: Hollerland bleibt unter Vogelschutz
■ Die EU findet Antrag zur Aufhebung von Vogelschutz nicht überzeugend / Hollerland bleibt „in vollem Umfang“geschützt
„Vogelschutz“ist ein heißes Thema in Bremen, seitdem im April 1995 die Koalition von SPD, FDP und Grünen daran zerbrochen ist. Damals hatte die Naturschutzabteilung des Grünen Umweltsenators Ralf Fücks bei der EU in Brüssel Vogelschutzgebiete angemeldet, die die Wirtschaftsbehörde unter Senator Claus Jäger (FDP) als Gewerbeflächen im Auge hatte.
Der schon von der Ampel-Koalition gestartete und im Sommer 1995 förmlich vom Senat beschlossene Versuch, einen Teil der Vogelschutz-Anmeldungen bei der EU wieder zurückzunehmen, zieht sich allerdings seitdem dahin. Auf ein im Januar 1997 endlich auf den Weg gebrachten offiziellen Antrag Bremens liegt nun eine vorläufige Antwort der Europäischen Kommission vor. In kompliziertem Rechtsdeutsch wird darin festgestellt, daß die EU-Kommission auf der Grundlage der vorgelegten Unterlagen der Rücknahme des Vogelschutzes keineswegs zustimmen kann.
„Das Schreiben der Europäischen Kommission zur Rücknahme der angemeldeten Vogelschutzgebiete ist grundsätzlich positiv zu werten“, stellte Bremens EU-Staatsrat Günter Niederbremer süßsauer fest, die geforderten „Nachbesserungen“müßten nun eben nachgeliefert werden. Die EU-Kommission habe festgestellt, berichtet Niederbremer, daß eine Korrektur der Anmeldungen zum Vogelschutzgebiet nur dann möglich ist, wenn „bei Würdigung fachlicher Kriterien den betroffenen Flächen tatsächlich keine ornithologische Bedeutung zukommt“.
„Nicht ausreichende bzw. fehlerhafte Auswertung des vorhandenen Datenmaterials sowie die Verwendung veralteten Datenmaterials“werden denn auch als offizielle Begründung für die Korrektur der Vogelschutzgebiete angeführt. Der Generaldirektor der Umwelt-Direktion der EU, James Currie, weist in seinem Schreiben ausdrücklich darauf hin, daß er den eigentlichen Hintergrund der bremischen Debatte kennt: Nicht Fehler in der Feststellung, wo tatsächlich seltene Vögel leben, sondern die Konflikte mit der Gewerbeflächenpolitik seien das Problem. Dies sind allerdings für die EU-Kontrolle keine relevanten Gesichtspunkte. Currie bittet daher um Übersendung des Anfang 1995 gültigen Flächennutzungsplanes, um den politischen Interessenkonflikt genau nachvollziehen zu können. „Vor diesem Hintergrund weise ich nochmals darauf hin“, schreibt er im direkten Anschluß daran, „daß nur dort, wo keine ornithologische Bedeutung ... gegeben ist, eine Rücknahme der Erklärung zum Schutzgebiet in Betracht kommt...“Die vorgelegten ornithologischen Hinweise findet die EU nicht überzeugend.
Dieses durch die Blume angedeutete „Nein“hat für die Hemelinger Marsch, den Konfliktpunkt von 1995, keine Bedeutung, weil die dort unter Schutz gestellten Flächen nicht unmittelbar für die Gewerbeansiedlung vorgesehen waren und sind. Der damalige Koalitionskonflikt zwischen dem Wirtschaftsressort und dem grünen Umweltsenator beruhte auf falschen Tatsachenbehauptungen. Wichtig ist die EU-Stellungnahme für die Baupläne in Brokhuchting.
Für das Hollerland, durch das nach neuerem Willen der CDU eine Straße gebaut und Technologie-Firmen angesiedelt werden sollen, hat der EU-Brief aus einem anderen Grund keine Bedeutung: Für das Hollerland wurde vom Bremer Senats, damals schon gebildet von CDU und SPD, die Aufhebung des Vogelschutz überhaupt nicht beantragt. Es sollte, wurde der EU 1997 mitgeteilt, „in vollem Umfang als besonderes Schutzgebiet erhalten bleiben“. K.W.
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