■ H.G. Hollein: Pizza-Post
Die Frau, mit der ich lebe, legt Wert auf eine ausgefeilte Kulinarik. Ich bin eher ein Schlinger. Das führt gelegentlich zu Dissonanzen. Vor allem, wenn ich berufsbedingt nicht in der Lage war, eine Candlelight-gemäße Menüfolge auf den Tisch zu wuchten. In solchen Fällen pflege ich nämlich mit verheißungsvollem Lächeln mein umfangreiches Dossier mit den Postwurfsendungen der Pizzabrigaden des Einzugsbereichs Hamburg-West aufzuschlagen.
Die Gefährtin zeigt sich ob dieser Anmutung allerdings zumeist wenig enthusiasmiert und übt sich - nicht unähnlich der Katze, die mich duldet - in der Kunst, vor leeren Näpfen mit demonstrativ hohlen Wangen vorwurfsvolle Klänge der Klage auszustoßen. Aber ich halte dem Druck stand und lehne schnelle Lösungen souverän ab.
Neben dem bloßen Erstellen einer wohlabgestimmten á–la Carte–Zahlenabfolge will schließlich auch der ökonomische Aspekt gebührend erwogen sein. So steht der 50x50 cm Party-Pizza zu 40 Mark, wie sie der Pronto-Pizza-Blitz feilbietet, die 60x40-Variante des City-Pizza-Service für 38,90 gegenüber. Zumal dabei noch der 15prozentige Preisnachlaß für Selbstabholer bei der Viertelquadratmeter-Pronto-Pizza im Vergleich zu 10 Prozent Rabatt für 0,24 qm City-Pizza in die Kalkulation einzubeziehen ist. Es sind dies, offen gesagt, nicht die traulichsten Abende, an denen ich solchen Erwägungen nachgehe.
Aber ein Mann muß seinen Träumen folgen. Ein Ziel etwa, das zu erreichen mir bisher nicht vergönnt war, ist der 15-DM-Gutschein des Le-Petit-Lieferservice, der dem Vertilger von 20 Bestellungen winkt. Die anhaltend obstinate Grundhaltung der Gefährtin hat bisher verhindert, diesen ernährungswissenschaftlich durchaus anspruchsvollen Parcours innerhalb der geforderten Monatsfrist zu absolvieren. Wenn ich mir jedoch die Anzahl der erforderlichen Versöhnungsessen vor Augen führe, tendiere ich allerdings dazu, mir die Geneigtheit der Gefährtin doch lieber gleich durch eigenhändige Zubereitung zu erhalten.
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