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■ GlosseFliegender Fettfleck

Die Bonner Antiberliner haben den neuen Bundesadler für den Reichstag kräftig gerupft, ja keine Feder an ihm gelassen. Ein verändertes nationales Symbol an der Stirnwand des Plenarsaals: nein danke. Ein Adlerdesign aus der Hand von Norman Foster, mit gerupfter Brust, modern im Anflug, mit Spreizkrallen und ziemlich zackig, ist als Flugobjekt nicht hinnehmbar. Das Auge wird beleidigt, die Seele altbackener Bundesrepublikaner schmerzt. Ein Greif der Zukunft alias Berliner Republik alias Neukölln etc. gehört nicht ins Nest. Es lebe die „Fette Henne“, Nationalvogel früherer Tage. Das riecht nach Heimatliedern der „bescheidenen Demokratie“ vom Rhein. Da kocht die Pute aus Wirtschaftswunderzeiten wieder hoch („Sonntags schwimmt in jedem Topf ein Hühnchen“), da grüßen das gegrillte Hendl aus dem Wienerwald samt Fettfleck und Sunil oder der Kohlsche Werbeelefant, der sich eben mit Veränderungen schwertut.

Jetzt wird die alte „Fette Henne“ als Alder wieder fliegen. Soll sie doch. Ist sowieso egal. Man hätte auch den Brustadler der deutschen Fußballnationalelf aus dem WM-Sieg-Jahr 1954 nehmen können. Da hinge doch genug Bonner BRD dran, und das Gefühl des Aufschwungs wäre mit befriedigt. Oder wie wäre es gewesen, den Adler vom Ährenkranz aus DDR-Design umspielen zu lassen? Überwindung der Spaltung! hätte man rufen können, flieg, schöner Vogel.

Daß an nationalen Symbolen etwas dranhängt, bestreitet niemand. Nun hängt im Reichstag ein Bonner Fettfleck, den selbst historische Waschmittel mit Tiefenwirkung nicht rauskriegen. Warum geht's nicht ohne? Rolf Lautenschläger

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