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Die Hoffnung für die nächste Generation

Morgen startet die Medienmesse BerlinBeta. Sie soll Underground und Wirtschaft zusammenbringen. Auch der Senat setzt auf die junge Branche. Ob sie aber wirklich boomt, wissen nicht einmal Insider zu sagen  ■ Von Hannes Koch

Es ist ein Versprechen. Mit welcher Wahrscheinlichkeit es eingelöst wird, weiß man nicht. Manchmal gerät es in die Nähe zur Verheißung, so groß sind die Worte, die den MacherInnen von den Lippen rollen: „Ein neues Zeitalter bricht an...“

„Die Zukunft ist in Beta“, genauer gesagt in „BerlinBeta“, der Medienmesse, die morgen in der Kongreßhalle am Alexanderplatz beginnt. Unterstützt wird das Vorhaben, das der nimmermüde Jungunternehmer und Verleger Marc Wohlrabe mit zwei Mitstreitern aus Hamburg und Köln ausgebrütet hat, von der Politik, und zwar von ganz oben. „Ein toller Start“, schwärmt Sprecher Axel Wallrabenstein im Auftrag seines CDU- Kultursenators Peter Radunski. Der landeseigenen Investitionsbank ist das Projekt mehrere hunderttausend Mark als Anschubfinanzierung wert – rückzahlbar in den kommenden Jahren.

Politik und Bank springen an, weil sie sehnlichst wünschen, daß das Versprechen gehalten wird. Es geht um nichts weniger als eine Hoffnung für die nächste Generation. Nachdem seit 1989 ganze Zweige der alten Industrien zusammengebrochen sind und Hunderttausende ihre Arbeitsplätze verloren haben, soll es der Stadt in fünf, zehn, zwanzig Jahren wirtschaftlich wieder besser gehen. Die Vision rankt sich um die neuen Branchen: Medien, Multimedia und Kommunikation. CDU-Wirtschaftssenator Elmar Pieroth bemerkt schon heute einen Boom der Gründung von neuen Betrieben in dieser Szene. Da ist BerlinBeta ein willkommener Anlaß, der Vision Realitätsgehalt zu bescheinigen.

Was steckt dahinter? Zunächst einmal haben Wohlrabe, der Hamburger Medienunternehmer Stefan Balzer und Ralf Plaschke, der die Kölner Musikmesse Popkomm organisiert, drei ziemlich verschiedene Dinge zu einer absonderlichen Mischung zusammengerührt. Das Beta-Filmfest zeigt rund 60 unabhängige Filmproduktionen jenseits der üblichen Kino-Mainstream-Ware. Bei den Jugendfestspielen „In the Mix“ zelebrieren DJs und andere SelbstdarstellerInnen schräge Parties, die sich sonst in irgendwelchen Clubs ab zwei Uhr nachts zutragen. Mit der Beta- Konferenz schließlich versuchen Wohlrabe & Co., diese Formen einer Underground-Unterhaltungsindustrie mit der Medienbranche zu verknüpfen und so zum Wirtschaftsfaktor emporzuheben.

Deshalb wird es bei der Konferenz in der Kongreßhalle auch recht traditionell und ernst zugehen. Trendsetter wie „Tagesspiegel-Online“-Macher Klemens Polatschek reden über die Entwicklung der neuen Medien, und Banker informieren, wie die kreativen Habenichtse mit ihren Software- Hinterhoffirmen an Kredite kommen können. Bereits etablierte Medienfirmen wie das Studio Babelsberg komplettieren das Programm mit begleitenden Veranstaltungen.

Was dabei herauskommt, steht naturgemäß in den Sternen. Marc Wohlrabe will in erster Linie „Stimmung“ machen, damit Leute mit neuen Ideen, die sich irgendwann auch in Jobs ummünzen lassen, auf eine freundlichere Atmophäre treffen. Selbst die Basis dieser Aktivitäten liegt zum guten Teil im dunkeln. Laut Wirtschaftsverwaltung arbeiten in Berlin zwar rund 70.000 Beschäftigte bei etwa 7.700 Unternehmen des Medienbereichs. Das wären etwa fünf Prozent aller sozialversicherungspflichtig Arbeitenden. Doch über die Entwicklungschancen der bis heute nur sehr ungenau zu beschreibenden Multimediabranche können selbst Insider wie die Unternehmensberatung Kienbaum kaum mehr als wackelige Einschätzungen abgeben. Ein Gründerboom? „Das ist schwer zu sagen“, meint Kienbaum-Mitarbeiter Andreas Pieper.

Branchenkenner Axel von Maydell, Chef der nach eigenen Angaben stadtweit zweitgrößten Multimediafirma BVM, stellt für das vergangene Jahr eher eine „Beruhigungsphase“ fest. „Um uns herum sind einige Firmen eingegangen.“ Angesichts vieler Konkurrenten im Multimediamarkt reiche es heute nicht mehr aus, einfach Homepages für die Kunden zu erstellen, so Maydell. Da müsse man schon mehr bieten als die bloße Zugangstechnik – zum Beispiel auch Inhalte, die sich ins Internet einspeisen oder auf CD- ROM pressen lassen. So gesehen hält der BVM-Chef den Ansatz von BerlinBeta durchaus für richtig. Denn aus den Ecken der Filmproduktion und des Clublebens könnten Inhalte hervorgehen, mit deren Vermarktung Existenzgründer Geld verdienen könnten.

Im Hintergrund von BerlinBeta steht die Kölner Messe Popkomm, die sich in nur zehn Jahren zu einer wichtigen Veranstaltung für den Musikbereich gemausert hat. Natürlich hoffen die Beta-MacherInnen, daß ihnen hier, auf anderem Gebiet zwar, ähnliches gelingt. Bislang ist das Projekt jedoch nur ein Wechsel auf die Zukunft. Ob er eingelöst wird, muß sich zeigen.

BerlinBeta, Konferenz 28./29.8., 10–16 Uhr, Jugendfestspiele 28./29.8., 20–6 Uhr, Kongreßhalle am Alex, Filmfest 26.8.–2.9., Kinos Central, Eiszeit, Filmkunst 66, Filmtheater am Friedrichshain, International. Infos unter Tel.: 61688600

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