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PEKiP – „das tut einfach gut“

■ Das „Prager“ Bewegungs- und Gesprächsangebot für Säuglinge und ihre Mütter findet in Bremen immer mehr Anklang, obwohl die Kassen nichts mehr dafür tun (dürfen) / In Bremen nur noch private Angebote

„Das hat uns der Seehofer alles kaputt gemacht“, sagt der Vertreter der Bremer AOK trocken und immer noch verbittert. „Das alles“ sind die diversen Vorsorge-Angebote und dazu gehört auch „PEKiP“, das sogenannte „Prager Eltern-Kind-Programm“. Wo die Klinik oder die Hebamme aufhört nach der Geburt eines Kindes, da setzt PEKiP an, bei den Säuglingen im ersten Lebensjahr. Daß Mütter und Eltern in dieser Zeit sehr auf sich selbst gestellt sind, weil sie nicht mit jeder Frage zum Kinderarzt gehen wollen, das hat den Prager Psychologen Jaroslav Koch beschäftigt. Nach ihm ist benannt, was in dieser Phase gut tut: ein Bewegungsangebot für Kinder, die noch zu klein für die Krabbelguppe sind und ein Gesprächsangebot für die Mütter. Denn mit den besonderen Belastungen sollen die Mütter nicht alleingelassen werden, fand der Psychologe.

„Sehr interessant“ fanden die Krankenkassen diese Idee und die AOK bot selbst Kurse an. In einigen neuen Bundesländern sogar flächendeckend und mit eigenem Personal. Mit einem kleinen Eigenbeitrag von ca. 50 Mark waren die Mütter für drei Monate dabei. „Sehr schade“ findet deswegen auch die Bremer AOK-Mitarbeiterin Gabriele Fritzsche, daß die Kassen das seit dem 1.1.1997 nicht mehr finanzieren dürfen.

Denn auch die Krankenkasse weiß, daß das Gespräch unter den jungen Müttern, die damit Unsicherheiten im Verhalten zu den Säuglingen abbauen können, für die Kinder ein Segen ist und für die Kassen langfristig Kosten senkt: Entwicklungsstörungen werden früh erkannt und Bewegungsstörungen durch spezielle Übungen ausgeglichen. Nur die Kinder werden an den Kinderarzt verwiesen, die das auch wirklich brauchen – aber die gehen dann auch rechtzeitig, weil die Eltern fachkundig auf das Problem hingewiesen wurden. Auch das spart der Krankenkasse kaum bezifferbare Beträge.

PEKiP ist aber auch Sinnes-Angebot für die Kinder. In vorgewärmten Räumen können die Säuglinge nackt liegen, strampeln, „Bewegungserfahrungen“ und Sinneswahrnehmungen machen, auch mal massiert werden. „Außerdem genießen es die Kinder, daß sich die Mütter in den PEKiP-Gruppen intensiv mit ihnen beschäftigen“, schrieb die AOK in einer nicht mehr aktuellen Broschüre. Fachlich geschultes Personal sorgt dafür, daß Entwicklungsstörungen erkannt werden können. Welche Mutter weiß schon, ob es „normal“ ist, wenn Säuglinge am Ende des dritten Monats immer noch die Faust fest geballt halten? Alternativen zu PEKiP auf diesem Gebiet, sagt die AOK-Vertreterin, gibt es nicht.

Seitdem die Kassen es nicht mehr dürfen, ist PEKiP in Bremen auf private Angebote reduziert – und mindestens dreimal so teuer. „PEKiP tut einfach gut“, faßt die erfahrene Kinderkrankenschwester Usch Brüggemann ihr Angebot zusammen, das in einer Praxis für Hebammenarbeit und im „Zentralkrankenhaus Links der Weser“ stattfinden soll. Aber wenn die Kosten nicht von der Kasse übernommen werden, ist das Angebot teuer. Auch andere Hebammen-Läden bieten PEKiP an und in Schwachhausen gibt es sogar ein auf PEKiP spezialisiertes Haus: Das „Institut für Frühförderung“.

Ein bundesweit organisierter PEKiP-Verein garantiert dafür, daß nur fachkundig ausgebildetes Personal die Kurse unter diesem zunächst etwas befremdlichen Markennamen anbieten kann. K.W.

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