat Man Walking“läuft. (hip) Filmstudio, Ufa-Stern

D

Dizzy, lieber Dizzy Deutschland 1996, R: Steffi Kammermeier, D: Antonia Reß, Max Riedel

„Die junge Mimmi kämpft, zusammen mit der schrulligen Sippe, gegen einen Kosmetikfabrikanten, der liebe Tiere in bösen Versuchslaboren quält. Dieser Kinderfilm, gutgemeint doch schlecht gemacht, bleibt in dere Figurenzeichnung flach und unergiebig.“(tip) Gondel

Dornröschen BRD 1955, R: Fritz Genschow, D: Karin Hardt, Fritz Genschow, Gert Reinholm u.a.

„Verfilmung des Volksmärchens der Gebrüder Grimm von der verwunschenen Prinzessin, die nach hundertjährigem Schlaf durch den Heldenmut eines Prinzen wieder zum Leben erwacht. In schönen pastellfarbigen Bildern erzählt. Die Handlung zeigt sich durch spaßige Randfiguren und Balletteinlagen der überlieferten Vorlage nur der Grundidee verpflichtet.“(Lexikon d. internat. Films) Ufa-Palast

E

Der Eissturm USA 1997, R: Ang Lee, D: Kevin Kline, Sigourney Weaver

Vom ersten Bild eines von Eiszapfen starrenden Vorortszuges an ist das Eis die übermächtige Metapher für diese erstarrte Gesellschaft. In den etwas feineren Vororten von New Canaan, Conneticut scheinen 1973 die Kinder reifer zu sein als ihre Eltern. Präsident Nixon, die Vaterfigur der Nation, wurde gerade des Lügens überführt, und die Erwachsenen probieren solche neumodischen Verhaltensweisen wie Partnertausch oder Ladendiebstahl aus. Der Film wirkt manchmal geradezu besessen von Zeit und Raum, selbst auf Kosten des Erzählflusses. Man bekommt eher kleine Einblicke in das Leben zweier Mittelklassefamilien als eine genau definierte Geschichte. Dafür ist die Ausstattung perfekt abgestimmt mit viel Polyester, potthäßlichen Frisuren, Wasserbetten und Cordanzügen. Auf den ersten Blick wirkt „Der Eissturm“grau und abweisend, aber Lee bewahrt auch hier seinen freundlich-ironischen Touch, der den ewigen Winter des Films erträglich macht. (hip) Atelier

An Evening with portishead USA 1997, R: Dick Carruthers

„Konzertmitschnitt des Trip Hop Duos Portishead. Die Band trat im New Yorker Roseland Ballroom mit großem Streicher- und Bläserorchester auf und spielte neue Songs wie „All Mine“and „Only You“sowie alte Tracks wie „Glory Box“und „Sour Times“(Bremer) Kino 46

F

Free Willy 3 USA 1997, R: Sam Pillbury, D: Jason James Richter, August Schellenberg

„Mittlerweile zum drittenmal ist Riesensäuger Willy der beste Freund des Menschen. Keine Freunde machen sich hingegen all die Kids, die ihre Eltern dafür mit ins Kino schleppen.“(TV-Spielfilm) UFA-Palast, UT-Kino

Das fünfte Element Frankreich 1997, R: Luc Besson, D: Bruce Willis, Gary Oldman, Ian Holm

„Wie das absolut Böse aussieht, wissen wir nicht. Nur einmal können wir seine Stimme hören. Jedenfalls bedroht es als riesige Feuerkugel die Erde. Das Böse hat einen fiesen Handlanger auf Erden, dem sein Hitlerbärtchen an der Unterlippe klebt. Die guten sind ein New Yorker Taxifahrer und das fünfte Element – eine Frau. Die Außerirdischen in diesem Film sind das Rührendste, was seit E.T. auf der Leinwand zu sehen war. Bessons Film ist ein Märchen, einem Indiana-Jones-Film ähnlicher als Tim Burtons zynischem „Mars Attacks“. Selbst Bruce Willis macht hier eine gute Figur.“(taz) Gondel, Atelier

G

Ganz oder Gar nicht Großbritannien 1997, R: Peter Cattaneo, D: Robert Carlyle, Tom Wilkinson, Mark Addy

„Weil nackt zu tanzen immer noch besser ist als arbeitslos rumhängen, gründen sechs schmalbrüstige, unmusikalische und dickbäuchige Männer eine Stripteasetruppe. Nur britisches Kino schafft es, Themen wie den Niedergang der Stahlindustrie mit Familienvätern in roten Latex-Tangas zusammenzubringen – spöttisch, komisch und sentimental.“(Der Spiegel) Ufa-Stern, UT-Kinocenter, Solitaire (Westerstede)

