: Dasa will europäischen Rüstungsmulti
■ Die Neuorientierung des US-Konzerns Boeing ruft Daimler auf den Plan. Dasa-Chef will unabhängiger von Zivilproduktion werden
Hamburg (taz) – Europa rüstet auf. In vorderster Front kämpft das Airbus-Konsortium mit Daimler- Benz. Das Stuttgarter Großunternehmen will seine Luftfahrttochter Dasa zu einem Rüstungskonzern in einem europäischen Verbund aufpäppeln. Dasa-Chef Joachim Bischoff attackierte in einem vergangene Woche veröffentlichten Vortag Versuche der USA, den Weltmarkt zu dominieren. Darauf müsse Europa reagieren.
Auslöser der Neuorientierung war US-Konkurrent Boeing. „Sein Zusammengehen mit McDonnell Douglas hat in Europa einen Schockeffekt ausgelöst“, sagte Bischoff. „Boeing ging es um die Reduzierung der Abhängigkeit vom außerordentlich zyklischen zivilen Flugzeugmarkt durch Ausbau der Verteidigungs- und Raumfahrtaktivitäten.“ Es werde immer deutlicher, daß wirtschaftliche Interessen in zunehmendem Maße sicherheitspolitische Interessen dominieren, behauptete Bischoff auf der Tagung „Veränderte Aspekte der Sicherheitspolitik“. Das Redemanuskript wurde jetzt in einer Dokumentenreihe der Daimler-Benz Aerospace AG (Dasa) veröffentlicht.
Das Militär stehe vor einer Zeitenwende. In den militärischen Mittelpunkt rücke die Luft- und Raumfahrt. Die US-Administration plant, für Beschaffung 19 Prozent sowie für Forschung und Entwicklung 14 Prozent ihres gewaltigen Verteidigungsbudgets von 257 Milliarden Dollar auszugeben. Allein die US-Forschungsausgaben seien höher als der gesamte Haushalt von Bundesverteidigungsminister Rühe, klagt der Daimler-Manager.
Dringend geboten sei jetzt ein europäischer Superkonzern in der Luft- und Raumfahrt, der zugleich ein Militärgigant sei, so Bischoff. Konkret fordert er die Schaffung einer „European Aerospace and Defense Company“, in der sich die führenden Unternehmen aus Frankreich, Großbritannien und Deutschland verbinden. Das Tor müsse offenbleiben für italienische, schwedische und spanische Konzerne.
Immerhin hätten im Spätherbst die Regierungen in Frankreich, Großbritannien und Deutschland eine „trilaterale Initiative“ gestartet, um eine europäische Antwort auf die amerikanische Bedrohung zu geben. Die großen drei in Europa hätten dann am 9. Dezember die Industrie aufgefordert, bis Anfang April Strukturüberlegungen zu präsentieren. Bischoff: „Wir werden diesen Auftrag termingerecht mit einem eingehenden Bericht erfüllen.“ Ein dauerhafter Staatsbesitz an dem neuen High- Tech-Konzern müsse aber ausgeschlossen werden.
Gestern aber konnte das Airbus-Konsortium erst einmal wieder einen Erfolg auf dem zivilen Sektor vermelden: Die Europäer schnappten Boeing den 4-Milliarden-Auftrag für 179 Maschinen weg, die drei lateinamerikanische Fluggesellschaften bestellt haben. Hermannus Pfeiffer
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