: Europa zwingt Afrika zu seinem Glück
■ Mit massivem politischen Druck erzwingt die EU transparente Wahlen in Togo. Die könnte Präsident Eyadema verlieren
Berlin (taz) – Der Präsident des westafrikanischen Togo, Gnassingbe Eyadema, setzt sich morgen zum ersten Mal in seinen 31 Jahren Herrschaft einer Wahl mit ernstzunehmenden Gegenkandidaten aus. Die Situation ist grundsätzlich anders als noch 1993, als die erste demokratische Wahl in Togo überhaupt wegen massiver Manipulation im Vorfeld von der Opposition boykottiert wurde. Diesmal bietet die Opposition Schwergewichtler auf: Gilchrist Olympio von der UFC (Union des Forces de Changement), der Sohn des ersten togoischen Präsidenten, sowie der Parteiführer der größten parlamentarischen Oppositionspartei CAR (Comité d'Action pour le Renouveau), Yao Agboyibor.
Wenn die Manipulationen diesmal nicht zu groß sind, muß Eyadema möglicherweise in eine Stichwahl. Denn 1993, als er wegen des Oppositionsboykotts haushoch gewann, gingen gerade 35 Prozent der Bevölkerung zur Wahl. So ist denkbar, daß Eyadema, der bis Anfang der 90er Jahre uneingeschränkt als Diktator über Togo herrschte, diesmal keine 50 Prozent der Stimmen im ersten Wahlgang erreichen wird. Allerdings bestehen erhebliche Zweifel, ob Eyadema im Falle einer Niederlage friedlich abtritt.
Die nationale und internationale Aufmerksamkeit ist dementsprechend hoch. Die EU hat die Wiederaufnahme der Entwicklungshilfe an Togo, die sie 1993 eingefroren hatte, von freien und transparenten Wahlen abhängig gemacht und begleitet die Wahlvorbereitungen seit letztem Jahr intensiv. Neben über 30 Kurzzeitwahlbeobachtern sind mehrere Langzeitbeobachter der EU in Togo; die EU hat nationale Wahlbeobachter sowie die für die Sicherheit der Präsidentschaftskandidaten zuständigen Sicherheitskräfte ausgebildet. Sie unterstützt außerdem die von Regierung und Opposition paritätisch besetzte Wahlkommission und finanziert die Ausbildung des mit der Organisation der Wahl befaßten Verwaltungspersonals.
Die Klageliste der Opposition ist lang
Diese Maßnahmen hat die EU mit erheblichem politischem Druck auf Togos Regierung durchgesetzt. Die Klageliste der Opposition im Land über Manipulationen seitens der Regierung ist trotzdem lang: Die Wählerverzeichnisse seien manipuliert, doppelte Wählerkarten seien an Sympathisanten des Staatschefs verteilt worden, die Wählerlisten hingen nicht öffentlich aus, der Zugang der Opposition zu den Staatsmedien sei nicht gewährleistet. In der Heimatregion des Präsidenten, Kara, sorgten die Behörden dafür, daß Veranstaltungen verboten, Kandidaten eingeschüchtert und die Oppositionspresse nicht verkauft werden konnte.
Die Spannungen zeigen, daß die Nervosität des Regimes groß ist. Erst gestern entschloß sich die Regierung überhaupt, nationale Wahlbeobachtung zuzulassen, was sie bei bisherigen Wahlen immer abgelehnt hatte. Wie damals unterstützen auch diesmal konservative französische Kräfte das Eyadema- Regime. Über 10 Beobachter hat ein französischer Richterbund auf Einladung des Präsidenten entsandt. Bei den letzten Wahlen von 1993 blieben nur die Franzosen im Land, nachdem alle anderen internationalen Wahlbeobachter aus Protest gegen die Nichtverschiebung der Wahl abgereist waren.
Diesmal kommt daher dem Urteil der offiziellen EU-Wahlbeobachter, darunter zehn Deutsche, eine große Bedeutung zu. Besonders wichtig wird es, falls Eyadema im ersten Wahlgang die Mehrheit verfehlt. Dann nämlich hat die Regierung verschiedene Mittel in der Hand, um eine Niederlage abzuwenden. Als Eyademas Partei zum Beispiel 1994 bei Parlamentswahlen die Mehrheit knapp verfehlte, erreichte sie, daß das Verfassungsgericht drei Oppositionsmandate annullierte und damit die Oppositionsmehrheit kippte. Aber es besteht auch eine andere Option: Angriffe auf Oppositionskandidaten oder sogar ein Putsch der Armee. Die EU wäre dann aufgrund ihres großen Engagements gefordert, zur Wiederherstellung des Friedens im Lande beizutragen. Daniel Stroux
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