Der Gejagte USA 1997, R: Paul Schrader, D: Nick Nolte, Sizzy Spacek, James Coburn

„Ein Paul Schrader-Film kann nicht gut ausgehen. Kaputtmachen, was einen kaputt macht, bleibt am Ende die einzige Lösung für seine Helden. Angesiedelt in der fiktiven Kleinstadt Lawford in Neu-England, die während der gesamten Dauer des Filmes unter einer dichten Schneedecke gleichsam begraben scheint, erzählt er die Geschichte des Dorfpolizisten Wade Whitehouse und seines verkorksten Lebens. Das Fremdwerden geläufigster Lebens- und Umgangsformen treibt Schrader systematisch voran: Begleitet von stetig ärger werdenden Zahnschmerzen und regelmäßigem Alkoholkonsum, kann Wade nicht einmal den Straßenverkehr für Schulkinder regeln, ohne in einen ihn existentiell beschäftigenden Konflikt mit einem Falschfahrer zu geraten. Der alternde Nick Nolte gibt der Figur des Wade jene Täppigkeit, wie sie Männern eigen ist, die so lange nicht wußten, wohin mit der natürlichen Kraft ihres Körpers, bis sie sich von außen nach innen verkantet hat. Daß Wade seine Kraft bereits vor Einsetzen der Filmhandlung verloren hat, nimmt dem „Gejagten“jene verzweifelt-manische Wucht, die Schraders Werk oft durchzieht.“(epd-film) Atlantis

George – der aus dem Dschungel kam USA 1997, R: Sam Weisman, D: Brendan Fraser, Leslie Mann, Richard Roundtree

„Auf wenig Anspruch, aber viel Albernheit setzt Regisseur Sam Weismann in seiner Klamotte, die auf der Cartoonserie „George of the Jungle“basiert, die in den 60er Jahren Tarzan zum Depp machte. Deren running gag bestand darin, daß sich der Affenmensch mit jeder Liane an den nächstbesten Baum schwang und den Abdruck seiner Körperkonturen in der Rinde hinterließ. Auch Brendan Fraser läßt in der Spielfilmversion keinen Stamm aus. Die Story ist dabei schnuppe: Was zählt, ist Situationskomik, und vor der gibt es viel, wenn sich George erst mit den Tücken des Urwalds und dann mit denen der Zivilisation herumplagt. Wenn Fraser als treudoofer Trottel vom Dienst im Lendenschurz mit seinem Haustier (einem computeranimierten Elefanten, der wie ein Hund bellt und mit dem Schwanz wedelt) durch die Gegend tapst, ist der Spaß gebongt.“(Bremer) UT-Kinocenter, UFA-Stern, Passage (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Good Will Hunting USA 1997, R: Gus van Sant, D: Matt Damon, Robin Williams

„Der junge Will Hunting jobbt als Putzhilfe an der Uni. Nachts löst er dort nebenbei die schwierigsten Mathematik-Aufgaben, die auf der Tafel noch übriggeblieben sind. Professor Lambeau erkennt das Genie, das in dem Jungen steckt. Doch der wilde Will aus der Vorstadt prügelt sich lieber mit seinen Arbeiter-Kumpels. Des Lehrers letzte Hoffnung ist sein einstiger College-Kollege Sean McGuire, ein Psychiater-Freak. Zwischen dem traumatischen Teenie und dem schrägen Therapeuten entwickelt sich ganz langsam eine Vater-Sohn Freundschaft. Die Geschichte riecht nach Schmalz und Tränendrüsendrücker. Daraus hätte Hollywood eine Seifenoper vom verstörten Genie gedreht. Doch ein Gus van Sant (“Drugstore Cowboy“, „My Private Idaho“) kennt bekanntlich keinen Kitsch. Wichtiger als die Geschichte sind ihm seine Figuren. Mit Matt Damon und Robin Williams hat er zwei charismatische Schauspieler gefunden, die sich bei ihren Streitereien zu atemberaubenden Höchstleistungen aufstacheln.“(Bremer) Schauburg, Casablanca (Ol)

H

Hana – Bi Japan 1997, R: Takeshi Kitano, D: Takeshi (Beat) Kitano, Kayoko Kishimoto

