: Tankstellenpartei CDU wirbt für die Energiesteuer
■ Wolfgang Schäuble stellt Wahlprogramm seiner Partei vor. Deutschland soll modernstes Land Europas werden: Abitur nach zwölf Jahren und Lohnsteuern runter
Bonn (taz) – Eigentlich ist die CDU die wahre grüne Partei – jedenfalls nach eigener Einschätzung. Nur die Union habe die politische Kraft, die Umwelt zu schützen, sagte CDU/CSU-Fraktionschef Wolfgang Schäuble gestern bei der Vorstellung des ersten Entwurfs für das CDU-Programm zur Bundestagswahl.
Interessanterweise enthält das Papier auch die Forderung nach einer Verteuerung von Energie. Schäuble, gleichzeitig Chef der CDU-Wahlkampfkommission, wollte den Begriff Öko-Steuer zwar „nicht in den Mund nehmen“, doch läuft eine „aufkommensneutrale Energiesteuer“ durch einen höheren Mehrwertsteuersatz oder eine Kohlendioxid-Steuer auf dasselbe hinaus. In dem Programmentwurf heißt es, Arbeit müsse billiger werden, Energie dagegen teurer, allerdings nur, wenn auch die anderen europäischen Staaten mitziehen. Als Gefahr für die Akzeptanz der Pläne identifizierte Schäuble die Fünf-Mark-pro-Liter-Partei: „Die Debatte der Grünen zum Benzinpreis schadet der Umwelt.“ Generalsekretär und Tankstellen-Kampagnero Peter Hintze stand auf der Veranstaltung gestern daneben und sagte nichts zu der Öko-Steuer- Forderung seiner Partei.
Das Papier beschreibt auf fast 60 Seiten die Ziele und Schwerpunkte der CDU und soll Grundlage sein für die Verhandlungen um ein gemeinsames Wahlprogramm der beiden Unionsparteien. Nach einem Sieg bei der Bundestagswahl werde die CDU Deutschland zum „modernsten Land Europas“ machen. An dem Ziel „Arbeit und Beschäftigung für alle“ werde man festhalten, verspricht die CDU. Weiterhin will die Partei die Staatsausgaben senken. Dies sei der „fundamentale Unterschied“ zum sozialdemokratischen „Mitbewerber“, dessen Regierungsprogramm nur eine Erhöhung der Ausgaben beinhalte.
Das Programm enthält auch eine Einkommenssteuerreform. Der Eingangssatz soll 15 Prozent statt bisher 25,9 Prozent betragen, der Spitzensteuersatz von 53 auf 39 Prozent sinken. Auch verheißt die CDU die Schaffung eines der „leistungsfähigsten Bildungssysteme der Welt“. So könne das Abitur ohne Qualitätsverlust künftig bereits nach 12 statt nach 13 Jahren abgelegt werden. Keine Toleranz wollen die Christdemokraten gegenüber Rechtsbrechern und Gewalttätern gelten lassen. Wer als Ausländer in Deutschland Verbrechen begehe, verwirke sein Gastrecht und müsse abgeschoben werden. Schäuble sagte, dies sei ein ehrliches Programm. In den kommenden Wochen diskutieren die Kreisverbände und die CDU-Spitze den Entwurf.
Die Vorstandssprecherin der Bündnisgrünen, Gunda Röstel, meinte, die CDU vergesse die fünf Millionen Arbeitslosen und mogele sich „in bewährter Weise um die Beantwortung der dringendsten wirtschaftlichen und sozialen Fragen herum“. SPD-Bundesgeschäftsführer Franz Müntefering nannte den Programmentwurf „unkonkret, blumig und inhaltsleer“.
CDU-Generalsekretär Hintze meinte, Helmut Kohl habe sich über das Papier gefreut. Es sei auch als Geburtstagsgeschenk für den Bundeskanzler gedacht, der gestern 68 wurde. C. Esser/T. Staud
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