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Gysi kämpft um seinen guten Ruf

Gestern verhandelte das Bundesverfassungsgericht über den Gysi-Bericht des Bundestags. Fraglich ist, ob die Verfassungsrichter überhaupt prüfen wollen  ■ Aus Karlsruhe Christian Rath

Jahrelang kämpfte Gregor Gysi gegen den Vorwurf, er sei Stasi- Zuträger gewesen. Jetzt hofft er auf Rehabilitation durch das Bundesverfassungsgericht. Dort wurde gestern über Gysis Klage gegen den Deutschen Bundestag verhandelt. In einem Bericht des Bonner Immunitätsausschusses vom Mai dieses Jahres heißt es nämlich, es sei „erwiesen“, daß Gysi inoffiziell zu Lasten seiner Mandanten für das Ministerium für Staatssicherheit (MfS) tätig gewesen sei.

Gysi sieht sich durch die „unbewiesenen Behauptungen“ der Bundestagsmehrheit in seinen Abgeordnetenrechten verletzt und hat deshalb Organklage erhoben. Er beruft sich vor allem auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1996. Damals haben die Roten Roben das parlamentsinterne Überprüfungsverfahren zwar grundsätzlich gebilligt, aber auch hohe Hürden aufgestellt. „Vernünftige Zweifel an der Richtigkeit“ der Ausschuß- Feststellung dürfen nicht mehr möglich sein. Bloße „Mutmaßungen“ seien dem Ausschuß verwehrt.

Ob das Verfassungsgericht aber tatsächlich den Ausschußbericht an diesem Maßstab messen wird, ist noch völlig offen. Der Rechtsvertreter des Bundestages, Wolfgang Löwer, pochte auf die „Parlamentsautonomie“. Die Roten Roben dürften nur Verfahrensfragen kontrollieren, nicht aber den Inhalt des Ausschußberichts. Löwer verwies auf eine Bestimmung des Grundgesetzes, wonach auch die Beschlüsse von Untersuchungsausschüssen nicht gerichtlich überprüft werden dürfen.

Gysis Anwalt Helmut Rittstieg wollte das natürlich nicht akzeptieren. Das Verfassungsgericht könne sich nicht um eine Prüfung des Ausschußberichts drücken, weil die Bundestagsmehrheit auch Gysis Grundrecht auf Achtung seiner Ehre verletzt habe. Auch Gregor Gysi appellierte an das Gericht: „Entscheiden Sie in der Sache!“ Es sei „unerträglich“, wenn seine Organklage unerledigt zurückgewiesen würde.

Der Bundestagsbericht hatte auf fünfzig engbedruckten Seiten Indizien zusammengetragen, wonach Gysi inoffiziell mit der Stasi zusammengearbeitet habe. So habe er Informationen über Gespräche mit seinen Mandanten Robert Havemann und Rudolf Bahro direkt an das MfS weitergeleitet. Gysi bestreitet jedoch, daß konspirative Stasi-Kontakte überhaupt stattgefunden haben. Die Informationen müßten deshalb auf anderem Wege zum Geheimdienst gekommen sein. Unter anderem, so Gysi, habe die Stasi offensichtlich eine Quelle in seiner Kanzlei gehabt. „Zu keinem Zeitpunkt war ich inoffizieller Mitarbeiter oder habe ich mit dem MfS zusammengearbeitet“, schloß Gysi gestern seine persönliche Erklärung.

Allerdings ist auch Gysi und seinen Anwälten klar, daß das Verfassungsgericht nicht völlig neu in die Beweisführung einsteigen wird. Immerhin hat der Bundestagsausschuß rund 300 Unterlagen der Gauck-Behörden ausgewertet. Der zuständige Zweite Senat wäre somit auf Monate lahmgelegt. Helmut Rittstieg versuchte daher anhand von drei Einzelfällen zu belegen, daß die Bundestagsmehrheit die Stasi-Akten einseitig zu Lasten von Gysi ausgewertet habe. „Unterlagen, die Gysi nie besaß, kann er auch dem MfS nicht übergeben haben“, so Rittstieg. Diskutiert wurde vor Gericht schließlich, ob der Bundestagsausschuß seine Kompetenzen überschritten habe. Möglicherweise gehen einzelne Aussagen des Berichts über den auf Sachaufklärung gerichteten Auftrag hinaus.

Der Senat will sein Urteil Ende Juli verkünden. Bleibt der Bundestagsbericht bestehen, hat dies keine unmittelbaren Auswirkungen für Gregor Gysi. Sanktionen sind mit der Feststellung, daß Gysi für die Stasi tätig war, nicht verbunden. Immer wieder war es jedoch zu Rücktrittsforderungen gegenüber Gysi gekommen. Erst am Vortag hatten ehemalige DDR- Oppositionelle um Wolf Biermann und Bärbel Bohley postuliert: „Stasi-Spitzel gehören nicht ins Parlament.“

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