„Hana – Bi“(Feuerblume) scheint auf den ersten Blick eine typische Genre-Produktion mit Polizisten, Yakusa, Schießereien und Verfolgungen zu sein. Aber auf eine zuerst irritierende, und dann immer stärker faszinierende Weise inszeniert der Regisseur gegen die Erwartungen. Langsam rückt dabei das Verhältnis des von Kitano selbst gespielten Detektivs Nishi zu seiner an einer tödlichen Krankheit leidenden Frau in den Mittelpunkt. Mal scheint ein tödlicher Schuß ewig zu dauern, mal bewegen sich die Akteure so artifiziell und statisch wie im Kabuki-Theater, dann wird das Verhältnis des Detektivs zu seiner Frau wieder zärtlich, komisch durch Altagssituationen beschrieben. Am meisten erinnert dieser cool- meditative Stil noch an die Zen-Thriller des französischen Filmemachers Jean-Pierre Melville - wie etwa „Le Samourai“. Die feine Ironie besteht nun darin, daß „Hana-Bi“wie die Rückkehr von dessen existenzialistischen Schwertkämpfer nach Japan wirkt.“(hip) Cinema

Hercules USA 1997, R: Ron Clemens

„Dies ist nach dem eher ernsthaften „Glöckner von Notre Dame“eine Rückkehr zum süßlich-komischen Stil von „Die Kleine Meerjungfrau“und „Aladin“. Es ist natürlich völlig anders als alles, woran wir uns aus der antiken Heldensage erinnern: Sehr amerikanisch, laut und vulgär, aber halt auch ein großer Spaß. Zeus, der in der griechischen Mythologie ja eher ein Serien-Vergewaltiger war, wird uns hier etwa als liebender Familienvater vorgeführt, und das Happy End läßt „Herc“, wie er genannt wird, mit seiner Freundin Megara glücklich werden, während wir doch in der Schule gelernt haben, daß er wahnsinnig wurde und Megara sowie alle seine Kinder umbrachte. Aber sowas geht bei Disney nun wirklich nicht. Die ganze Sache hat mehr mit Hollywood-Genres als mit der griechischen Mythologie zu tun: So gibt es wie in „Rocky“einen Trainer, der Herkules zu einem Boxchampion trimmt, oder Megara umgarnt „Herc“mit ihrer Perlenkette wie einst Barabara Stanwyck den Henry Fonda in „The Lady Eve“.“(Christopher Tookey) UT-Kinocenter

Die Hochzeit meines besten Freundes USA 1997, R: P.J. Hogan, D: Julia Roberts, Dermont Mulroney, Cameron Diaz, Rupert Everett

„Dies ist ein äußerst komischer Film, der von vielen Kritikern in den USA und England völlig falsch verstanden wurde. Wie die meisten meiner Kollegen habe auch ich mich in den letzten Jahren über Julia Roberts mokiert, aber hier gibt sie ein brilliante Leistung als komische Schauspielerin. Dies ist eine „screwball comedy“, und bei den Versuchen, auf fürchterlichen und irrsinnigen Umwegen ihre große Liebe zu erobern, stellt sich Julia Roberts auch nicht absurder an als Cary Grant in „His Girl Friday“auf der Jagd nach Rossalind Russel. Es scheint nur viele zu stören, daß diesmal ausnahmsweise mal die Frau die aktive Rolle spielt. Ein anderer Grund für die Mißverständnisse ist, daß der Film wie eine konventionelle Komödie beginnt, aber am Ende in eine ganz andere Richtung läuft. Aber man merkt schnell, daß Julia Roberts mit ihrem schwulen Freund Rupert Everett viel mehr Spaß hat als in einer Ehe mit einem Bettvorleger wie Dermot Mulroney. Das Publikum kommt viel schneller dahinter als einige meiner Kollegen, und so mäkeln sie an dem unorthodoxen Happy-end herum.“(Christopher Tookey) UFA-Stern, UT-Kinocenter

I

Im Auftrag des Teufels USA 1997, R: Taylor Hackford, D: Keanu Reeves, Al Pacino

„Wie ehedem Tom Cruise als Anwalt in „Die Firma“bekommt der junge Strafverteidiger Keanu Reeves ein Angebot, das er kaum ausschlagen kann. Der charismatische Al Pacino lockt ihn in seine New Yorker Kanzlei. Doch dieser scheint mit dem Teufel im Bunde zu sein. Regisseur Hackford und Drehbuchautor Tony Gilroy haben tief in den Fundus der Kulturgeschichte gegriffen, um ein Bild von der Faszination des Bösen in unsere heutigen Welt zu schaffen - Goethes „Faust“, „Rosemaries Baby“, sogar Darth Vader läßt sich entziffern. Großartige Bilder und Darsteller, inklusive eines völlig entfesselten Al Pacino, unterstützen eine Story, die den Zuschauer auf geradezu teuflisch geniale Weise an der Nase herumführt.“(TV-Spielfilm) UFA-Palast

