■ Westjordanland: Hamas profitiert von Netanjahus Blockadepolitik: Auf dem Weg in die Konfrontation
Dauervermittler Dennis Ross konferiert seit Monaten erfolglos um eine Annäherung zwischen israelischen und palästinensischen Positionen. Obwohl laut Hebron-Abkommen bis zum Sommer drei Teilrückzüge aus dem Westjordanland abgeschlossen sein müßten, ist noch kein einziger in Angriff genommen worden. Es zeigt sich, daß Washington einer Konfrontation mit Israel aus dem Weg geht, die US-Regierung deshalb auch keinen Druck ausüben wird.
Die derzeit von Ministerpräsident Netanjahu angebotenen neun Prozent klingen in den Ohren der Palästinenser wie Hohn. Sie sind eine Demütigung Arafats. Netanjahu zeigt ihm demonstrativ die Grenzen seiner Macht, Oslo-Abkommen hin oder her. Und die Supermacht USA beweist ihre „unabhängige Vermittlerrolle“, indem sie vier Prozentpunkte mehr von Netanjahu fordert. Da ist die Grenze der Lächerlichkeit nicht mehr weit. Netanjahu will das Oslo-Abkommen revidieren und mindestens 50 bis 60 Prozent des Westjordanlandes behalten. Daraus hat er nie einen Hehl gemacht. Doch der nun einjährige Boykott von Geist und Buchstaben der Oslo-Vereinbarungen hat gefährliche Konsequenzen, die jede Friedensaussicht auf Jahre untergraben könnten.
Es gibt zwei Gewinner der gegenwärtigen „israelischen Friedenspolitik“: die islamische Organisation Hamas und die israelischen Siedler. An Schulen und Universitäten ist Hamas die stärkste politische Partei. Und die am besten organisierte. Das soziale Netz von Hamas fängt auf, was die Autonomiebehörde nicht leistet oder versäumt. Nachdem die palästinensischen Sicherheitskräfte einen dreimonatigen Lehrerstreik beendeten, ohne daß deren Forderungen erfüllt wurden, hat Hamas die geforderte Krankenversicherung für Lehrer eingerichtet, mit dem entsprechenden Zulauf. Die Kommunalwahlen werden seit knapp einem Jahr verschoben, weil Umfragen der Hamas eine hohe Popularität bescheinigen.
Mindestens ebenso gefährlich für den Friedensprozeß ist der rasante Ausbau der Siedlungen, einschließlich Neugründungen. Der Zuzug in die Siedlungen verlangt weitere Landenteignungen, neue Umgehungsstraßen für die Siedler, mehr israelische Sicherheitskräfte. Er zerstört jede Aussicht auf ein zusammenhängendes palästinensisches Territorium. Hamas und die Siedler ebnen den Weg in die Konfrontation. Und die israelische Regierung leistet ihnen Schützenhilfe, nicht zuletzt durch die Demontage Arafats. Es steht zu fürchten, daß Dennis Ross daran wenig ändern wird. Georg Baltissen
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