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Gegenseitige Beschimpfungen

■ Kohl wirft Schröder Wählertäuschung vor. SPD-Chef Lafontaine schließt Pakt mit PDS im Bund aus. Weiterhin Kritik an Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reinhard Höppner in der SPD

Bonn (AP/dpa/rtr) – Der Streit um die Bildung einer auf die Stimmen der PDS angewiesenen Minderheitsregierung des SPD-Politikers Reinhard Höppner in Sachsen-Anhalt wird bundespolitisch mit immer härteren Bandagen geführt.

Bundeskanzler Helmut Kohl warf seinem sozialdemokratischen Herausforderer Gerhard Schröder am Wochenende vor, die Bürger in der Frage einer Zusammenarbeit mit der PDS nach der Bundestagswahl bewußt zu täuschen. Dagegen schloß auch der SPD-Vorsitzende Oskar Lafontaine jede Zusammenarbeit mit der PDS im Bund aus.

In der Bild sagte Bundeskanzler Kohl: „Die SPD will die rot-grüne Koalition – zur Not auch mit Unterstützung der kommunistischen PDS.“ Wenn es um die Macht gehe, kenne die SPD keine Hemmungen, fügte der CDU-Vorsitzende hinzu. Wenn Schröder von der „neuen Mitte“ rede, sei das ein gigantisches Täuschungsmanöver, wie sich in Sachsen-Anhalt zeige. Dagegen betonte SPD-Chef Lafontaine im Spiegel, ein sozialdemokratischer Bundeskanzler dürfe und werde nicht auf die Stimmen der PDS angewiesen sein. Es bestünden berechtigte Zweifel an der außenpolitischen Zuverlässigkeit der PDS, fügte Lafontaine unter Hinweis auf die Gegnerschaft der PDS zur Nato-Osterweiterung und der Einführung des Euros hinzu. Der SPD-Vorsitzende verteidigte aber zugleich das Magdeburger Tolerierungsmodell mit der PDS. „Wir müssen im Westen akzeptieren, daß die Dinge sich im Osten anders entwickeln, als wir es gewohnt sind“, sagte Lafontaine. Er selber habe schon immer für einen unverkrampften Umgang mit der PDS und gegen einen Ausgrenzungskurs plädiert. Lafontaine betonte, ihn lasse auch ein von der Union lancierter Lagerwahlkampf kalt. „Auf diese Schlacht freue ich mich. Denn diese Heuchelei wirkt im Osten abstoßend, und im Westen findet sie kein Interesse mehr.“ Auf dem rechten Flügel der SPD wurden unterdessen kritische Stimmen gegen Höppners Kurs laut. So meinte der ehemalige IG-Chemie-Vorsitzende Hermann Rappe in Bild am Sonntag, das Vorgehen Höppners könne schwerwiegende Folgen für die gesamte SPD haben.

Die CSU will sich dem von der CDU angekündigten Richtungswahlkampf anschließen. CSU-Parteichef Theo Waigel sagte am Samstag auf einer CDU-Delegiertenversammlung: „Die PDS ist für uns eine politisch kriminelle Vereinigung.“ Die CSU werde die PDS und die rechte DVU bekämpfen. In Bayern müsse die CSU so stark sein, damit sie mitbestimmen könne, wer in Bonn in der Regierung sitzt.

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