■ Standbild: Der Irrtum
„Die Reporter – für Sie vor Ort“, Do., 22.05 Uhr, Pro7
Pro-7-Reporterin Bärbel Jacks erzählt uns eine traurige Geschichte. Die Deutschamerikanerin Debbie Mielke wurde vor neun Jahren zum Tode verurteilt, weil sie ihren Lebensgefährten zur Ermordung ihres Kindes angestiftet haben soll. Der Fall schien klar. Jacks offeriert uns ihren Aufsager aus der Todeskammer. Der Hall ihrer Stimme soll uns gruseln machen. Der Effekt zeigt seine Wirkung.
Die Reporterin hat eine klare Haltung. Sie hält Debbie für unschuldig. Hier ist nicht nur die Todesstrafe, sondern gleich ein ganzer Justizirrtum zu beklagen. Man sieht verschwommene Privatfotos und anrührende Kinderturnschuhe. Dazu eine verzerrte Telefonstimme aus dem Todestrakt. Ich war's nicht. Debbie darf keinen Besuch empfangen, keine Interviews mehr geben. Hand in Hand mit Bärbel Jacks waten wir durch das Leben der jungen Frau. Vorm Gefängnis steht Debbies Mutter. Das Urteil sei ein schreckliches Mißverständnis, sagt sie. Aber viel Zeit bleibt nicht mehr.
Debbies Mutter weint. Die Kamera hält Abstand, ohne sich zurückzuhalten. Bärbel Jacks, die ihre Story jetzt im Kasten hat, lächelt schief. Mit soviel Gefühl hatte sie dann wohl doch nicht gerechnet. Etwas zu fröhlich legt sie den Arm um die Schulter der schluchzenden Mutter: „Sie schaffen das schon!“ Was eigentlich?
Ein weißer Hai in der Adria, multiresistente Bakterien in deutschen Hühnchen, sterbende Orang-Utans auf Borneo und ein undichtes Fertighaus machen Debbies Schicksal bald vergessen. Die Pro-7-PR hatte uns viel versprochen: „Was es in ,Die Reporter – für Sie vor Ort‘ nicht geben wird: Effekthascherei, Sensationsgier, beliebige Themen und nackte Tatsachen.“ Klaudia Brunst
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