In & Out USA 1997, R: Frank Oz, D: Kevin Kline, Tom Selleck, Joan Cussack, Matt Dillon

"Der propere Gymnasiallehrer Howard (Kevin Kline) sitzt eines Abends mit seiner Dauerverlobten Emily (wunderbar: Joan Cussack) vor dem Fernseher und muß erleben, wie ein ehemaliger Schüler den Oscar erhält - und Howard öffentlich als Vorbild-Homo preist. Den überrascht das selbst am allermeisten. Daß er schwul ist, davon will er partout nichts wissen. Den Wirbel, der nach der Offenbarung ausbricht, spickt der Film reichlich mit Gags, Seufzern und Seelenbalsam: ein schmissige Fabel über Homos und Heteros, Kleinstadtklatsch und unwiderstehliche Disko-Rhythmen. „In & Out“ist Frank Capra in Rosarot.“(Der Spiegel) UFA-Palast, UT-Kinocenter, Passage (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

J

Jenseits der Stille Deutschland 1996, R: Caroline Link, D: Howie Seago, Emmanuelle Laborit

„Caroline Link zeigt, daß mit dem deutschen Kino auch dann noch zu rechnen ist, wenn ihm das Lachen vergangen ist: Eine Tochter gehörloser Eltern wird ausgerechnet Musikerin. Die Eltern begreifen nicht, daß sie sich mit ihrer Klarinette jenseits der Sprache ausdrücken kann – genauso wie diese mit ihren Gebärden. Mit „Jenseits der Stille“ist der jungen Regisseurin ein wunderbar musikalischer Film aus der Welt der Taubstummen gelungen.“(Der Spiegel) Cinema, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

L

Lebe lieber ungewöhnlich Großbritannien 1997, R: Danny Boyle, D: Ewan McGregor, Cameron Diaz, Holly Hunter

„Es gibt einige Momente in „Lebe lieber ungewöhnlich“, bei denen es möglich wird, die sexy, surrealistische Komödie zu erkennen, die Regisseur Danny Boyle und Drehbuchautor John Hodge wohl gerne gemacht hätten. Aber mit schlechtem timing, unzusammenhängend und uneben, ist dieser so ambitionierte Film nur faszinierend im Umfang seines Scheiterns. Mit dem Abschied von den makaberen Späßen ihrer ersten beiden Filme „Kleine Morde unter Freunden“und „Trainspotting“versuchten die beiden, ihren modischen, subversiven Pop-Stil in ein neues Genre zu verpflanzen: die Screwball-Romanze als Comic. Aber die fundamentaleren Probleme liegen im schwachen Drehbuch. Während die Komödien der 30er Jahre Sex in brilliante Hänseleien sublimierten, poltern die Dialoge von Hodge schwerfällig herum, um dann mit schwachen Gags über Menschen niederzukommen, denen die Partner mit ihren Aerobic-Trainern durchbrennen.“(Sight and Sound) Schauburg, Ufa-Stern, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Das Leben ist ein Spiel (Rien ne va plus)Frankreich/Schweiz 1997, R: Claude Chabrol, D: Michel Serrault, Isabelle Huppert, Francois Cluzet

„Rien ne va plus? Von wegen, bei Claude Chabrol geht immer mehr. Auch in seinem 50. Film zeigt der mittlerweile 67jährige Klassiker des französischen Kinos, daß er wie eh und je zu den Meistern seines Fachs zählt. Nach selbst verfaßtem Drehbuch schickt er zwei seiner Lieblingsschauspieler in ein krimikomödiantisches Fondue für Feinschmecker. Isabelle Huppert und Michel Serrault bilden das erfolgreiche Gauner-Gespann Betty und Victor, das sich mit raffinierten Trickbetrügereien das eigene Portemonaie füllt. Mit pointierten Dialogen, dreisten Wendungen und sogar einer schweißtreibenden Folterszenen zu Opernmusik würzt der Oldie but Goldie sein skurriles Jubiläumswerk um ein schrulliges Betrügerpaar, das sich in seinen Bluffs verheddert und erfahren muß, daß eine Stricknadel auch ins Auge gehen kann. Aber so ist er, unser Chabrol: Immer ein wenig durchtrieben.“(Bremer) Gondel

M

Mad City USA 1997, R: Constantin Costa-Gavras, D: John Travolta, Dustin Hoffman, Mia Kirshner, Alan Alda, William Atherton

