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Die Endlichkeit des Müll-Monopols

Umweltsenator und Hamburger Stadtreinigung einig: Private Abfallfirmen sollen am städtischen Müllkuchen beteiligt werden  ■ Von Heike Haarhoff

Die Abfallexperten präsentierten sich als enge Verbündete: Nach Umweltsenator Alexander Porschke (GAL) haben auch die beiden Geschäftsführer der stadteigenen Hamburger Stadtreinigung, Berend Krüger und Rüdiger Siechau, eingesehen, daß das staatliche Monopol auf das lukrative Müllgeschäft angesichts neuer Gesetze endlich ist. „Wir müssen uns mit den privaten Abfallfirmen auf eine Linie einigen“, räumte Porschke nach der gestrigen Aufsichtsratssitzung der Stadtreinigung ein, dessen Vorsitzender er ist.

Man sei bereit, den Privaten zu erlauben, nicht nur Papier, Glas und Blechdosen, sondern künftig auch Gewerbeabfälle selbst einzusammeln, selbst zu sortieren und lediglich den verbleibenden Restmüll den Hamburger Müllöfen zuzuführen – „unter bestimmten Bedingungen, über die noch verhandelt wird“, so Krüger. Doch habe der Kompromiß Grenzen: „Die nicht sortierten Abfälle müssen unter staatlicher Aufsicht bleiben.“ Sprich: Der Restmüll darf nicht unter schlechten ökologischen Standards auf Billig-Deponien, in Zementwerken oder unter Tage landen. Er muß, wie im Hamburger Abfallentsorgungskonzept festgeschrieben, zwingend in einer der vier hanseatischen Müllverbrennungsanlagen verfeuert werden.

Dagegen wollen zwei private Abfallunternehmen vor Gericht ziehen (siehe taz vom 22.7.). Die beiden klagenden Firmen Otto Dörner und SKP finden, daß gewerbliche gemischte Abfälle grundsätzlich auch von Privaten entsorgt werden können sollten. Die Regelung der Umweltbehörde verstoße nicht nur gegen das Kreislaufwirtschaftsgesetz des Bundes. Sie sei zudem unökologisch und für die Wirtschaft erheblich teurer. Die Hamburger Unternehmen könnten 20 Millionen Mark im Jahr sparen.

Porschke hingegen fürchtet, daß sich ohne behördliche Kontrolle neben seriösen Unternehmen, wie den beiden klagenden Firmen, auch unseriöse etablieren könnten, die den Müll dann einfach auf Billigdeponien entsorgen würden. Da unbehandelter Müll nur noch bis zum Jahr 2005 deponiert werden dürfe, lockten viele Deponiebetreiber mit Dumpingpreisen. Die Folge könne sein, daß der Gewerbeabfall nach einer „Pseudosortierung und -verwertung“ dort lande.

Krüger und Siechau sprachen von einer „Schlußverkaufsmentalität“ der Deponiebetreiber. Sie warnten vor den Folgen, sollte die Klage von Dörner und SKP Erfolg haben. Dann gingen der Stadtreinigung immerhin 267.000 Tonnen Müll verloren. Im vorigen Jahr schaffte die städtische Müllabfuhr 800.000 Tonnen Restmüll weg. Die Umsatzeinbußen würden eine zehnprozentige Gebührenerhöhung bei den privaten Haushalten nach sich ziehen. Daneben würden die Müllöfen nicht ausgelastet. Dennoch werde die Müllverbrennungsanlage in Altenwerder weitergebaut und 1999 termingerecht in Betrieb genommen, versicherte Porschke: „Die Stillegung einer Anlage steht nicht zur Diskussion.“

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