: Wellcome in der Szene
■ Pharma-Konzern sponsert die Aids-Präventions-Kampagne von Hein & Fiete
„Küssen ohne Ende“, „Schwanzlutschen ohne Sperma im Mund“ und „Ficken nur mit Kondom und Gleitmittel“: Die Präventionskampagne zur Immunschwächekrankheit Aids war konzipiert und „in einer Sprache gehalten, die jeder Schwule versteht“, beteuerte Frank Münzinger vom schwulen Info-Laden Hein & Fiete gestern. Doch dann kürzte die Gesundheitsbehörde den Etat für Öffentlichkeitsarbeit, aus dem die Aids-Hilfe Hamburg, das Basis-Projekt und Hein & Fiete ihre jeweiligen Aufklärungsaktionen finanzieren, von jährlich 45.000 auf 15.000 Mark: Die Hein & Fiete-Kampagne drohte zu scheitern.
Da „nützten auch unsere Haushaltsanträge nichts“, bedauerte der GALier Farid Müller und sah sich nach privaten Sponsoren um. Erfolgreich: Glaxo Wellcome, einer der weltweit größten Pharma-Konzerne, der seit 17 Jahren HIV-Therapieforschung betreibt, wird die Kampagne zunächst mit 10.000 Mark „Anschubfinanzierung“ unterstützen. Der Rest – das dreijährige Projekt wird insgesamt 175.000 Mark kosten – soll vom Spenden-Verein „Big Spender“ und einem weiteren Pharma-Konzern kommen.
Gerade jetzt, so Glaxo-Sprecher Frank Laurich, „ist Prävention wichtig“. In Teilen der Bevölkerung erkenne er „Entwarnungsverhalten“, zu dem leider kein Anlaß bestehe. Zwar sei die Zahl der Menschen, die jährlich an Aids sterben, seit 1994 „drastisch gesunken“, weil Medikamente inzwischen den Krankheitsverlauf hinauszögerten. Doch der Virus entwickele immer neue Resistenzen, und ein Allheilmittel sei nicht in Sicht.
Für Müller ist es „unverständlich“, daß ausgerechnet bei der Zielgruppe gespart werde, die Öffentlichkeitsarbeit „am dringendsten“ nötig hat: Laut Statistik ist mehr als die Hälfte aller HIV-Infizierten homosexuell. „Wir brauchen Leute, die vor Ort informieren.“ Die Broschüren der Gesundheitsbehörde erreichten die Szene nicht.
Behörden-Sprecher Stefan Marks wies die Vorwürfe zurück: Immerhin finanziere man die drei Aids-Hilfe-Träger mit jährlich insgesamt 1,6 Millionen Mark. Zusätzlich gebe die Behörde jährlich 70.000 Mark Gesundheitsfördermittel allein zur Aids-Prävention aus. Die Einbindung des Pharma-Konzerns hingegen sei „begrüßenswert“. Heike Haarhoff
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