„Arbeitslosigkeit ist ein Fluch. Eine einzige Entlassung kann, wie dieser Film drastisch klarmacht, zu einer Tragödie führen: Ein Museumswärter in einer US-Kleinstadt dreht durch, als man ihm kündigt, und ein TV-Reporter (Dustin Hoffman), der aus dem armen Kerl (John Travolta) einen Prime-time-Heuler machen will, hetzt ihn vollends ins Verhängnis. Das Rührstück mit dem unerklärlichen Titel ist ein Muß für alle, die Travolta schon immer in der Rolle eines Schwachkopfs sehen wollten, für den Rest der Welt jedoch ein Härtetest.“(Spiegel) UT-Kinocenter, Muwi (OL), Passage (Del)

Marius und Jeanette Frankreich 1997, R: Robert Guediguians, D: Ariane Ascaride, Gerard Meylan

„Es war einmal eine alleinerziehende Kassiererin, die stahl zwei Eimer Farbe in einer verlassenen Zementfabrik. Als sie dabei vom hinkenden Aufseher erwischt wurde, verliebte sich dieser in die arme Frau. Der Film, in seiner Heimat zum Publikumsliebling avanciert, verbindet die leichtfüßige Love-story mit schmachtender Sozialkritik. Bisweilen schrammt die plakative Botschaft dabei hart am Ploitkitsch vorbei. Sehr viel gelungener dagegen die Konstellation der Figuren: liebenswerte Leutchen, fast wie im richtigen Leben. Mit dem kleinen, märchenhaften Unterschied, daß die Helden hier unverwüstlicher sind und mit List und Heiterkeit den Tücken ihres grauen Alltags optimistisch entgegentreten: der undiskrete Charme des Proletariats.“(Bremer) Cinema

Der Morgen stirbt nie Großbritannien 1997, R: Roger Spottiswoode, D: Pierce Brosnan, Jonathan Pryce, Michelle Yeoh

Der Witz bei den Bond Filmen besteht darin, daß die immer gleichen Zutaten einerseits genau wie in den Vorgängern und dann doch anders, frischer, gewagter serviert werden müssen. Dieser beginnt mit einer Enttäuschung: Es gab noch nie solch einen schlechten Titelsong wie den von Sheryl Crow gewimmerten. Aber dafür sind die Autojagd, die waffentechnischen Spielereien und das Finale, bei dem Bond wieder in letzter Sekunde den Weltkrieg verhindern muß, hier so rasant und pfiffig inszeniert, wie schon lang nicht mehr. Sogar aus der ständigen Produkt-Werbung vom BMW konnte Regisseur Spottiswoode Kapital schlagen, und so fahren sich die Bösewichter in ihrem Mercedes ausgerechnet in ausgestreuten Daimler-Sternen die Reifen kaputt. Pierce Brosnan ist bei seinem zweiten Auftritt als 007 schon fast so ironisch, souverän und sexy wie einst der Ur-Bond Connery, und durch die Idee, aus dem Supergangster einen Medienmogul mit einem Satellitenimperium zu machen, bekommt „Der Morgen stirbt nie“gerade soviel aktuelle Relevanz, daß man fast vergißt, wie anachronistisch die Filmserie eigentlich ist. Da ein großer Teil des Films in Hamburg spielt, bekommt man in der Originalfassung als Bonus auch noch einen in fürchterlichem Deutsch radebrechenden Bond zu hören. (hip)

UFA-Stern

Murder And Murder USA 1996, R: Yvonne Rainer, D: Joanne Merlin, Kathleen Chalfant

„Der Film über lesbische Liebe im Alter mischt Stilmittel des Slapstick, der Soap Opera und der schwarzen Komödie. Mildred ist eine in der Frauenforschung tätige Professorin, Doris, die nicht studiert hat und immer ohne festen Job war, hat ihre Tochter allein großgezogen. Die beiden sind über fünfzig und wollen zusammen leben.“(Bremer) Kino 46

Mutters Courage Deutschland/Großbritannien 1995, R: Michael Verhoeven, D: George Tabori, Pauline Collins

„Wenn dieser Regisseur nur nicht soviel Angst vor Mutters Courage hätte, die die Courage und die Rettung einer Einzelnen ist. Ganz alleine steht Pauline Collins als Elsa Tabori 1944 in Budapest auf dem Bahnhof. Und dann läßt Verhoeven sie mit ihrem Judenstern über den heutigen Kurfürstendamm laufen - antifa-vollkompatibel und pädagogisch wertvoll, und den bayrischen Filmpreis hat es auch schon eingebracht.“(taz) Atlantis

