■ H.G. Hollein: Jackpot
Die Frau, mit der ich lebe, will reich werden. Ich habe ihr gesagt, sowas dauert. Zumal – aber in der Hinsicht ist die Gefährtin argumentativ unzugänglich – wenn keine gezielte Erwerbsstrategie verfolgt, sondern schubweise und bedenkenlos der Illusion gefrönt wird, Mammon ließe sich schon zwingen. Dabei will die Gefährtin von wahrem Zockerglück nichts wissen. Bevor ich mich etwa auf die Trabrennbahn davonstehlen kann, werde ich vorher regelmäßig umgestülpt und darf als Barschaft gerade mal zwei Zehner wieder einstecken. So wird das natürlich nie was. Aber die Gefährtin ist ja pfiffig. Sie fällt natürlich nicht auf Fliegerspiele rein, und mit den drei Hütchen und der Erbse hat sie schon im Sandkasten die Nachbarskinder um manch schönes Spielzeug erleichtert. Heute ist es nur noch Großwild, das die Gefährtin lockt. Ein Lotto-Jackpot von 12 Millionen, das spürt sie mit feiner Sensorik, kann das Schicksal schließlich nur mit einem Ziel sich haben anstauen lassen. Nämlich die lilienweißen Hände der Gefährtin jeder weiteren kruden Anstrengung zu entheben. Aber auch meiner wird in diesem Rahmen präsumptiv gedacht. Als erstes käme endlich ein Putzmann ins Haus, denn „du schaffst es alleine ja doch nicht mehr“. Die Gefährtin, das muß gesagt werden, macht es sich mit dem anstehenden Reichtum nicht leicht. „Machen 12 Millionen eigentlich glücklich?“ ist zum Beispiel eine Frage, die unsere kleine Lebensgemeinschaft jedesmal in stürmische philosophische Gewässer treibt. „So zwei, drei Millionen“ will die Gefährtin auf jeden Fall Menschen in Not spenden, den RedakteurInnen der taz-hamburg etwa. Wenn ich dann kundig anmerke, wie viele Lamborghinis ich mir dafür hinstellen könnte, muß ich mich als eitlen Proll beschimpfen lassen. Dabei wollte ich das Geld doch gar nicht haben.
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