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Die Wagenix-Koalition

Keine politischen Hürden mehr gegen die A 20: Rot-Grün Kiel wird die Wakenitz nicht als europäisches Schutzgebiet ausweisen  ■ Von Sven-Michael Veit

Der Bau der Ostseeautobahn A 20 bei Lübeck wird an rot-grüner Politik im Norden nicht scheitern. Das werden Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) und ihr grüner Stellvertreter und Umweltminister Rainder Steenblock heute nachmittag verkünden. Nach Informationen der taz wurde der Kieler Regierungsstreit um die A 20 in einer Sitzung des Koalitionsauschusses am Sonntag abend auf einen Formelkompromiß heruntergekocht.

Die Wakenitz-Niederung südlich von Lübeck wird demnach nicht als besonders schützenswertes Biotop gemäß der Europäischen Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) ausgewiesen. Selbst die – juristisch schwächere – Etikettierung als Vogelschutzgebiet unterbleibt.

Die Kieler Wagenix-Koalos werden auf der heutigen Kabinettssitzung diesen Ausweg allerdings nicht förmlich beschließen. Unter dem Punkt „Verschiedenes“wird das Kabinett lediglich „zur Kenntnis nehmen“, daß Steenblock eine Unterschutzstellung des Wakenitztales weiterhin nicht für falsch hält und daß Verkehrsminister Peer Steinbrück (SPD) weiterhin Steenblocks Ansicht falsch findet.

Dem Berliner Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) wird dann, das wollen Simonis und Steenblock am Nachmittag auf der Kabinettspressekonferenz offiziell verkünden, in einer „Stellungnahme der Landesregierung“beide Meinungen zugestellt werden. Mit diesem Nicht-Beschluß der Regierung könnten, so munkeln politische Beobachter an der Förde, die Kontrahenten „ihre Gesichter wahren“.

Das BVerwG hatte am 21. Januar den Baubeginn der A 20 durch die Wakenitz-Niederung einstweilen gestoppt, weil das Gebiet möglichweise die Kriterien der FFH-Richtlinie erfülle und entsprechend geschützt werden müsse. Für seine endgültige Entscheidung am 7. Mai hat das Gericht eine Stellungnahme des Kieler Kabinetts zur Schutzwürdigkeit der Wakenitz angefordert; nun erhält es zwei.

Steenblock hatte kürzlich den Krach im Schleswig-Holsteinischen Kabinett mit der Erklärung ausgelöst, er wolle noch vor der Verhandlung dem BVerwG mitteilen, ob er aus fachlicher Sicht die Wakenitz für schutzwürdig halte. Das käme überhaupt nicht in Frage, hatte darauf hin Simonis ihren Vize öffentlich gerüffelt. Ihr Verkehrsminister und überzeugter Autobahnverfechter Steinbrück hatte mehrfach deutlich gemacht, daß er alles tun wolle, um gerichtlich die Aufhebung des Baustopps zu erreichen.

Nur wenige Tage vor den Kommunalwahlen hat die rot-grüne Landesregierung in Schleswig-Holstein damit ihre bisher härteste Belastungsprobe zumindest entschärft. Simonis hatte Steenblock zwischenzeitlich sogar gewarnt: wenn er die Kabinettsposition in dieser Frage nicht mittrage, müsse „er die Frage beantworten, ob er an Rücktritt denkt oder die Koalition beenden möchte“.

Steenblock soll sogar von Bonner Spitzengrünen ein Maulkorb verpaßt worden sein, weil ein offener Konflikt zwischen SPD und Grünen oder gar ein Auseinanderbrechen der Koalition im Hinblick auf die Bundestagswahl im September nicht akzeptabel sei. Die Nord-Grünen bestätigten gestern zwar „Kontakte mit Bonn“, von einem Sprechverbot für den Umweltminister könne aber selbstredend keine Rede sein.

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