N

Nacht und Nebel Frankreich 1955, R: Alain Resnais

„Nacht und Nebel“ist eine künstlerisch gestaltete französische Film-Produktion über die Konzentrationslager des nationalsozialistischen Regimes, die Bilder aus unterschiedlichen Phasen und Lagern zu einer Gesamtschau der Verfolgung und Vernichtung zusammenstellt und in die Frage nach der Schuld für vergangenes Geschehen und die Verantwortung für Gegenwart und Zukunft einmündet.“(Niedersächsische Landeszentrale für polit. Bildung) Kino 46

Nils Holgersons wundersame Reise Schweden 1962, R: Kenne Fant

Auf einem kleinen Bauernhof in Västra Vemmenhög lebt der Junge Nils Holgersson, ein richtiger Taugenichts der eines Tages von einem Wichtelmännchen in einen Däumling verwandelt wird und auf einmal die Sprache der Tiere verstehen kann. Auf dem Rücken der Gans Martin reist er gemeinsam mit den Wildgänsen gehn Norden und muß dabei allerlei Gefahren und Abenteuer bestehen. Kino 46

None But The Lonley Heart USA 1944, R: Clifford Odets, D: Cary Grant, Ethel Barrymore

„Ernie ist ein übler, verrufener Bursche, dessen billige, dreiste Arroganz eine im Grunde poetische Seele maskiert. Doch seiner Mutter ist er echt zugetan. Diese Zuneigung verleitet ihn zum Verbrechen.“(Mix) Kino 46

O

Out Of The Past USA 1947, R: Jaques Tourneur, D: Daniel Mainwarring

Ein Klassiker des amerikanischen Film noir – und ein Kultfilm. Der Privatdedektiv Jeff Malcolm (der im letzten Jahr verstorbene Robert Mitchum) und sein Kompagnon erhalten den Auftrag, eine zwielichte Dame ausfindig zu machen, und geraten in schmutzige Spiele. „Die Geschichte endet so düster wie wenige der schwarzen Gangsterfilme der vierziger Jahre“(Rheinische Post)

Kino 46

P

Pippi Langstrumpf Schweden/Deutschland 1997, R: Clive Smith

„Ich hab ein Haus, ein Äffchen und ein Pferd...“Wer jetzt noch nicht mitsummt, sollte sich vielleicht ernsthaft fragen, wie und womit er seine Kindheit verbracht hat. Obwohl: eine moderne Zeichentrickversion „unsere“Pippi? Da halten wir's doch lieber mit dem „Highländer“: Es kann nur eine(n) geben!“(TV-Spiefilm) City, Schauburg, Wall- & Ziegelhofkinos (Ol)

Postman USA 1997, R: Kevin Costner, D: Kevin Costner, Olivia Williams, Wil Patton

„Postman, zu deutsch der „Briefträger“ist anno 2013 durch einen postapokalyptischen Wilden Westen als Hoffnungsträger unterwegs: Elektrisches Licht funktioniert zwar erstaunlicherweise auch nach dem Atomkrieg noch, doch in den Dörfchen der Überlebenden herrschen Mutlosigkeit und Angst vor einem Räuberhäuptling namens Bethlehem. Da bewirkt der Briefträger auch als Samenspender Ermunterung. Doch dann muß er mit der schwangeren Braut vor dem Wüterich Bethlehem fliehen wie die Heilige Familie höchstselbst. Das Messiasmädchen aber, das am Ende auf die Welt kommt, bekommt den Namen „Hoffnung“. Halleluja! Kevin Costner, der früher mit dem Wolf tanzte, ist nun nach „Waterworld“abermals als missionarischer Menschheitsretter im Einsatz, diesmal auch dreieiniger Star-Regisseur-Produzent, und er bewährt sich über drei Kinostunden als Breitwand-Landschafts-Pathetiker, dem unentwegt ein 100-Mann-Symphonieorchester beisteht, um sein patriotisches Credo hochzujubeln. Fazit: Es gibt auch Filme, die vor lauter Eitelkeit nicht laufen können.“(Der Spiegel) UFA-Stern

