Analyse: EU-Gelder für NGOs
■ Ministerrat taut die Zuschüsse für nichtstaatliche Organisationen auf
Aufatmen bei den regierungsunabhängigen Organisationen (NGOs). Der EU-Ministerrat, in dem die Regierungen vertreten sind, hat am Wochenende den größten Teil der 550 Millionen Mark für Projekte von NGOs wieder freigemacht, die von der EU-Kommission blockiert worden waren.
Das war allerhöchste Zeit, vor allem für kleinere NGOs wäre es finanziell bald eng geworden. Noch wichtiger aber ist, daß der Ministerrat gleichzeitig die überfälligen Grundlagen für die Finanzierung von NGO-Projekten geschaffen hat. Sie haben endlich die Rechtssicherheit, daß sie angefangene Vorhaben auch zu Ende führen können.
Hintergrund der Geschichte ist, daß die EU-Kommission seit Jahren im Auftrag des Europaparlaments Zuschüsse an regierungsunabhängige Organisationen zahlt. Vor allem im Umwelt-, Sozial- und Entwicklungshilfebereich übernehmen die NGOs wichtige Aufgaben, die die EU selbst nur mit enormem bürokratischem Aufwand erledigen könnte.
So hat das Europaparlament vor einiger Zeit beispielsweise beschlossen, sechs Millionen Mark für die Demokratisierung in Nigeria bereitzustellen. Die EU-Kommission hat daraufhin lokale regierungsunabhängige Organisationen in Nigeria ausfindig gemacht und konkrete Projekte ausgearbeitet. Mehrere Milliarden Mark aus dem EU-Haushalt gehen auf diese Weise jedes Jahr an Umwelt-, Sozial- und Menschenrechtsorganisationen, ein Großteil davon für Projekte in den Ländern des Südens.
Das wurde bisher auch von den Regierungen akzeptiert und gutgeheißen. Doch dann kam die Sparpolitik, und plötzlich stießen sich einige EU-Regierungen an einzelnen Projekten, die ihnen nicht in den Kram paßten. Die britische Regierung, noch unter John Major, hat sich dann mit Unterstützung aus Bonn und Kopenhagen das ungeliebte Programm zur Armutsbekämpfung herausgepickt und vor dem europäischen Gerichtshof dagegen geklagt.
Die Europarichter bestätigten: Es gebe kein EU-Gesetz, das die Zuständigkeit der EU für die Bekämpfung der Armut regele. Es reiche nicht, wenn das EU-Parlament Geld zuteile. Die EU-Kommission hat daraufhin folgerichtig eine Reihe von Zuschüssen für NGOs gesperrt, für die es kein Gesetz gibt. Betroffen waren vor allem Entwicklungshilfeorganisationen. Auf deren Arbeit aber legen auch die EU-Mitgliedsregierungen wert.
Unter diesem Druck hat der Ministerrat sich nun doch bereit erklärt, die nötigen Gesetze nachzuliefern. Außerdem wurde dem Parlament das Recht eingeräumt, bereits rund 500 Millionen Mark für befristete Maßnahmen auszugeben, bevor sich die Regierungen zu einem Gesetz dafür durchringen. Darauf haben die NGOs lange gewartet. Alois Berger
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