: Schröder halbiert Frauenquote
■ Neben acht Männern sitzen nur zwei Frauen im neuen Kabinett Schröder, das heute auf den Regierungsbänken Platz nimmt
Hannover (taz) – Paritätisch mit Frauen und Männern wollte Gerhard Schröder einst seine künftige Regierung besetzen. Die Ankündigung liegt zehn Jahre zurück. Wenn der niedersächsische Ministerpräsident heute dem Landtag in Hannover sein drittes Landeskabinett präsentiert, werden nur noch zwei Frauen auf der Regierungsbank sitzen: die neue Chefin des Kultusressorts, Renate Jürgens-Pieper, und die bisherige Justizministerin Heidi Alm-Merk, die jetzt nolens volens das neugeschaffene Ministerium für Frauen, Arbeit und Soziales übernimmt. Im bisherigen Kabinett, das heute mittag verabschiedet wird, saßen immerhin vier Frauen und leiteten die Ressorts für Justiz, Umwelt und Wissenschaft sowie das bisher selbständige Frauenressort.
Den beiden künftigen Ministerinnen, die unter acht Männern sitzen werden, hat Gerhard Schröder sozusagen klassisch weibliche Themen zugewiesen. Vor allem gegen die Eingliederung des bisher selbständigen Frauenministeriums haben Grüne, SPD-Frauen und unabhängige Feministinnen gleichermaßen Protest angemeldet. Vor der Landtagswahl hatte Gerhard Schröder eine Aufwertung des Frauenministeriums versprochen. Als „Stärkung der Frauenpolitik“ möchte Schröder die Eingliederung des Frauen- in das Sozialministerium jetzt auch verstanden wissen, schließlich steht im Namen des neuen Ministeriums für Frauen, Arbeit und Soziales das weibliche Element ganz vorn.
Schröders Entscheidung liegt außerdem im bundesweiten Trend: Selbständige Frauenministerien gibt es nur noch in Nordrhein-Westfalen und Sachsen. Auch in rot-grün-regierten Ländern wie Hessen oder Schleswig- Holstein sind Frauenressorts längst mit anderen Häusern vereinigt. Die Zusammenlegung soll der Theorie nach den Handlungsspielraum der Frauenministerinnen erhöhen. Auch das bisher selbständige Frauenministerium in Hannover hatte keine nachgeordneten Behörden, über die es seine politischen Konzepte direkt im Lande hätte umsetzen können. Allerdings förderte es zahlreiche Frauenprojekte und arbeitete eng mit den Frauenbeauftragten etwa in den Kommunen zusammen.
Als „frauenfeindliche Attacke auf die Frauenpolitik in Niedersachsen“ bezeichneten denn auch landesweit 17 autonome Frauenberatungsstellen die Eingliederung in das Sozialministerium. Schröders Umgang mit der bisherigen Frauenministerin Christina Bührmann, der er nach der Wahl nur noch einen Posten als Staatssekretärin anbot, nannten die Mitarbeiterinnen der Beratungsstellen „besonders respektlos“. Nach Meinung der niedersächsischen Arbeitsgemeinschaft sozialdemokratischer Frauen steht die Auflösung des Frauenministeriums „im glatten Widerspruch zum Wahlprogramm“ der Landes-SPD.
Ein Programm konnte die bisherige Justizministerin Heidi Alm- Merk bisher für ihr neues Mischministerium noch nicht entwickeln. Alm-Merk, die in der Vergangenheit immer auch bestrebt war, über Niedersachsen hinaus in der Justizpolitik liberale Akzente zu setzen, kann den von Schröder verordneten Ressorttausch nur als Strafversetzung verstehen. Gewollt hat die Politikerin den Wechsel ins Sozialministerium jedenfalls nicht. Jürgen Voges
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