S

Die Salzmänner von Tibet Deutschland 1997, R: Ulrike Koch

„Wo die Luft fast zu dünn ist zum Atmen, können nur Yaks durchatmen und jene Menschen, die mit der Atemtechnik der Buddhisten vertraut sind. Die Drokpas zum Beispiel, Hirten-Nomaden im nördlichen Tibet, die sich über Generationen an das unwirtliche Klima im Himalaya-Hochland anpassen konnten. Ulrike Koch hat es unternommen, ihre Tradition zu dokumentieren, bevor die moderne Zivilisation dem Nomadenvolk die natürlichen Ressourcen streitig macht. Dabei ging es der Filmemacherin vor allem um die „Salzmänner“, jene ausgewählte Schar, die Jahr für Jahr im Frühling zu den Salzseen aufbricht, um dort das „weiße Gold“zu schürfen. Wer sich dieser Identität nähern will, muß sich vor allem auf den ungewohnten Rhythmus des Dokumentarfilms einlassen: Achtsam, doch ohne Aufhebens folgt er dem Wind, macht den Zuschauer erst kribbelig, bevor sich dieser der fremden Raum- und Zeitdimension ergibt und die gleichmütige Ruhe genießen kann.“(epd-film) Cinema

Siddhartha USA 1972, R: Conrad Rooks, D: Shashi Kapoor, Simi Garewal

„Ein glitzernder, spielfilmlanger Werbespot, dessen Ursprung Hesses Roman über den schönen Brahmanen ist, der sich auf die Reise begibt, um nach der Wahrheit zu suchen. Von einem Freund mit einem Babygesicht begleitet, flippt er mit den Sadhus im Wald aus, hört Buddah in seiner Höhle zu, vögelt als Silhouette mit einer reichen Kurtisane und macht als Kaufmann viel Geld. Er steigt dann wieder aus und findet die Erleuchtung als Fährmann. Wohl kaum einer wird aus dem Kino gehen ohne Hesses Botschaft begriffen zu haben, daß es keinen sicheren Weg zur Wahrheit gibt, daß suchen heißt, nicht zu finden, und daß „alles auf dem Rad des Lebens wiederkehrt“. Leider ist der Film mit so wenig Imagination gemacht, daß es unmöglich ist, die Bewußtseinsstadien nachzuvollziehen, die unser Star des Bombay-Kinos durchwandelt. Alles wird zu einem weichen, undeutlich symbolischen Spektakel; einer Liebesgeschichte in einer Landschaft, die so kitschig wirkt wie die Illustration auf einer Keksdose.“(Time Out) Atelier

Sieben Jahre in Tibet USA 1997, R: Jean-Jaques Annaud, D: Brad Pitt

„Den Stoff, aus dem die klassischen Monumentalfilme sind, liefert die Autobiographie des österreichischen Bergsteigers Heinrich Harrer: 1943 gelingt ihm die Flucht aus britischer Kriegsgefangenschaft in Nordindien. Er schlägt sich nach Tibet durch. In der für Fremde verbotenen Stadt Lhasa gewinnt er die Freundschaft des jungen Dalai Lama. Während er dem aufgeweckten kleinen „Gottkönig“alles über die Welt jenseits des Himalaya beibringt, färbt die buddhistische Lebens- und Denkweise seiner Gastgeber auf den arroganten Egomanen Harrer ab. Jean-Jaques Annaud läßt den „Mythos Tibet“in prachtvollen Bildern lebendig werden, ohne uns eine süßliche Religionsstunde zuzumuten. Alle Details sind penibel recherchiert, der Dalai Lama selbst stand mit Rat und Tat zur Seite, seine Schwester spielt im Film seine Mutter. Annaud schickte Brad Pitt vor dem Dreh für drei Wochen nch Österreich, nicht nur zum Bergsteigertraining. „Er sollte ein Gefühl dafür bekommen, einen Österreicher zu spielen.“Hat geklappt - selten war der Star so gut wie hier.“(TV-Spielfilm) City

Spice World – der Film Großbritannien 1997, R: Bob Spiers, D: Spice Girls, Richard E. Grant

„1997 wird als das Jahr in die Geschichte eingehen, in dem die Spice Girls über uns kamen. Selbst wer ihre Musik konsequent mied, traf spätestens im Supermarkt auf die penetranten Gewürzgirlies: In Form von Spice-Girls-Parfüm, Spice-Girls-Puppen, Spice-Girls-Kuchen, Spice-Girls-Chips usw, usw. Jetzt droht auch noch der Film. Im Branchenjargon nennt man das Produktdifferenzierung. Nur schmeckt die vorgeblich scharfe Girl Power so fade wie abgestandene Kartoffelchips: Mehr ein Blondinenwitz im Fünferpack als Revolution in Barbie-World.“(taz) UFA-Palast

