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Probelauf für ungiftige Schiffsfarben

■ Niedersachsen startet Modellversuch für Alternativanstrich / Bremen bei TBT-verseuchtem Hafenschlick weiter unter Druck

Der „World Wide Found for Nature“(WWF) erprobt mit norddeutschen Bundesländern Alternativen zum Schiffsanstrich mit den giftigen Organozinn-Verbindungen, die den Hafenschlick mit Tributylzinn (TBT) verseuchen. Das teilten gestern das Niedersächsische Umweltministerium und der WWF mit. Dieses Modell gilt für kleinere Schiffe, erklärte dazu der Sprecher der Bremer Umweltsenatorin. In Bremen wird zusammen mit der Universität an einem Projekt gearbeitet, andere Beschichtungstechniken zu finden, die dann auch für größere angewendet werden können.

Niedersachsen hat für seinen Versuch 177.000 Mark zur Verfügung gestellt. Damit wird für fünf Schiffe der umweltfreundliche Alternativanstrich gefördert. „Praktibilität und Effizienz“dieser neuen Lacke sollen in begleitenden Untersuchungen getestet werden. In den Organozinn-Verbindungen, die bisher nur in Schweden verboten sind und die den Bewuchs der Schiffsrümpfe mit Algen, Seepocken und Muscheln verhindern, ist das Tributylzinn enthalten. Das TBT greift in das Hormonsystem von Seetieren ein und ruft beispielsweise bei Schnecken „Vermännlichungserscheinungen“hervor. 100 Arten von Seeschnecken sind vom Aussterben bedroht, erklärte WWF-Sprecherin Patricia Cameron in Bremen.

Insgesamt sind im Jahre 1997 schätzungsweise 97 Tonnen TBT in die Nordsee gelangt, nur fünf Prozent der Nordsee-Schiffsverkehre laufen Bremerhaven an, erklärte der Sprecher des Bremer Häfensenators. Dennoch bemühe sich das Bremer Hafenamt um Alternativen. Die Schiffe des Hafenamtes würden schon seit Jahren nicht mehr mit dem TBT-haltigen Lack gestrichen. Bis sich ein Ersatz für den giftigen Lack weltweit durchsetzt und die vorhandenen Mengen in den Meeren sich dann verringern, dürften allerdings Jahre vergehen.

Über die Nordschleuse gelangen besonders viele Schwebestoffe mit TBT in das Hafenbecken. Jetzt hat der Bremer Häfensenator das Problem, daß die Bremerhavener Hafenbecken im August langsam verlanden könnten, wenn dann nicht wieder gebaggert werden kann. 175.000 Tonnen sollen allein im Jahre 1998 raus – wohin, ist heute noch unklar.

Im Rahmen der Eckwerte und auf Kosten anderer Projekte sei das nicht zu finanzieren, hatte der Häfensenator gerade am Dienstag dem Senat mitgeteilt und ein 700-Millionen-Mark-Paket zum Beschluß vorgelegt, in dem auch zusätzliche Mittel für die Baggergut-Entsorgung enthalten waren. Der Senat aber lehnte vorerst ab.

Nach bisherigen Überlegungen des Hafenamtes soll der TBT-verseuchte Schlick entwässert und dann in Seehausen deponiert werden. Kosten insgesamt: 150 Millionen Mark für die Jahre 1998 bis 2001. Der Bremer Häfensenator hofft, daß Niedersachsen noch einmal für 1998 und eventuell 1999 mit einer Ausnahmegenehmigung die Verklappung im Nationalpark Wattenmeer erlaubt. Das würde zweimal 14 Millionen Mark sparen. Über eine Ausnahme würde das Umweltministerium für ein Jahr mit sich reden lassen – aber nur, wenn Bremen glaubhaft und rechtzeitig die Entwicklung des Deponie-Weges für das folgende Jahr beschließt. Und das müßte bis August 1998 passiert sein. K.W.

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