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■ SchnittplatzNullter Gedanke

Wenn auf dem Bildschirm der Nachrichtenmoderator Peter Kloeppel erscheint, der stets aussieht wie ein lachender Zahnarzt und auch prompt seinen Kugelschreiber wie einen Bohrer in die Hand nimmt; wenn neben ihm die Frau mit der unangenehmsten Fernsehstimme Deutschlands, Ulrike von der Groeben, auftaucht und wie ein Mainzelmännchen „Gudn Ahmd“ quakt; wenn die erste Meldung eine Kinderleiche in der Provinz ist; wenn zum Tatort geschaltet wird, wo nichts zu sehen ist, der flinke Reporter aber eilig „Wut und Trauer“ bekundet; wenn ein als „dipl.psych.“ ausgewiesener Küchenpsychologe die Vorgänge sogleich granatensicher einschätzt; wenn 300 Opfer eines Massakers in Algerien zur Kurzmeldung im Nachrichtenblock werden, weil es keine Bilder davon gibt, und – „pling“ – schon die nächste Meldung kommt; wenn der lächelnde Moderator eine politische Meldung läppisch kommentiert; wenn ein Journalist einen Journalisten interviewt, der hinter dem Logo „RTL-Analyse“ erscheint, um zu erzählen, was wir schon immer wußten; wenn jeden Abend um Punkt 18.57 Uhr eine Meldung aus der Medizin verlesen wird, weil eine RTL-Umfrage ergeben hat, daß das Publikum beim Satz „amerikanische Wissenschaftler haben jetzt entdeckt“ aufhorcht; wenn im Übergang zum Sportblock das wahrscheinlich dümmste TV-Kurzgespräch Deutschlands stattfindet; wenn dann die Sportmoderatorin losbrettert und die 137te Meldung zu Michael Schumachers Auspuff verliest, entscheidende Fußballereignisse jedoch zur Randmeldung werden, weil RTL zwar die Rechte an der Formel 1, nicht aber an der Bundesliga besitzt; wenn die Wochenendausgabe „Weekend“ angekündigt wird und abschließend Peter Kloeppel und Ulrike von der Groeben das wahrscheinlich zweitdümmste TV-Kurzgespräch Deutschlands führen:

Dann ist die Sendung des nullten Gedankens eingeschaltet und glücklicherweise auch schon wieder vorbei: „RTL aktuell“, das morgen, am 5. April 1998, zehn Jahre alt wird und ohne Gratulation und Abendbrot ins Bett muß, denn vom Boulevard schalten wir lieber um zur „Tagesschau“. Michael Ringel

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