piwik no script img

Studenten machen in Indonesien Druck

■ Über hundert Verletzte bei schwerer Straßenschlacht mit der Polizei

Bangkok (taz) – Die Botschaft war vielversprechend: „Wir sind bereit, uns kritisieren zu lassen“, sagte Indonesiens Sozialministerin Siti Hardiyanti Rukmana, genannt „Tutut“. Zum ersten Mal hatte die Regierung sich zu einem Dialog mit den StudentInnen bereit erklärt, die seit Monaten an den Universitäten im ganzen Land gegen die nicht enden wollende Herrschaft von Präsident Suharto und die wirtschaftliche Misere im Land demonstrieren.

Neben „Tutut“, die gleichzeitig Tochter des Staatschefs ist, stellten sich mehrere Minister und hohe Militärs am Samstag in Jakarta einer handverlesenen Gruppe von StudentInnen und Dozenten. Diese sparten nicht mit herben Worten: „Wenn der Präsident und das Kabinett nicht fähig sind, das Land zu führen, dann sollten sie den Mut haben, zurückzutreten“, sagte zum Beispiel ein Student der Universität von Denpasar. Organisiert hatte das Treffen Verteidigungsminister Wiranto. Allerdings gab es schon im Vorfeld heftige Kritik: Denn Studenten der protestbewegtesten Universitäten von Jakarta, Bandung und Yogjakarta hatten keine Einladung erhalten.

Andere boykottierten „diesen Zirkus“, wie ein Student sagte, und kündigten statt dessen verstärkte Protestaktionen an. In der Stadt Solo lieferten sich Polizisten unterdessen eine Straßenschlacht mit Studenten, die gegen die heftig gestiegenen Preise für Lebensmittel demonstrierten. Über hundert StudentInnen und vierzehn Polizisten sollen dabei verletzt worden sein. Obwohl die Regierung jede politische Betätigung an den Universitäten verboten hat, greifen die Militärs meistens nicht ein, wenn die DemonstrantInnen auf dem Campus bleiben. Allerdings hat Suharto dem Militär und der Polizei grünes Licht erteilt, „Unterdrückungsmaßnahmen“ gegen seine Kritiker zu ergreifen, berichteten die indonesischen Zeitungen.

Was dies bedeutet, wissen die Studenten sehr gut. Allein in den letzten Wochen sind rund zwei Dutzend Kritiker spurlos verschwunden. Einige tauchten nach Wochen wieder auf, nachdem sie in Militärgewahrsam gefoltert wurden. Seitdem sich Präsident Suharto im März zum siebten Mal im Amt bestätigen ließ, sind alle anderen Stimmen der Opposition verstummt. Nur die Studenten sind aktiv und beginnen, sich immer besser zu koordinieren. Möglicherweise werden sie von suhartokritischen Fraktionen im Militär und in den großen Islam-Organisationen unterstützt, heißt es in Jakarta. Jutta Lietsch

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen