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Flatterhafte Annäherung

■ "Was ist mit unserer Jugend los?" fragt arte (Donnerstag, ab 20.45 Uhr)

Das Porträt einer ganzen Generation zu zeichnen ist ein komplexes Unterfangen. Besonders wenn sie so schwierig einzuordnen ist wie die der heutigen Twentysomethings. Reinhart Lohmann und Pierre Mathias versuchen, sich dem Thema entsprechend vielfältig anzunähern: in sechs aktuellen Reportagen und Dokumentationen, die durch zwei Gesprächsrunden im Hamburger Bahnhof in Berlin ergänzt werden. Das Ergebnis: Der Themenabend wirkt fast ein bißchen zu umfassend, ja flatterhaft: Wenn in so vielen Beiträgen der Bogen „vom Jungunternehmer bis zum Junkie“ (Pressetext) gespannt wird, kann Vielfalt eben auch zu Lasten der Tiefenschärfe gehen.

Gleich in Rainer Fromms Dokumentation zum Auftakt („Die verführte Jugend“, 20.50 Uhr) werden so verschiedene Aspekte behandelt wie die Beeinflussung durch Werbung oder die Fangzüge politischer Extremisten oder Sekten. „Clean ohne Druck“ (21.20 Uhr) beschäftigt sich mit Jugendlichen am Rand der Gesellschaft, mit Aussteigern und mit Drogenabhängigen. So interessant die Darstellung der Sozialarbeit in einer Selbsthilfeorganisation ist, so überflüssig sind Allgemeinplätze, die Filmautor Pierre Mathias zwischendurch einstreut: Wenn Bilder vom Bau des Kanzleramts mit Sätzen wie „Für viele Jugendliche kann eine aufstrebende Metropole erdrückend sein“ kommentiert werden, trägt das wenig zum Verständnis einer Generation bei.

Der nächste Beitrag („Wo kriege ich einen Job?“, 22 Uhr) schildert die triste Realität junger Arbeitsuchender in Frankreich, wo die Jugendarbeitslosigkeit noch höher liegt als in Deutschland. Es folgt der etwas kryptisch geratene Kurzfilm „Die Karrieristen“ (22.15 Uhr): Ohne irgendwelche Einordnungen oder nennenswerte Nachfragen fährt da Iris Berbens Sohn Oliver seinen Jungproduzenten-Porsche spazieren und produziert sich selbst am Handy. Dazu belegen unfreiwillig ein Edelschneider und eine Brokerin, daß Erfolg im Beruf nicht automatisch locker macht. Wesentlich aufschlußreicher und zugleich sympathisch humorvoll hat Julia Benkert ihre Doku „Mon amour, ton amour“ (22.45 Uhr) gestaltet, in der sie junge Frauen im Spannungsfeld zwischen Babywindeln und Berufsvorstellungen darstellt. Den Abschluß bildet ein Ausflug nach Wien, wo sich Reinhart Lohmann im Nachtleben umgetan hat. „Alles Sampling“ (23.25 Uhr) hat er seinen Film über Techno-Discos, House-Mädchen-Partys und Funsport-Events überschrieben – ein Titel, der nicht nur gut zur grenzüberschreitenden Gegenwartskultur paßt, sondern auch den Charakter dieses Themenabends widerspiegelt. Peter Luley

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