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450 Polizisten finden 2,5 Kilo Marihuana

■ Polizei feiert Drogen-Razzia auf Flüchtlings-Wohnschiff als Erfolg

Die Polizei war gestern in Siegeslaune. Zum ersten Mal sei es gelungen, den Weg nachzuvollziehen, den illegale Drogen „vom Herstellerland bis zum Endverbraucher“, also von Lateinamerika bis zum Schanzenviertel, zurücklegen. Anlaß der Jubelfeier war die Großrazzia am Mittwoch auf dem Flüchtlings-Wohnschiff „Bibby Kalmar“, als 450 Polizisten mit der Springer- und Boulevardpresse im Schlepptau anrückten. Die spektakuläre Aktion sei jedoch nur das „I-Tüpfelchen“gewesen, so der Einsatzleiter Karsten Wegge. Im Vorfeld hatte man „die Köpfe“eines nigerianischen Dealerrings sowie mehrere Drogenkuriere festgenommen und größere Mengen Kokain sichergestellt.

Auf der „Bibby Kalmar“haben die 450 Beamten allerdings nicht viel gefunden: 2,5 Kilo Marihuana, ganze 200 Gramm Haschisch, fünf Gramm Kokain und „etwas“Heroin. „Es war nicht allein das Ziel, Drogen in großem Unfang sicherzustellen“, so die Leiterin der Drogenfahndung, Cornelia Hansen. Man habe auch „Strukturen aufhellen“und Durchsuchungsbeschlüsse „vollziehen“wollen.

Am Mittwoch um 17.30 Uhr rückten die Freunde und Helfer zu Lande und Wasser an. Das große Aufgebot sei nötig gewesen, weil die Räumlichkeiten unübersichtlich seien, die Afrikaner „ein aggressives Potential“darstellten und sich teilweise auch sehr viele Menschen auf dem Schiff aufhielten. Daher habe man „das entsprechende Kräftepotential für den ersten Angriff vorgehalten“. Insgesamt wurden 18 Kabinen durchsucht. Hansen dementierte Pressemeldungen, denen zufolge der größte Teil der Drogen in die Elbe geworfen wurde. Neben Drogen habe man fünf „Illegale“und einen „vermißten Jugendlichen“gefaßt.

Sie sei im übrigen „riesenfroh“, daß der Einsatz ohne Verletzungen ablief und „keine Panik“ausgebrochen sei. Angesichts der Erfahrungen, die mancher Flüchtling möglicherweise in seinem Herkunftsland mit der Polizei gemacht habe, sei das keine Selbstverständlichkeit. Bei einer Razzia auf einem Schiff in Harburg war 1996 ein junger Afrikaner ins Wasser gesprungen und ertrunken. Vorbereitet oder gesondert informiert wurden die anderen Flüchtlinge – darunter „natürlich auch Familien“– nicht. Man habe „allen deutlich gemacht, um was für einen Einsatz es sich handelt“, so Hansen.

Die Polizei räumte schlußendlich ein, daß sich die „Zerschlagung einer schwarzafrikanischen Gruppierung mit internationalen Kontakten“auf die Drogenszene „wahrscheinlich nicht groß auswirken“wird. Man habe nun „eine Gruppierung weniger“, so ein Beamter. „Es ist ein weiterer Schritt zu einem Ergebnis, das ich noch nicht kenne“, ergänzte Hansen.

Die CDU freute sich dennoch schon mal über das „richtige Signal gegen die Ausländerkriminalität“und forderte eine „verschärfte Abschiebepraxis“. Silke Mertins

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