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„Männer sind steif und unbeweglich“

■ Der Karateka Samad Azadi über die Philosophie des Kampfsports und den Sinn der Bundesliga

Samad Azadi ist vor zwei Wochen zum dritten Mal Deutscher Einzelmeister im Karate geworden und kämpft morgen mit seinem Team Elbe Dojo um die Deutsche Mannschaftsmeisterschaft (ab 11 Uhr, Alsterdorfer Sporthalle).

taz Hamburg: Schlägt man sich beim Karate eigentlich wirklich den Schädel ein?

Zamad Azadi: Natürlich nicht. Es gibt zwei Disziplinen: Zum einen müssen drei Athleten einer Mannschaft die Kata, also eine Folge von Techniken, synchron vorstellen. Im Freien Kampf, dem Kumite, geht es darum, durch gut ausgeführte Techniken Punkte zu machen und nicht darum, den Gegner k.o. zu schlagen.

Was für eine Philosophie steckt denn hinter Karate?

Wir sprechen von Karate-Do. Der Begriff Do bedeutet Weg, und Karate bedeutet leere Hand oder übertragen eben: Kämpfen ohne Waffe. Karate-Do ist also der Weg der leeren Hand und bedeutet soviel wie: Der Weg ist das Ziel. Ein Spruch also, den jeder kennt und von dem keiner weiß, was er bedeutet. Man lernt sich selbst kennen und muß sich mit sich selbst auseinandersetzen. Man lernt, seine Stärken und Schwächen einzuschätzen. Nach ein paar Monaten hat der Schüler gelernt, wie er einem Gegner Schmerzen zufügen kann. Am Ende aber weiß er, daß er sich erst selbst besiegen muß, bevor er den Gegner besiegt.

Habt ihr Chancen, morgen vorne mitzukämpfen?

Wir sind in der Nordgruppe der Bundesliga Zweiter geworden, die Chancen stehen nicht schlecht.

Wozu ist die Karate-Bundesliga eigentlich gut?

Der Verband hat sie damals ins Leben gerufen, weil man dachte, man könne den Sport so populärer machen und an Sponsoren und die Medien herankommen. Davon hat die Öffentlichkeit leider nichts mitbekommen. Wir sind einfach eine Randsportart, obwohl wir ausgiebig Kraft, Ausdauer und Technik trainieren müssen. Ich sehe die Liga allerdings zwiespältig. Eine traditionelle Sportart wie Karate und eine Bundesliga passen nicht zusammen.

Und welchen Gürtel hast du?

Den dritten Dan. Das ist aber im Grunde genommen ein Abfallprodukt. Wenn man intensiv trainiert, kommt das von selbst. Alle sagen: „Toll, du hast ja einen schwarzen Gürtel!“ Aber wenn ich erzähle, daß ich Deutscher Meister bin, dann sagen alle: „Das kann doch jeder schaffen.“ Dabei ist es genau umgekehrt. Meister werden von 150.000 gerade einmal sechs oder sieben, während jeder nach fünf, sechs Jahren den Schwarzgurt machen kann.

Wer macht eigentlich Karate?

Extrem viele Frauen. Karate ist in den letzten Jahren für Frauen viel populärer geworden als für Männer, was sicher mit dem Aspekt der Selbstverteidigung zu tun hat. Aber interessanterweise haben Frauen auch ein besseres Verständnis für die Technik als die Männer. Die sind so steif und unbeweglich, während die Frauen lockerer sind und die Techniken schneller umsetzen, weil sie nicht so hau-ruck-mäßig rangehen.

Interview: Eberhard Spohd

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