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■ Klimaschutz ist für die EU nicht mehr so wichtig wie in KiotoVoller Dampf voraus

Die EU hat in Kioto den Mund zu voll genommen. Ein Viertel Jahr nach dem Klimagipfel wird offenbar, daß die EU alles andere als ein würdiger Vorreiter in Sachen Klimaschutz ist. Seit Monaten streiten sich die Mitgliedsländer darüber, wer wie stark seinen Ausstoß an klimaschädlichen Gasen verringern muß. Dabei gibt es bereits seit einem Jahr eine offizielle Einigung über die EU-internen Klimaquoten. Doch nun wollen Holland, Frankreich, Italien, Belgien und Finnland nicht mehr soviel tun, wie damals zugesagt.

Was, fragt man sich, wäre wohl passiert, wenn sich die EU auf dem Klimagipfel hätte durchsetzen können mit ihrer Forderung, den Ausstoß weltweit um 15 Prozent bis zum Jahr 2010 zu verringern. Denn nun kann sie sich nicht mal darauf einigen, wie sie halb soviel Minderung erreichen will. Nämlich die acht Prozent, die aus dem Gefeilsche in Kioto für die EU als internationale Pflicht herausgekommen sind.

Schon längst spricht kein Mitgliedsland mehr öffentlich davon, freiwillig mehr zu leisten als das Kioto- Protokoll verlangt. Die Umweltkommissarin Ritt Bjerregaard hatte so eine Selbstverpflichtung angeregt, um der Welt zu beweisen, daß die EU es mit ihrer 15-Prozent-Forderung auf dem vergangenen Klimagipfel in Kioto ernst meinte. Meinte sie aber nicht, so zeigt sich jetzt.

Schon die erste Einigung innerhalb der EU vor einem Jahr orientierte sich nicht daran, was wer leisten kann. Vor allem die Zustimmung der südlichen Länder wurde mit hohen Zugeständnissen erkauft. So darf Portugal seinen Ausstoß bis 2010 um 40 Prozent erhöhen und weiß gar nicht, wie es das schaffen soll. Auch Griechenland, Irland und Spanien dürfen weit mehr ausblasen, als jedem anderen Industriestaat der Welt zugebilligt wird. Diese EU-interne Absprache hatte die Union als „Vorreiter“ bereits in Kioto in arge Argumentationsnöte gebracht.

So geht es bei dem Quotengeschachere auch jetzt nicht darum, wer wieviel leisten kann. Daran zeigt sich auch ein weiteres Dilemma: Die EU hat sich bislang nicht auf gemeinsame Maßnahmen zum Klimaschutz einigen können – weder auf Steuern für Kerosin, Benzin oder Kohlendioxid noch auf Vorgaben zur Vermeidung des Klimagases Methan aus Mülldeponien oder der Landwirtschaft.

In Klimaverhandlungen stellt sich die EU gerne als Einheit dar. In der Klimapolitik ist sie davon weit entfernt. In dieser Verfassung wird die EU auf dem kommenden Klimagipfel im November in Buenos Aires kaum noch die drohenden Schlupflöcher verstopfen können. Und man muß sich fragen, ob sie das überhaupt noch will. Matthias Urbach

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