: „Ein Kredit ist Glückssache“
■ Existenzgründer scheinen Bankern ein Dorn im Auge zu sein
Freude bei der Haspa: Die Sparkassen schneiden bei einem bundesweiten Test ihrer Praxis der Kreditvergabe unerwartet gut ab. Im Auftrag der Zeitschrift Stern testete das Hamburger Institut für Finanzdienstleistungen (IFF), welche Chancen Existenzgründer haben, bei einem deutschen Kreditinstitut Geld geliehen zu bekommen. Drei Sparkassen in München, Hamburg und Köln belegen die ersten Plätze, Groß- und Genossenschaftsbanken schneiden dagegen auffällig schlechter ab.
Insgesamt stellt die IFF-Studie der deutschen Kreditwirtschaft ein miserables Zeugnis aus. Die IFF-Tester, die zwölf Geldinstitute mit drei pfiffigen Projektkonzepten konfrontierten, erlebten ihr blaues Wunder: 80 Prozent der insgesamt hundert Bankkontakte endeten mit einer kaum begründeten Ablehnung. Auf mögliche öffentliche Fördermittel wies gerade mal jeder vierte Banker hin. Und fast die Hälfte aller Banken wollte eine, zumeist gar unbegrenzte Kredithaftung durch die Eltern sehen.
Dies ist um so erstaunlicher, als die ausgewählten Projektvorschläge – ein Internet-Textservice, eine Pferde-Füttermaschine und ein Fahrrad-Ergometer – in der Praxis bereits erfolgreich realisiert sind und für den Test von handverlesenen Testpersonen hochprofessionell präsentiert wurden. Erstaunt mußten die Tester auch registrieren, daß in keinem einzigen Beratungsgespräch eine Liste vorlag, nach der die Berater systematisch ihre potentiellen Kunden abcheckten. „Für das Existenzgründungsgeschäft haben die Banken offenkundig noch überhaupt kein Konzept“, lautet das Fazit von Jan Evers vom IFF.
Allein einzelne Sparkassen machten hier eine Ausnahme: In Hamburg und München verfügen sie nämlich über Existenzgründungszentren. Und die machen ihren Job zumeist recht ordentlich: Immerhin 75 Prozent der so Betreuten wurde „akzeptabel“ bedient. Die schlechte Qualifikation der meisten Berater hat allerdings eine tiefere Ursache: Gerade die Großbanken wollen das Existenzgründungsgeschäft nicht, dürfen das aber aus Image-Gründen nicht offen zugeben. So kalkulieren die Geldinstitute mit 2000 bis 5000 Mark Beratungsaufwand je Existenzgründerkredit – ein Geschäft, das sich kurzfristig erst bei Krediten von 200.000 bis 500.000 Mark rechnet.
Das IFF schlägt deshalb vor, die Banken sollten „endlich Farbe bekennen, ob bei ihnen das Geschäftsfeld Existenzgründung überhaupt erwünscht ist“. Wollen sie das Geschäft tatsächlich, dann müßte die Beratung professioneller werden. Der Staat könnte etwa durch die Schaffung „einer Anlaufstelle für die Finanzierungsprobleme von GründerInnen“ eine zusätzliche Instanz schaffen, die endlich jene objektive Hilfe leistet, zu der auch die Handelskammern bislang nicht in der Lage sind. Auch die Hamburger Existenzgründungsinitiative H.E.I, ein Gemeinschaftswerk von Kammer, Banken und Stadt, erfüllt diesen Zweck nicht. Evers: „Die sind zu bankenfreundlich und zu stark auf die Anlaufphase bis zur Gründung fixiert.“
Was soll die angehende ExistenzgründerIn also tun? Sie muß sich selbst umfassend informieren, es bei verschiedenen Banken versuchen und wissen, so Jan Evers, „daß Existenzgründungskredite zu bekommen, vorläufig Glückssache bleibt“. Florian Marten
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