Starship Troopers USA 1997, R: Paul Verhoeven, D: Casper Van Dien, Dina Meyer

„Wer unvorbereitet in diesen Film geht und nicht mehr erwartet als Zoff mit außerirdischen Killerkakerlaken, wird, ziemlich verstört, ein Meisterwerk faschistischer Lichtspielkunst entdecken. Er wird dasitzen und sagen: „Das kann doch nicht - darf doch nicht - ernst gemeint sein.“Verhoeven nahm sich Propagandafilme des zweiten Weltkriegs zum Vorbild und übersetzte stur deren simpel gesticktes Rollenbild. Das Ergebnis, dachte er wohl, müsse zwangsweise groteske Überzeichnung sein, Satire eben, Karikatur. „Starship Troopers“ist eine düstere Zukunftsvision, perfide getarnt durch leuchtend helle Farben. Eine wunderbare Klamotte für aufgeklärte Zuseher. Und hier beginnt das Dilemma. Denn was Kino ist, entscheidet nicht nur die Intention derer, die es gemacht haben. Einigen wird Verhoevens Opus - unfreiwillig - den Eindruck vermitteln, daß Faschismus light okay sein kann. Und das kann nicht okay sein.“(Der Spiegel) City, UT-Kinocenter, Gloria (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

T

Titanic USA 1997, R: James Cameron, D: Leonardo DiCaprio, Kate Winslet

„Nicht Cameron hat ein Thema gefunden, sondern das Thema ihn. Dem Drehbuchautor und Regisseur kommt es dabei nicht auf Symbole und Metaphern an. Er sucht das private Drama in der Kollision zwischen menschlicher Hybris und der von aller technischen Raffinesse unbeeindruckten Natur. So besitzt dieser Actionfilm durchaus Züge eines Kammerspiels, die den Fluß der Katastrophe immer wieder auf produktive Weise hemmen - im Dienste einer großen, altmodisch erzählten Love-story. Camerons „Titanic“ist eine suggestive Zeitreise, eine Reise auch in eine betonierte Klassengesellschaft. Den Gegensatz zwischen oben und unten, Erster und Dritter Klasse, läßt Cameron ausspielen: maliziöser Snobismus und aufgeräumtes Palaver hier, trunkener Tanz und schwitziges Armdrücken dort. Den Bildern ist keine explosive Kraft, eher eine implodierend Qualität eigen. Hierin liegt die Überraschung des Films - und sein ästhetischer Reiz. Als hätte ihm das Pathos des Themas Ehrfurcht vor der Historie aufgenötigt, läuft Camerons Special-Effect-Maschine wie gedrosselt. Die Katastrophe spiegelt sich am wirkungsvollsten in den Gesichtern der Opfer und in poetischen Bildfindungen. Leichen auf dem Wasser erscheinen als Stilleben der Vergänglichkeit.“(epd-Film) Europa, UFA-Palast, UT-Kinocenter, Lichtspielhaus (Del), Wall- & Ziegelhofkinos (Ol), Solitaire (Westerstede)

Das Trio Deutschland 1997, R: Hermine Huntgeburth, D: Götz George, Christian Redl, Jeanette Hain

„Sie klauen zusammen und leben zusammen: das alternde Schwulenpärchen Zobel und Karl sowie Zobels Tochter Lizzi. Das skurrile Dreiecksverhältnis gerät aus den Fugen, als Karl stirbt und Lizzi einen jungen Typen als Ersatz anschleppt. Aus der sanften Groteske droht ein Mordsmelodram zu werden, doch Hermine Huntgeburth (“Gefährliche Freundin“) weiß es stets zu verhindern, daß die Gefühle größer als die Figuren werden. Die Schauspieler dürfen über sich hinauswachsen - vor allem George als hemmungslose Schwuchtel und Sherry Hormanns „Cellistin“-Entdeckung Jeanette Hain“. (Focus) City

V

Vom Winde verweht USA 1939, R: Victor Flemming, D: Vivien Leigh, Clark Gable

„Das große Bürgerkriegs-Epos von Margaret Mitchell, ein literarischer Sensationserfolg, wurde von Victor Flemming aufwendig und sorgfältig verfilmt, so daß ihm an den Kinokassen ein vergleichbarer Erfolg beschieden war. Jahrzehntelang galt „Gone with the Wind“als größter Kinoerfolg der Filmgeschichte. Grundlage dafür war nicht nur die Beliebtheit der literarischen Vorlage. Dem Film war es bei einer Laufzeit von rund dreieinhalb Stunden gelungen, den Handlungsreichtum und die Vielfalt der Personen in prächtigen Schaubildern und durch gute schauspielerische Leistungen lebendig zu machen. Einzelne Szenen, wie etwa die Schlacht um Atlanta, waren nicht ohne Größe und bezeugten filmisches Geschick.“(Reclams Filmführer) Filmstudio

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