■ Kommentar: Geist und Macht
Als die Alliierten 1994 die Stadt verließen, trauerten ihnen selbst eingefleischte Pazifisten hinterher. Die Armeen, die Deutschland vom Nationalsozialismus befreit hatten, erschienen weniger bedrohlich als eine Bundeswehr, die sich von der Tradition der Wehrmacht nicht zweifelsfrei abgrenzt. Vor allem befürchteten aber viele einen Verlust an Internationalität in einer Stadt, die nicht eben für ihre Weltläufigkeit bekannt ist.
Um nach dem militärischen Abschied eine neue Tradition der Zusammenarbeit zu begründen, wird heute auf der zweiten „New Traditions“-Konferenz die „American Academy“ eingeweiht. Roman Herzog und Helmut Kohl werden Bekenntnisse zur deutsch-amerikanischen Freundschaft ablegen. Doch wie wenig sich konservative Politiker in Deutschland für die Vereinigten Staaten wirklich interessieren, offenbarte Eberhard Diepgen, der in ein paar amerikanischen Investitionen das gewichtigste Ergebnis der ersten Konferenz sah.
Mit der Zielsetzung der Academy hat die heutige Konferenz ohnehin wenig gemein. Erst wenn die Staatenlenker das Podium räumen, kommt die Stunde der Intellektuellen. Das Programm des Potsdamer Einstein-Forums läßt nicht daran zweifeln, daß dessen Direktor Gary Smith auch als Leiter der Academy für einen anregenden intellektuellen Austausch sorgen wird. Das ist zwar nicht die deutsch-amerikanische Freundschaft von Kohl, Herzog und Diepgen, aber es bringt ein Stück Internationalität in die Stadt. Ralph Bollmann
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